• 24.09.2025, 16:02:32
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Aktuelle Europastunde: Grüne kritisieren Verschiebung der Abstimmung zu EU-Klimazielen 2040

Hitzige Debatte über Klimaschutzstrategien im Nationalrat

Wien (PK) - 

Um die verschobene Abstimmung über die EU-Klimaziele für 2040 ging es den Grünen heute in der Aktuellen Europastunde im Nationalrat. Sie kritisierten, dass die Bundesregierung "das EU-Klimaziel an Orban" ausliefere. Leonore Gewessler (Grüne) warf der Bundesregierung "Nichtstun" und "Zuschauen" vor, daher "entscheidet jetzt Viktor Orban". Dieser sei "bereit", die Zukunft aufs Spiel zu setzen. Statt den Umweltminister:innen seien jetzt plötzlich die Staats- und Regierungschefs in dieser Klimafrage zuständig, kritisierte Gewessler. Dramatisch sei dies, weil es "Einstimmigkeit statt Mehrheit" bedeute und die Bundesregierung damit den Klimaschutz Viktor Orban ausliefere. Das sei fahrlässig, so Gewessler. Die SPÖ stehle sich dabei aus der Verantwortung und schaue zu, wie die ÖVP mit einem "Taschenspielertrick" diese Abstimmung verschiebe. Das Zögern der Bundesregierung werfe Österreich "noch weiter im internationalen Wettbewerb zurück". Statt neue Jobs zu schaffen, würden Arbeitsplätze aufs Spiel gesetzt.

Pröll: Klimaschutz betrifft viele Bereiche der Gesellschaft

Das Ziel müsse sein, ambitionierte Klimaziele mit dem Streben nach einem starken Standort zu kombinieren, betonte Staatssekretär Alexander Pröll in Vertretung von Vizekanzler Andreas Babler. Niemand könne wollen, dass Arbeitsplätze abgebaut werden und Unternehmen abwandern. Das Klimaziel 2040 betreffe nicht nur die Umweltpolitik, sondern viele Bereiche der Gesellschaft und müsse daher gründlich verhandelt werden. Es sei daher nicht überraschend, dass Staaten noch Diskussionsbedarf sehen, das sei übliche Praxis, so Pröll. Es gelte, bei allen Zwischenzielen bis zur Klimaneutralität 2050 darauf zu achten, den Standort nicht zu gefährden und mit Augenmaß vorzugehen.

Das Ziel der Klimaneutralität sei insgesamt ein richtiges, unterstrich der Staatssekretär. Österreich stehe hinter den Klimazielen. Aber es gehe auch darum, den Weg richtig zu beschreiten. Klimaschutz und Wirtschaft dürften keine Gegensätze sein, die Gesellschaft müsse mitgenommen und nicht überfahren werden. Die finale Entscheidung sei abhängig von der Erfüllung bestimmter Kriterien, die den Unternehmen Planungssicherheit garantieren und keine wirtschaftlichen Nachteile bringen dürfe. "Klimaschutz ja, aber ohne Selbstgeißelung für den Standort Europa", so Pröll. Das Ziel sei ein Europa, "das die Umwelt schützt, Arbeitsplätze sichert, Innovationen vorantreibt und sozial ausgewogen und wirtschaftlich nachhaltig ist".

FPÖ: Klimaziele haben negative Auswirkungen

Europaabgeordneter Roman Haider (FPÖ) zeigte sich demgegenüber überzeugt, dass alle Klimaziele mit negativen Auswirkungen verbunden seien. Sie seien nicht erreichbar, würden dem Klima nicht helfen und die Wirtschaft, Wettbewerbsfähigkeit und damit die Zukunft zerstören, so Haider. Nicht nur die Energie, auch alles andere werde "als Ergebnis der irrwitzigen EU-Klimapolitik" teurer, die den "Untergang der Industrie und Vernichtung der Arbeitsplätze" bedeute. Er hoffe daher, dass Orban und andere diesen "Irrsinn" stoppen.

Susanne Fürst (FPÖ) sieht das "bisher unverbindliche" EU-Klimaziel für 2040 von 90 % Reduktion der CO2-Emmissionen einhergehend mit einer Reduktion des Wohlstands und der Wirtschaftsleistung um 90 %. Wenn das umgesetzt würde, wäre das ein "Verbrechen an der Wirtschaft und der europäischen Bevölkerung", so Fürst. Sie sprach sich für einen "Schluss mit dem Irrsinn der Umverteilung und der verbrecherischen CO2-Schraube" aus. "Weg mit den Klimazielen und her mit einer neuen Kommission, die sich wieder an EU-Verträge hält", so Fürst. Auch Thomas Spalt (FPÖ) meinte, die EU-Klimaziele seien "realitätsfremd und ideologisch". Während China und Indien ihre Emissionen laufend steigern würden, "sollen wir uns hier kaputtsparen", bemängelte Spalt und ortete eine "Politik der Verbote, Abkassiererei und Kontrolle" anstelle einer EU-Klimapolitik.

ÖVP: Klare Rahmenbedingungen für die Wirtschaft

Carina Reiter (ÖVP) hielt gegenüber Gewessler fest, dass es ein "normaler demokratischer Vorgang" sei, dass die Regierungschefs über Bedingungen und "die großen Linien" diskutieren. Das Technische passiere dann ohnedies auf Umweltministerebene. Das EU-Klimaziel 2040 sei keine isolierte umwelt- und klimapolitische Frage, so Reiter. Österreich bekenne sich zu einer effektiven und unbürokratischen Umsetzung des Green Deal und zu einem 2040-Ziel von minus 90 %, sofern Flexibilitäten und Rahmenbedingungen geschaffen würden. Ohne starke Wirtschaft könne es keinen starken Klimaschutz geben, betonte Joachim Schnabel (ÖVP). Er sprach sich ebenfalls für klare Rahmenbedingungen für die Wirtschaft aus, damit die Arbeitsplätze im Land erhalten bleiben, die Industrie investiert und der Wohlstand gesichert wird. Für Wohlstand in Österreich und Europa brauche es weniger Bürokratie, mehr Wettbewerbsfähigkeit und die ökosoziale Marktwirtschaft.

Europaabgeordneter Reinhold Lopatka (ÖVP) kritisierte seinerseits die Grünen für die Gestaltung der Europastunde, zumal es nicht helfe, "einen ideologischen Krieg auszutragen". Natürlich gebe es Handlungsbedarf, etwa um mit der Dekarbonisierung von den Wetterextremen wieder wegzukommen. Aus seiner Sicht schwäche man auch den Klimaschutz, wenn man die Wirtschaft und Industrie schwäche, daher brauche es eine Technologieoffensive und eine Zusammenarbeit, um gemeinsam mit der Industrie die große Herausforderung zu bewältigen.

SPÖ für "mutige Klimaziele"

Die SPÖ setze sich für "mutige Klimaziele" in Österreich und der EU ein, so Julia Elisabeth Herr (SPÖ). Sie gehe davon aus, dass die Bundesregierung die 90 % Reduktion bis 2040 mittragen werde. Was die Grünen der Regierung vorwerfen würden, nämlich dass anstelle der Umweltminister:innen die Staatschefs den Ausschlag geben würden, sei eins zu eins bei den letzten Klimazielen so passiert, als Gewessler noch dabei gewesen sei. Es gehe darum, ins "Konstruktive" zu kommen, so Herr. Zum Thema Emissionszertifikate brauche es aus ihrer Sicht zumindest Qualitätsstandards, damit es nicht beispielsweise zu einem Kohlekraftwerk in China oder zu Menschenrechtsverletzungen komme. Pia Maria Wieninger (SPÖ) sprach sich für das EU-Klimaziel 2040 mit 90 % Reduktion der Emissionen als "notwendigen Meilenstein in eine klimaneutrale Zukunft" aus. Klar abgelehnt werde die Förderung von Kernenergie, so Wieninger. Es brauche keine "Angstmacherei", sondern ernsthafte, faktenbasierte Klimapolitik.

Europa müsse vorangehen, wenn es um Klimaschutz geht, unterstrich Europaabgeordneter Günther Sidl (SPÖ). Es gehe um eine lebenswerte Welt für die nächsten Generationen; das Thema Klimaschutz sei aber auch eine Standortfrage und eine Chance etwa für mehr Produktion in der EU, für einen starken Fokus auf Forschung und Entwicklung sowie eine zutiefst soziale Frage. Bei den Agrarförderungen gelte es aus seiner Sicht, sich von der Formel "viel Fläche ist viel Geld" zu verabschieden, damit sich klimabewusstes Arbeiten und Denken wieder auszahlen.

NEOS: Klimaschutz als Chance für Zukunft

Michael Bernhard (NEOS) ortete "reinen Populismus" bei den Grünen. Klimapolitik habe große Auswirkungen auf die Gesellschaft, daher brauche es ambitionierte Klimaziele. Sowohl die USA, als auch China und Europa würden in erneuerbare Energien investieren - der Unterschied bestehe ausschließlich in der Kommunikation. In den "Fossilen" zu bleiben sei jedenfalls die falsche Antwort, meinte Bernhard in Richtung der FPÖ. Was der Standort brauche, sei unter anderem Planbarkeit. Die Hauptthemen seien derzeit jedoch die hohen Stückkosten und Energiekosten, die aber in Österreich gelöst werden können, so Bernhard. Der Klimaschutz dürfe jedenfalls kein Schlachtfeld für Ideologien werden, weil er "unfassbare Chancen für die Zukunft" und eine dringend notwendige Erneuerung in Europa mit sich bringe, sagte Dominik Oberhofer (NEOS). Es brauche Klarheit und Verlässlichkeit sowie Investitionen in Innovation und Wissenschaft.

Es sei "gefährlich" den Klimawandel zu leugnen, hielt Europaabgeordneter Helmut Brandstätter (NEOS) fest. Während US-Präsident Trump Europa verloren sehe, stehe Europa gerade im Zentrum der Vernunft. Es gelte, die Innovation nach Europa zurückzuholen. Für die nächsten Generationen sei nicht nur das Klima eine Gefahr, sondern auch massive Desinformation, gab er zu bedenken.

Grüne: Klima gerät in jeder Hinsicht aus den Fugen

Lukas Hammer (Grüne) kritisierte, dass Vizekanzler Andreas Babler nicht der Debatte beiwohnte, "obwohl er hier im Haus ist". Was die Verschiebung der Abstimmung zum Klimathema zu den Regierungschefs betrifft, gehe es darum, dass aufgrund der dort erforderlichen Einstimmigkeit eine einzige Gegenstimme für ein Scheitern reiche. Damit habe man etwa Orban einen "riesigen Hebel" in die Hand gegeben, und mache "sich nicht selbst die Hände schmutzig", wenn die Abstimmung scheitere. Europa brauche die langfristige Stabilität durch ein ambitioniertes Klimaziel 2040 und müsse daher auch ambitioniert bei der Klimakonferenz auftreten. Das Klima gerate in jeder Hinsicht aus den Fugen, so Meri Disoski (Grüne). Aber die Bundesregierung liefere "Orban und Fico" die Möglichkeit, zu blockieren, "auf dem Silbertablett". Disoski warnte, dass Europa abhängig von den "Fossilen" bleiben werde, wenn die Klimaziele verfehlt würden. Zudem würden die Lebensgrundlagen leiden. Die fossilgetriebene Inflation betreffe direkt, während einige wenige die Gewinne "einfahren" würden. Klimaschutz sei längst auch Außenpolitik, Sicherheitspolitik und Überlebensstrategie.

Europaabgeordnete Lena Schilling (Grüne) kritisierte, dass, wenn Klimaziele verschoben werden, damit das Versprechen gebrochen werde, dass es den Kindern besser gehen werde. Stattdessen würde die Klimaambition in die Hände der Rechten und im Rat in die Hände Orbans gelegt. Sie appellierte an "mehr Ernsthaftigkeit und Verantwortung" und ein klares Bekenntnis zur Klimakonferenz zu tragen. (Fortsetzung Nationalrat) mbu

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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