- 24.09.2025, 13:14:32
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5. Wiener Gemeinderat (3)
Aktuelle Stunde
GR Mag. Bernd Saurer (FPÖ) kritisierte das „Monsterprojekt“ AI Gigafactory als „weit weg von der Lebensrealität der Wienerinnen und Wiener“. Er befürchtete eine Kostenexplosion rund um das Projekt. Ebenso bezweifelte er, dass es in Wien möglich sei, das für den Betrieb der Factory notwendige, hochqualifizierte Personal rechtzeitig zu finden. Überhaupt hinke Europa beim Thema KI (Künstliche Intelligenz) und Halbleitertechnologie hinter den USA und China hinterher, meinte Saurer.
GRin Mag. Alexandra Rezaei (SPÖ) begrüßte den Grundkonsens zum Projekt, der im Gemeinderat herrsche: Die digitale Transformation sei „kein Zukunftsthema, sondern tägliche Realität“. Die Wiener Bewerbung als Standort für eine europäische AI-Gigafactory hätte die besten Chancen, betonte Rezaei. Die Stadt würde besonders mit dem nachhaltigen Energiekonzept für die Factory punkten: So solle in Wien unter anderem die Abwärme des Mega-Rechenzentrums für die Fernwärme genutzt werden. Wien sei ein etablierter Wissenschaftsstandort vor allem im Bereich der Medizin und Life Sciences, ein leistungsstarkes Rechenzentrum passe gut in dieses Umfeld. Die Gigafactory sei kein reines Prestigeprojekt, wie von der Opposition kritisiert, sondern diene dazu, Forschung und Wirtschaft am Standort Wien zu stärken und trage dazu bei, die europäische Wettbewerbsfähigkeit und die digitale Souveränität Europas zu stärken.
Wahl eines Zweiten Vorsitzenden des Gemeinderates
Im Anschluss an die Aktuelle Stunde wählte der Gemeinderat den Zweiten Vorsitzenden. FPÖ-Gemeinderat Armin Blind wurde an Stelle des jüngst im Amt verstorbenen Wolfgang Seidl (ebenfalls FPÖ) gewählt. Als neue Gemeinderätin wurde Lisa Frühmesser-Götschober (FPÖ) angelobt.
Hauptdebatte: Wiener Kinder- und Jugendstrategie 2025 bis 2030
GR Harald Zierfuß (ÖVP) hinterfragte das Ziel der Kinder- und Jugendstrategie und ob die darin formulierten Ziele und Ideen auch tatsächlich umgesetzt werden könnten. Augenscheinlich würde die Stadtregierung sogar offen gegen Vorschläge im Papier arbeiten, zum Beispiel würden die Tarife für die Öffi-Tickets für Jugendliche und Student*innen erhöht, statt das Angebot günstiger Tickets für Junge auszubauen, kritisierte Zierfuß. Viele der Vorschläge in der Strategie seien schwer umzusetzen, zum Beispiel Gratis-Mittagessen für Lehrlinge, so der ÖVP-Mandatar. Er kündigte an, gegen die Strategie zu stimmen.
GR Mag. Lukas Burian (NEOS) erinnert daran, dass die erste Kinder- und Jugendstrategie vor fünf Jahren gemeinsam mit den Jüngsten in der Stadt erarbeitet worden sei – damals ein Novum auch unter vielen europäischen Städten. Jetzt läge die zweite, überarbeitete Auflage der Kinder- und Jugendstrategie auf dem Tisch. Er bedankte sich bei allen, die an der aktuellen Kinder- und Jugendstrategie mitgearbeitet haben. Das Projekt sei „Demokratieförderung in Reinkultur“ und ermögliche den Jüngsten in der Stadt direkte Mitgestaltung der Politik, auch unabhängig davon, ob sie überhaupt schon wählen dürfen, strich Burian hervor. Die Stadt hätte die Rahmenbedingungen für „echte Mitsprache“ schon im Rahmen der ersten Auflage der Kinder- und Jugendstrategie geschaffen. Über die Kinder- und Jugendmillion könnten Kinder und Jugendliche „echtes Geld für ihre Projekte ausgeben“, und das Kinder- und Jugendparlament könne „echte Maßnahmen“ wie barrierefreie Schulwege oder neue Parks auf den Weg bringen. Die neue Strategie knüpft an die alte an und sei eine Weiterentwicklung, auch der darin enthaltenen Ideen. Besonders freute Burian, dass Kinder und Jugendliche in der Stadt bei ihren Anliegen nicht nur an die eigenen Interessen denken würden, sondern auch an andere Kinder und Jugendliche in der Stadt, denen es nicht so gut geht wie ihnen selbst. Dies zeigten die Ideen und Vorschläge im gemeinsam erarbeiteten Papier, die sich von sicheren Schulwegen über Klimaschutz oder psychische Gesundheit bis hin zu Vorschlägen für leistbares Wohnen in Wien spannten. Angesichts der Themen sei die Kinder- und Jugendstrategie ein Entwurf für ein gutes Leben auch in der Zukunft, schloss Burian.
GR Theodor Felix Löcker (GRÜNE) forderte, dass die Ideen und Vorschläge von Kinder- und Jugendlichen auch ernst genommen werden müssten, wenn sie in demokratische Prozesse eingebunden werden. Das entscheide darüber, ob sie später im Leben Vertrauen in demokratische Abläufe legen würden. Locker kritisierte, dass nur rund die Hälfte der konkret ausgearbeiteten Vorschläge und Maßnahmen aus der ersten Kinder- und Jugendstrategie auch tatsächlich umgesetzt worden seien – und viele davon, die im Abschluss-Bericht als erledigt oder umgesetzt gekennzeichnet seien, seien in der Realität nie so umgesetzt wie von den Jugendlichen gefordert. Als Beispiel nannte er die Möglichkeit für jedes Wiener Kind, einen Baum in der Stadt zu setzen oder die Schaffung von Waldkindergärten. Tatsächlich gebe es zwei Waldkindergärten, aber nur private. Auch Vorschläge rund um Müllvermeidung würden nur auf dem Papier umgesetzt sein. Weitere Projekte seien in der „Warteschleife“, zum Beispiel die von den Wiener Kindern und Jugendlichen geforderte Einführung einer Kinder-Grundsicherung. Wien sei nicht in der Lage, die eigenen politischen Vorgaben umzusetzen, auch die aktuelle Strategie sei „schwammig und unverbindlich“ und werde von der Stadtregierung selbst auch nur als „Handlungsgrundlage“ bezeichnet und nicht als echte politische Strategie. Zudem gebe es kein fixes Budget für die Kinder- und Jugendstrategie, kritisierte Löcker. Der Grünen-Gemeinderat kritisierte die Abschaffung Jugendtickets und Studierendentickets zugunsten eines neuen U26-Tickets, das aber teurer sei als bestehende Angebote. Er brachte einen Antrag ein, in dem er forderte, dass sich die Stadtpolitik ein Jahr länger Zeit geben solle, um die Maßnahmen der bestehenden Kinder- und Jugendstrategie umzusetzen.
StR Stefan Berger (FPÖ) meinte, es sei bezeichnend, dass die gesamte Opposition die vorliegende Kinder- und Jugendstrategie mit fast gleichlautenden Argumenten ablehnen würde. Die Kinder- und Jugendstrategie solle laut Eigendefinition im Vorwort „ein Kompass“ für die Stadtpolitik sein, ein Kompass sei aber nur dann notwendig, „wenn ich orientierungslos bin, wenn ich keine Orientierungspunkte habe“, kritisierte Berger. Er bemängelte ebenfalls die fehlende Verbindlichkeit der Strategie. Auch sei die Finanzierung der Vorschläge nicht gesichert, alle Punkte würden unter Vorbehalt „im Rahmen der budgetären Situation“ stehen. Wie sein Vorredner von den Grünen forderte auch der FPÖ-Mandatar, vor einer Neuauflage die vor fünf Jahren gesammelten Vorhaben und Ideen abzuarbeiten. Wien wolle die kinder- und jugendfreundlichste Stadt der Welt werden, sagte Berger, ein hoher Anspruch für eine Stadt, in der laut Berger die Hälfte der Erstklässler nicht einmal die Landessprache beherrschen würden. In der Kinder- und Jugendstrategie fänden sich keine Vorschläge zur Integration und zu Sprachdefiziten, diese würden verschwiegen. Er forderte die Stadtregierung auf, Prioritäten im Bereich der Bildung, Sicherheit und Integration zu setzen, statt neue Strategien zu entwickeln. Er verlangte auch eine verpflichtende Radfahrprüfung in der vierten Klasse. In Wien würden – anders als in anderen Bundesländern – kaum Schülerinnen und Schüler die erste Radfahrprüfung in der vierten Klasse Volksschule bestehen. 85 Prozent der Wiener Kinder hätten auch mit zwölf Jahren keine Verkehrskompetenz am Fahrrad, die Unfallzahlen würden das widerspiegeln. Ebenso forderte er Schwimmkurse für Kinder. In Niederösterreich gebe es eine Schwimmkurs-Offensive, in Wien könnten knapp 40 Prozent der Kinder mit acht Jahren nicht schwimmen. Schließlich forderte er einen Ausbau der Musikschulen in der Stadt. Beim Erlernen eines Instruments müssten sich Wiener Kinder auf jahrelange Wartezeiten einstellen, kritisierte Berger. Die Musikhauptstadt Wien können diese Zustände nicht einfach hinnehmen. (Forts.) ato
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