• 24.09.2025, 09:00:33
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Internationaler Tag der Alleinerzieher*innen: Gewalt stoppen und Kinderarmut beenden

Wien (OTS) - 

Anlässlich des Internationalen Tags der Alleinerzieher*innen präsentiert der Verein Feministische Alleinerzieherinnen – FEM.A seine Petition zum Gewaltschutz an Familiengerichten und seinen umfassenden Forderungskatalog zum Opferschutz und dem Ende der Armut von Alleinerzieher*innen und ihren Kindern.

Obwohl sich Österreich mit der Ratifizierung der Istanbul-Konvention, der Frauenrechtskonvention und der Lanzarote-Konvention zum Schutz von Gewaltbetroffenen verpflichtet hat, erleben viele betroffene Mütter, dass Familiengerichte Gewalt bagatellisieren oder ignorieren.

Experte in Straf- und Familienrechtsverfahren Markus Drechsler dazu: „In familiengerichtlichen Verfahren erlebe ich immer wieder, dass Gewalt nicht ernst genommen, sondern relativiert wird. Diese Praxis gefährdet Frauen und Kinder massiv und widerspricht jeder rechtsstaatlichen Verantwortung. Es ist höchste Zeit, dass der Schutz von Betroffenen Vorrang vor allen anderen Erwägungen hat.“

Statt Schutz zu erhalten, werden Gewaltopfer von der Justiz oft im Stich gelassen und pathologisiert. Manchen Müttern wird sogar der Entzug der Obsorge angedroht. Selbst wenn dokumentierte Hinweise auf Gewalt oder Missbrauch vorliegen, gewichten viele Familienrichter*innen das Kontaktrecht des Vaters höher als das Recht des Kindes auf Schutz und Sicherheit.

Wenn der Schutz zur Gefahr wird: Die Rolle pseudowissenschaftlicher Konzepte

Mittel zum Zweck sind nur allzu oft bereits widerlegte und pseudowissenschaftliche Theorien wie „Parental Alienation Syndrome“ (PAS) oder neuere Begriffe wie „Bindungsintoleranz“, „Eltern-Kind-Entfremdung“ oder „Belastungseifer“. Diese einfachen, jedoch faktisch falschen und sexistischen Erklärungsmuster werden immer wieder vorgebracht, wenn es um Obsorge und Kontaktrecht geht. Nicht selten tauchen sie in familienpsychologischen Gutachten auf, obwohl sich die Gutachter*innen eigentlich an die Wissenschaftlichkeit halten müssten. Für die fachliche Überprüfung fühlt sich jedoch niemand zuständig. Familiengerichte legen diese Gutachten ihrer Entscheidung zu Grunde. Das hat schwerwiegenden Folgen für Kinder und ihre Mütter. Wenn ihre Kinder den Kontakt zum Vater ablehnen, etwa weil sie ihn als gewalttätig erlebt haben, wird der Grund der Ablehnung bei der Mutter gesucht. Die Konsequenz: Kinder, die von Gewalt oder Missbrauch durch ihren Vater berichten, werden zum Kontakt gezwungen. Mütter, die ihre Kinder schützen wollen, können sogar die Obsorge verlieren.

Familienrechts- und Opferschutzanwältin Sonja Aziz zeigt auf: „Meine Erfahrung zeigt, dass Berichte von Kindern über direkte oder miterlebte Gewalterfahrungen oftmals als Ausfluss eines Loyalitätskonfliktes oder einer negativen Beeinflussung durch die Mutter erachtet werden anstatt die Gewaltschilderungen eingehend zu prüfen. Zur Wahrung des Kindeswohles bedarf es einer gründlichen Prüfung der Gewaltvorwürfe durch Familiengerichte, selbst wenn es im Strafverfahren zu einer Einstellung oder einem Freispruch im Zweifel gekommen ist. Weiters sollen vermehrt Anti-Gewalt-Trainings für gewalttätige Väter angeordnet werden.

Die Obfrau von FEM.A. Andrea Czak, fasst zusammen: „In vielen familiengerichtlichen Verfahren wird den Tätern mehr geglaubt als den Opfern oder Müttern, die ihre Kinder schützen wollen. Argumentationsmuster der Täter werden sogar übernommen, im Glauben, sie würden das Kindeswohl wahren. Statt den Mut der Mütter, ihre Kinder zu schützen, zu würdigen, werden sie als Lügnerinnen dargestellt und letztlich kriminalisiert. Das verletzt den staatlichen Schutzauftrag!

Petition und Forderungskatalog zeigen Lösungen auf

Dass es Lösungen gibt, zeigt der Verein FEM.A mit seinem Forderungskatalog. Darin präsentiert FEM.A das Ergebnis aus fünf Jahren Beratungstätigkeit und Analyse, die die Situation alleinerziehender Familien in Österreich in den Mittelpunkt stellt. Die Forderungen basieren einerseits auf der langjährigen Erfahrung von Expert*innen verschiedenster Fachrichtungen, andererseits auf dem Wissen aus zahlreichen Rückmeldungen und Gespräche mit gewaltbetroffenen Alleinerzieher*innen. Die konkreten Vorschläge zeigen auf, an welchen Schrauben gedreht werden muss, damit der Opferschutz im Familienrecht beachtet wird und die Armut von Alleinerzieher*innen und ihren Kindern beendet wird. Denn es gibt in Österreich immer noch kein eigenes Unterhaltsrecht. Damit die Maßnahmen rasch umgesetzt werden, startet FEM.A eine Petition.

Die rechtlichen Schutzmaßnahmen für Gewaltopfer sind in Österreich möglich. Sie werden aber durch Familienrichter*innen häufig nicht angewendet. Das ist ein klarer Verstoß gegen die Konventionen, das hat auch GREVIO festgestellt.“, so FEM.A Obfrau Andrea Czak.

FEM.A fordert umfassende Reformen

FEM.A ruft mit seiner Petition die Justizministerin, die Frauenministerin, die Familienministerin und die Bundesregierung dazu auf, endlich zu handeln. Der Verein fordert unter anderem:

  • Keine Obsorge oder Kontaktrechte für gewalttätige Elternteile, wenn der Schutz nicht gewährleistet ist
  • Ein Verbot von Mediation und verpflichtender Elternberatung mit dem gewalttätigen Ex-Partner
  • Kostenlose psychosoziale Prozessbegleitung für gewaltbetroffene Kinder und Mütter im Familienrecht, auch wenn es kein Strafverfahren gab
  • Verbindliche Fortbildung aller im Verfahren Beteiligten zu Gewalt, Trauma und Täterstrategien
  • Ein Verbot pseudowissenschaftlicher Konzepte wie PAS und Belastungseifer in familiengerichtlichen Verfahren
  • Einrichtung einer unabhängigen Beschwerdestelle bei institutioneller Gewalt durch Gutachten oder Behörden
  • Zugang zu qualifizierter Rechtsvertretung für armutsbetroffene Mütter (36 % der Alleinerzieher*innen in Österreich sind armutsgefährdet)

Die Petition kann online unterzeichnet werden: mein.aufstehn.at/petitions/schutzt-mutter-und-kinder-vor-gewalt-nach-der-trennung

Der Forderungskatalog steht zum kostenlosen Download bereit: https://verein-fema.at/forderungskatalog/

Über FEM.A

Der Verein Feministische Alleinerzieherinnen ist eine unabhängige, feministische Non-Profit-Organisation, die sich auf den Gewaltschutz und die Unterstützung von Alleinerzieher*innen in Notlagen spezialisiert hat. 98% der Hilfesuchenden bei FEM.A haben Gewalt erlebt.

Österreichweit bietet der Verein psychosoziale Unterstützung, eine kostenlose Helpline und Erstberatungen durch Expertinnen an. FEM.A vermittelt gezieltes Wissen zu Themen wie Gewaltschutz, Finanzen, Unterhalt und Pflegschaftsverfahren, um Alleinerzieher*innen zu befähigen, ihre Situation zu verbessern. Mitglieder des Vereins profitieren von einer Videothek mit über 100 Webinaren, ergänzt durch eine Wissensdatenbank und ein Austauschforum.

Eine öffentlich zugängliche Kontaktdatenbank bietet wichtige Anlaufstellen und Informationen zu finanziellen Hilfen. FEM.A vertritt die Interessen von Ein-Eltern-Familien in Ministerien und Netzwerken und setzt sich durch Öffentlichkeitsarbeit, Kundgebungen und Social Media für mehr gesellschaftliches Bewusstsein ein

Rückfragen & Kontakt

Verein feministische Alleinerzieherinnen - FEM.A
Andrea Czak, MA
Geschäftsführende Obfrau
Telefon: +43 6991 9710306
E-Mail: andrea.czak@verein-fema.at
Website: https://verein-fema.at/

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