- 23.09.2025, 16:40:02
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- OTS0173
3. Wiener Landtag (7)
Dringliche Anfrage
LAbg. Georg Prack (GRÜNE) kritisierte die geplanten Kürzungen bei Unterstützungsleistungen für Kinder scharf. Er sprach von einem „Wortbruch gegenüber den Kindern“ und warf der Stadtregierung vor, Kinderarmut nur auf dem Papier zu bekämpfen. Konkret gehe es um Kürzungen von bis zu 25 Prozent, die unter dem Vorwand der Einführung eines Wohnkostenanteils versteckt würden. Für armutsgefährdete Kinder könnten so bis zu 82 Euro monatlich wegfallen, insgesamt bis zu 1.000 Euro im Jahr – das lasse sich nicht schönreden, betonte er. Besonders hart träfen die Kürzungen Kinder in Haushalten mit hohen Mieten und prekären Wohnverhältnissen. In Neubauwohnungen könnten Familien um bis zu 1.000 Euro jährlich weniger Unterstützung erhalten, während in Gemeindewohnungen die Belastung geringer ausfalle. Prack kritisierte, dass die SPÖ öffentlich behaupte, nicht zu kürzen, die Einschnitte jedoch an anderer Stelle vornähme. Soziale Errungenschaften würden dadurch ausgehöhlt, so der grüne Mandatar. Prack warnte, dass Leistungen für Bedarfsgemeinschaften eingestellt werden könnten – mit der Folge, dass betroffene Familien nicht nur ihre Wohnung, sondern auch die Krankenversicherung verlieren. Dass Kinder ihre Versicherung verlieren könnten, nur weil Eltern nicht arbeiten, bezeichnete er als „Skandal“. Das Kindeswohl müsse immer Vorrang vor politischen Zielen haben, forderte Prack. Darüber hinaus sprach er die geplante Kindergartenpflicht für Kinder von Mindestsicherungsbezieher*innen an. Zwar sei vorgesehen, dass Kinder ab drei Jahren verpflichtend in den Kindergarten gehen, gleichzeitig gebe es jedoch zu wenig Plätze. Dies sei ein erhebliches Erwerbs- und Integrationshindernis, das die Stadt endlich beseitigen müsse. Prack kritisierte zudem Kürzungen bei Erwachsenen in gemeinsamen Haushalten, etwa bei Menschen mit Behinderungen, in Frauenhäusern oder in Einrichtungen für Wohnungslose. Hier treffe es jene besonders stark, die ohnehin auf Unterstützung angewiesen seien. Abschließend appellierte er an die SPÖ, ihren „sozialen Kompass“ wiederzufinden und den Kurs zu ändern.
LAbg. Dr. Michael Gorlitzer (ÖVP) erklärte, es sei notwendig, stärker auf die Sorgen der Bevölkerung zu hören. Viele Menschen hätten große Schwierigkeiten, ihre Lebenshaltungskosten zu bewältigen. Vor diesem Hintergrund sei es für viele unverständlich, dass die Stadt Wien eine Milliarde Euro für die Mindestsicherung ausgebe. Gorlitzer meinte, die Mindestsicherung sei ursprünglich als zeitlich begrenzte Unterstützung gedacht gewesen, dürfe aber nicht zu einer dauerhaften Versorgung werden. In Wien habe sich diese Entwicklung jedoch in eine andere Richtung bewegt. Die Kosten stiegen stetig und würden sich bereits auf rund 1,2 Milliarden Euro belaufen. Schon der Finanzdirektor der Stadt habe, so der VP-Abgeordnete, davor gewarnt, dass diese Ausgaben nicht mehr tragbar seien. Nach Ansicht Gorlitzers fehle das Geld dadurch in wichtigen Bereichen wie Schulen oder Pflege. Eine Trendwende sei nicht erkennbar. Besonders problematisch sei, so Gorlitzer, dass Arbeit und Leistung in Wien „immer weniger zählen“ würden. Er kritisierte, dass von allen subsidiär Schutzberechtigten 92 Prozent in Wien lebten. Allein 85 Millionen Euro würden dieser Gruppe zugutekommen, obwohl sie weder einen gesicherten Aufenthalt noch einen Beitrag ins Sozialsystem leisteten. Gorlitzer zeigte sich verwundert, dass nur in wenigen Fällen – konkret bei 15 Personen – die Mindestsicherung gestrichen worden sei, weil sie Arbeit verweigerten. Für ihn sei das deutlich zu wenig, viele würden lediglich „den Stempel abholen“. Hier stelle sich die Frage nach den Kontrollen. Statt echter Reformen betreibe die rot-pinke Stadtregierung lediglich „kosmetische Änderungen“. Insgesamt gehe es für ihn darum, dass die Menschen wieder Vertrauen in das Sozialsystem gewinnen. Mit der derzeitigen Politik werde jedoch der Sozialstaat gefährdet. Gorlitzer sprach von „leeren Versprechungen der Stadt“ und forderte ein sofortiges Handeln. Es müsse darum gehen, Selbstverantwortung und Leistung zu stärken. „Die Mindestsicherung muss eine Überbrückung sein und darf nicht zur Dauerlösung werden“, schloss er.
LAbg. Dipl.-Ing. Selma Arapovic (NEOS) meinte, sie sei es zwar gewohnt, dass Wien von manchen als „Sodom und Gomorrha“ dargestellt werde, die von den Grünen gezeichnete Darstellung wies sie jedoch zurück. Diese würde lediglich „Unruhe stiften und Ängste schüren“. Das Ziel der Stadtregierung sei es, einen gerechten Sozialstaat zu schaffen. Dafür brauche es ein starkes Netz, das Menschen in Notlagen wie Krankheit oder Krisen auffange, aber auch helfe, nach überwundenen Krisen wieder in das Arbeitsleben zurückzukehren. Bildung und Erwerbstätigkeit seien die entscheidenden Stellschrauben, um dieses Netz im Idealfall gar nicht in Anspruch nehmen zu müssen. Arapovic betonte, dass bereits treffsichere Maßnahmen gesetzt worden seien. Sie wolle die Diskussion daher sachlich führen und richtete diese Botschaft vor allem an ihre Vorredner. Die budgetäre Lage sei angespannt, weshalb Straffungen notwendig gewesen seien, erklärte die NEOS-Mandatarin. Besonders wichtig sei es deshalb aktuell, das Sozialsystem bundeseinheitlich zu gestalten, damit Unterschiede zwischen den Bundesländern nicht zu gravierend würden und alle Verantwortung übernehmen könnten. Eine gewisse Schieflage innerhalb Österreichs räumte Arapovic anschließend ein. Zum Abschluss betonte sie, dass die Mindestsicherung in Wien fair und treffsicher ausgestaltet sei und den Betroffenen neue Chancen eröffne.
StR Dominik Nepp, MA (FPÖ) erinnerte daran, dass seine Partei seit Jahren vor der jetzigen Situation gewarnt habe. Stadt und Bund seien finanziell am Ende, weshalb man sich die Frage stellen müsse, ob der aufgebaute Sozialstaat in Zukunft überhaupt noch aufrechterhalten werden könne. Vor allem in Wien sei das Geld „rausgeschossen“ worden, so Nepp. Selbst Finanzdirektor Maschek (Anm. SPÖ) habe gewarnt, dass die Mindestsicherung nicht mehr leistbar sei. Nepp betonte, er bekenne sich grundsätzlich zum Sozialstaat, dieser müsse jedoch jenen helfen, die ihn wirklich benötigen, wie ursprünglich vorgesehen. Stattdessen würden immer mehr Menschen auf Kosten jener leben, die täglich arbeiten gehen. Er erwarte sich, dass die Steuern, die man zahle, für die Bevölkerung da seien. Als negative Beispiele nannte er das Gesundheitssystem und das Bildungswesen. Im Gesundheitsbereich müsse man trotz bereits bezahlter Steuern zusätzlich in private Kassen einzahlen, im Bildungsbereich müssten viele Eltern ihre Kinder in Privatschulen schicken, damit sie eine gute Ausbildung erhielten. Nepp stellte daher die Frage, wohin die Steuergelder tatsächlich flössen – seiner Ansicht nach in „rote Prestigeprojekte“. Besonders kritisch äußerte sich der FP-Mandatar zum Thema Zuwanderung. „Sozialstaat und unkontrollierte Migration passen nicht zusammen“, so Nepp wörtlich. Allein 1 Milliarde Euro, davon 700 Millionen an Nichtstaatsbürger, würden in die Mindestsicherung fließen. Dieses Geld müsse seiner Meinung nach „dringend umverteilt“ werden. Auch im Wohnbau ortete er Misswirtschaft: Laut einer Anfragebeantwortung würden neue Wohnungen teilweise bevorzugt an ausländische Staatsbürger vergeben, während Österreicher mit steigenden Mieten und Wiener Wohnen zu kämpfen hätten. Darüber hinaus kritisierte Nepp die Erhöhung des Preises für die Jahreskarte der Wiener Linien. Arbeitende Menschen müssten nun mehr zahlen, während integrationsunwillige Personen stark vergünstigte Tickets bekämen. Wo hier die „Stadt der Gerechtigkeit“ bleibe, sei für ihn nicht nachvollziehbar. Nepp schloss mit der Forderung, den Sozialstaat zu retten und die Verteilungsgerechtigkeit neu zu ordnen. Es könne nicht sein, dass durch „großzügige Geldgeschenke“ weiterhin Anreize geschaffen würden, um noch mehr Menschen nach Wien zu locken.
LAbg. Mag. Stefanie Vasold (SPÖ) hob drei Maßnahmen hervor, die im Rahmen der Reform der Mindestsicherung umgesetzt werden sollen: die Gleichstellung von Wohngemeinschaften mit Familien, den früheren Arbeitsmarkteinstieg für Frauen sowie die Anrechnung eines Teils der Mindestsicherung auf die Mietbeihilfe. Sie betonte, dass die schlechte Budgetlage nicht ausschließlich von Wien verursacht worden sei, dass die Maßnahmen aber Perspektiven eröffneten und „Schieflagen korrigieren“ würden. Die Stadt reagiere auf die Entwicklung der letzten Jahre, in denen ein Anstieg von Wohngemeinschaften zu verzeichnen gewesen sei, so die SP-Mandatarin. Sie wies darauf hin, dass Ausnahmen in betreuten Einrichtungen vorgesehen seien und konterte damit ihrem Vorredner von den Grünen. Bezüglich der früheren Integration von Kindern in Kindergärten erklärte sie, dass dies Müttern den früheren Einstieg in den Arbeitsmarkt ermögliche und nachhaltig wirke, da es auch dazu beitrage, den Dauerbezug der Mindestsicherung zu verhindern. Die Anrechnung eines Teils der Mindestsicherung auf die Mietbeihilfe betreffe nur jene, die beide Beihilfen beziehen. Es handele sich dabei um 25 Prozent, was rund 80 Euro pro Kind und Monat entspreche. Zusammenfassend machte Vasold deutlich, dass die Reformmaßnahmen „nicht aus Jux und Tollerei“ umgesetzt würden, sondern dass in diesen drei Bereichen Mehrausgaben entstanden seien, die nun zu Einsparungen von insgesamt 95 Millionen Euro führten. Gleichzeitig sei es weiterhin wichtig, Anreize zu setzen, damit die Mindestsicherung als Überbrückung gesehen werde. Die Abgeordnete bezeichnete die Einstellung der Leistungen der Mindestsicherung in bestimmten Fällen als sinnvoll, wenn keine Reaktion erfolge. Sie bekräftigte das Bekenntnis der SPÖ zur Mindestsicherung und versicherte, dass die Menschen nicht im Stich gelassen würden. Langfristig wolle man eine Kindergrundsicherung, eine bundeseinheitliche Lösung sowie eine Kopplung der Mindestsicherung an das AMS schaffen, so Vasold am Ende.
LAbg. Hannes Taborsky (ÖVP) kritisierte, dass den „Schuldenberg Wiens“ die SPÖ „selbst verursacht“ habe. Er wies darauf hin, dass Wien so viel Geld wie nie zuvor vom Bund bekomme, trotzdem aber nicht wirtschaften könne, und begründete damit die aktuelle Diskussion über die Mindestsicherung. Taborsky betonte, dass Geld nicht doppelt ausgegeben werden könne. Er verwies auf die Auswirkungen dieser Politik: Das Einkommen der Wiener sei geringer als das der Niederösterreicher, Wien habe 40 Prozent der Arbeitslosen und 72 Prozent der Mindestsicherungsbezieher. Taborsky erklärte, seine Partei habe Vorschläge für den Sozialstaat: Man solle eigenes Geld ausgeben und nicht fremdes, so der VP-Mandatar überspitzt. Außerdem wies er auf die hohe Konzentration von Asylberechtigten in Wien hin: 75 Prozent aller Asylberechtigten und 92 Prozent aller subsidiär Schutzberechtigten lebten in der Hauptstadt. Auf eine dringliche Anfrage der Grünen antwortete Taborsky, dass zwei Bewerbungsgespräche pro Monat „keine Diskriminierung“ darstellten. Die Bildungseinrichtungen der Stadt kritisierte er ebenfalls und forderte, deutlich mehr Leistungen dorthin zu lenken. Er kritisierte, dass das Öffi-Ticket teurer werde, was jungen Menschen nicht helfe. Taborsky betonte, dass Steuerzahler*innen, die in den Arbeitsmarkt eintreten, die wichtigsten Bürger*innen seien, da sie alles finanzieren. Man müsse sorgfältig ihnen umgehen und versuchen, die Kaufkraft zu stärken. Wien hingegen erhöhe Gebühren, biete keine Energiepreissenkungen und mache Parken und Öffi-Fahren teurer. Taborsky ortete Misswirtschaft und bezeichnete das Vorgehen der Stadtregierung als „höchste Form des Wahnsinns“. Er forderte die SPÖ auf, ihr Programm noch einmal zu überdenken, und betonte, Wien müsse als Produktionsstandort gestärkt, Abgaben gesenkt und Leistungen statt Sozialleistungen priorisiert werden. Die Anpassung der Mindestsicherung an das Niveau von Niederösterreich und Oberösterreich sei notwendig. Der Abgeordnete bezeichnete die Situation als „hausgemachte Wiener Suppe“ und erklärte, die ÖVP sei bereit zur Zusammenarbeit. Er zeige sich jedoch nur begrenzt optimistisch, gemeinsame Lösungen zu finden, so Taborsky abschließend. (Forts. kri)
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