• 23.09.2025, 14:17:02
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3. Wiener Landtag (4)

Bericht der Wiener Pflege- und Patient*innenanwaltschaft über ihre Tätigkeit im Jahr 2024

Wien (OTS) - 

LAbg. Luise Däger-Gregori, MSc (SPÖ) sagte, der Bericht mache deutlich, wo die Stadt „durch die gesetzten Maßnahmen vieles auf den Weg gebracht hat und wo im Gesundheitssystem noch an Schrauben gedreht werden muss“. So würde Wien in die Ausbildung von Pflegekräften und Ärzt*innen investieren und die Rahmenbedingungen für die Pflegeberufe verbessern. Sie verwies auf die neuen Ausbildungsangebote des FSW und am FH-Campus. Mit Stipendien und Ausbildungsförderungen unterstützte die Stadt all jene, die in den Beruf einsteigen wollen, betonte Däger-Gregori. „Der Pflegebedarf wird steigen, Wien ist vorbereitet“, sagte die Mandatarin. „Jeder soll Zugang zu den besten medizinischen Leistungen haben, unabhängig vom Einkommen.“ Pflege dürfe keine Ware sein, sondern sei ein Menschenrecht, betonte Däger-Gregori. Sie verwehrte sich gegen Pläne zur Privatisierung von Gesundheitsversorgung.

LAbg. Dr. Claudia Laschan (SPÖ) forderte eine Lösung für bürokratische Herausforderungen und strukturelle Probleme im Gesundheitswesen. Hier sei der Bund in der Pflicht. Ein Beispiel sei die ambulante Verabreichung von Chemotherapien, die schon lange medizinisch möglich sei, aber aus bürokratischen Gründen bis 2019 immer noch mit einem Spitalsaufenthalt inklusive stationärer Aufnahme für eine Nacht verbunden war. Erst durch eine Überarbeitung der Vorschriften sei diese Regelung umgekrempelt worden, was wiederum Betten im Spital frei gemacht hätte. Auch würde die Bürokratie „viel Geld bei den Gesundheitskassen binden, das nicht bei den Patient*innen ankommt“, kritisierte Laschen. Sie forderte eine bessere Kommunikation zwischen Gesundheitsdienstleister*innen und Patient*innen, das könne viel an Missverständnissen und Ärger vorbeugen. Sie kritisierte den niedergelassenen Bereich: Die Zahl der Kassenpraxen würde laufend zurückgehen und die Zahl der Privat-Ordinationen steigen. Sie forderte die Beibehaltung eines solidarischen Gesundheitswesens und strich in diesem Zusammenhang die Förderungen der Stadt für Gesundheitszentren hervor. Diese sicherten „ein sozial ausgewogenes Gesundheitssystem, das alle erreichen können.“

Patientenanwalt Dr. Gerhard Jelinek meinte, der Bericht würde einige „Déjà-vus“ aus dem Bericht 2023 bieten: Personalmangel, Medikamentenknappheit, Zweiklassenmedizin seien noch immer noch an der Tagesordnung. 2024 hätten mehr als 9.000 Menschen die WPPA kontaktiert. In 140 Fällen, zum Teil auch aus dem Vorjahr, stellte die WPPA Behandlungsfehler fest und erwirkte für die Betroffenen außergerichtliche Schadenersatzzahlungen. Wo kein Behandlungsfehler nachweisbar war, es aber zu erheblichen und seltenen Komplikationen gekommen war, erhielten Patient*innen in 86 Fällen Entschädigungen aus dem Patientenentschädigungsfonds. Insgesamt ergab dies Schadenersatzzahlungen von 3,25 Millionen Euro für geschädigte Patient*innen, zitierte Jelinek aus dem Bericht. Im WIGEV sei bei 2,3 Millionen Behandlungsfällen 721-mal die WPPA in Anspruch genommen worden. „Die Qualität der Wiener Spitalsbehandlung ist sehr hoch“, betonte Jelinek. Er verwies auf die starke Steigerung bei Patient*innen-Verfügungen: 2024 wurden 570 verbindliche Patient*innen-Verfügungen bei der WPPA errichtet, was einer Steigerung von fast 20 Prozent entspricht. Jelinek kritisierte „die unveränderten Strukturprobleme“ im Gesundheitssystem. Personalengpässe würden lange Wartezeiten zur Folge haben, besonders fehle es an ausreichend Psychiater*innen, in den Fachbereichen HNO und Gynäkologie und bei Allgemeinmediziner*innen, kritisierte Jelinek. Der Personalmangel beschränke sich nicht nur auf die Ärzt*innen, sondern auch auf das Pflegepersonal. Auch die Versorgung von Long Covid bzw. ME/FCS lasse trotz der Errichtung und Planung von Kompetenz- und Referenzzentren zu Wünschen übrig. Ebenfalls sei nach wie vor die Versorgung mit kostenlosen Impfangeboten ausbaufähig. Es gebe nach wie vor Mangelware bei bestimmten Medikamenten, Entspannung gebe es bei Wartezeiten für bestimmte Eingriffe wie zum Beispiel im Fach Orthopädie und bei der Erstattung von Wahlarztbehandlungen durch die ÖGK. Nach wie vor gebe es eine hohe Anzahl an Beschwerden von in Wien abgewiesenen Gastpatient*innen. Jelinek forderte eine Schaffung einer Gesundheitsregion Ost und einen Abbau des starren Föderalismus im Gesundheitswesen zum Vorteil von Patient*innen. Jelinek übte Kritik am Bund, der im Zuge der Novelle des Gesundheitstelematikgesetzes mehr Aufgaben an die Bundesländer-PPAs übertragen wolle, welche die Rolle der Patient*innen-Anwaltschaft einschränken würde. Schließlich umriss Jelinek den Bericht der Heimkommission: Dieser zeige, dass Verbesserungen in der Praxis nur mit mehr Personal umsetzbar seien. Es bedürfe eines ausreichenden Angebots von Demenzversorgung, einen Ausbau der Palliativ-Medizin und der Schaffung eines Facharztes für Geriatrie.

Amtsf. StR Peter Hacker (SPÖ) bedankte sich beim Patient*innen-Anwalt für den Bericht. Der Bericht zeige mit „einem Lupenblick“ Problemzonen und Herausforderungen auf; es sei auch wichtig, diese hervorzuheben und zu behandeln. Er kritisierte den Bund, der immer mehr Serviceleistungen in die WPPA auslagern wolle – diese solle laut Hacker aber weiterhin ihre anwaltliche Funktion ausfüllen können. Eine Servicestelle für Patient*innen könne auch anderweitig etabliert werden, kritisierte der Wiener Gesundheitsstadtrat.

Abstimmung: Der Bericht wurde einstimmig zur Kenntnis genommen. Die Anträge der Opposition fanden nicht die erforderliche Mehrheit.

Bericht über die im ersten Halbjahr des Jahres 2025 abschließend behandelten Petitionen

LAbg. Sabine Keri (ÖVP) forderte eine Weiterentwicklung des Petitionsausschusses: „Stillstand bei der Bürger*innen-Beteiligung können wir nicht brauchen.“ Es brauche neue Spielregeln für den Petitionsausschuss, sagte Keri. Bürger*innen hätten nicht dieselben Ressourcen wie NGOs und Parteien – deshalb müsse der Petitionsausschuss ausschließlich Bürger*innen „ohne Parteien oder Interessensvertretungen im Rücken“ vorbehalten sein. Politiker*innen und Partien dürften das Gremium nicht „missbrauchen“. Das gelte auch für die Unterstützung durch Politiker*innen für bestimmte Petitionen. Sie forte außerdem bessere Standards, wie die Empfehlungen und Stellungnahmen des Ausschusses abgegeben werden. Diese fielen laut Keri „bei der Stadtregierung unangenehmen Themen“ oft recht schwammig oder unverbindlich aus. Das beschädige das Vertrauen der Bürger*innen in die Politik, warnte Keri.

LAbg. Mag. Lukas Burian (NEOS) sagte, der Bericht zeige, wie der Petitionsausschuss den Bewohner*innen in den Bezirken ermögliche, ihre Stadt und ihr Grätzl mitzugestalten. „Jede einzelne Petition ist ein Stück gelebte Demokratie“, sagte Burian, die Institution des Petitionsausschusses sei „ein demokratischer Schatz“. Im ersten Halbjahr 2025 wurden 26 Petitionen abschließend behandelt – „das sind 26 Anliegen von Menschen, die ihre Stadt aktiv mitgestalten wollen“, ergänzte Burian. Im Zuge der Behandlung wurden 109 Stellungnahmen eingeholt und 13 Petitionen wurden dadurch abgeschlossen, dass der Ausschuss den zuständigen Organen Empfehlungen ausgesprochen hatte, zitierte Burian aus dem Bericht. Er erinnerte an die Reform des Petitionsrechts vor zwei Jahren: Zwischen 2022 und 2023 sei die Zahl der Petitionen von 125 auf 473 Petitionen gestiegen. Burian hob die wichtigsten Neuerungen seit der Novelle des Petitionsgesetzes hervor: Der Petitionsausschuss tagt einmal im Monat, die Sitzungen sind öffentlich und können als Stream im Internet verfolgt werden. Petitionswerber*innen haben einen Anspruch darauf, ihr Anliegen vor dem Petitionsausschuss vorzustellen und an der Sitzung teilzunehmen. Weiters hat der Petitionsausschuss nun die Möglichkeit, Empfehlungen in andere Gemeinderatsausschüsse direkt weiterzuleiten, damit diese von den fachlich zuständigen Abgeordneten besprochen werden können. (Forts.) ato

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