- 18.09.2025, 15:17:32
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- OTS0165
Verschärfung des Waffengesetzes passiert nach Begutachtung Innenausschuss
FPÖ übt Fundamentalkritik, Koalition verteidigt Novelle; Grünen-Forderung nach Messertrageverbot vertagt
Nachdem der Innenausschuss vor zwei Wochen die von den Koalitionsparteien vorgeschlagene Verschärfung des Waffengesetzes einhellig in Begutachtung schickte, sprach er sich heute mehrheitlich für die entsprechende Gesetzesänderung aus. Unter Berücksichtigung eines Abänderungsantrags, in dem auch Vorschläge aus den 458 abgegebenen Stellungnahmen eingearbeitet wurden, stimmten ÖVP, SPÖ und NEOS für die umfassende Novelle, die unter anderem eine Anhebung der Altersgrenzen, eine Verbesserung des Datenaustauschs zwischen den Behörden und Anpassungen bei den klinisch-psychologischen Gutachten enthält.
Im Ausschuss erläuterten Innenminister Gerhard Karner und Staatssekretär Jörg Leichtfried erneut den Anlass und die Zielsetzung der Novelle. Karner sprach von der "größten Änderung des Waffengesetzes seit 30 Jahren". Diese bemängelte die FPÖ auf allen Ebenen: Sowohl das Zustandekommen der Novelle als auch deren Zielsetzung und befürchteten Auswirkungen kritisierten sie scharf. Die freiheitlichen Abgeordneten sprachen von einer "Anlassgesetzgebung", die ein "Bürokratiemonster" erzeuge. Zudem warnten sie vor überschießenden Eingriffen in Freiheits- und Eigentumsrechte und sahen legale Waffenbesitzerinnen und -besitzer unter Generalverdacht gestellt, während gegen den illegalen Waffenbesitz keine Maßnahmen vorgesehen seien.
Die Koalitionsparteien wiesen diese Vorwürfe zurück und betonten, die Novelle sei eine notwendige Reaktion auf die jüngsten Gewalttaten und schaffe das richtige Gleichgewicht zwischen Sicherheit und individuellen Rechten. Unterstützung in der Stoßrichtung, aber auch deutliche Vorbehalte äußerten die Grünen. Auch sie kritisierten das Zustandekommen der Novelle im Gesetzgebungsverfahren sowie für sie weiterhin bestehende Unklarheiten etwa bezüglich der Verlässlichkeitsprüfungen.
Mehrheitliche Zustimmung fand auch ein im Zuge der Debatte eingebrachter Ausschussantrag der Koalitionsparteien, mit dem im Zusammenhang stehende Anpassungen im Pyrotechnikgesetz sowie im Schusswaffenkennzeichnungsgesetz vorgenommen werden sollen. In der Stimmenminderheit blieb hingegen ein mitverhandelter Entschließungsantrag der Grünen, in dem ebenfalls eine umfassende Verschärfung des Waffenrechts gefordert wird (243/A(E)). Vertagt wurde eine weitere Initiative der Grünen, die auf ein Messertrageverbot abzielt (44/A(E)).
Karner und Leichtfried über Hintergrund und Ziel der Novelle
Innenminister Karner rief im Ausschuss den Anlass für die "größte Änderung des Waffengesetzes seit 30 Jahren" in Erinnerung: den Amoklauf von Graz im Juni dieses Jahres. Danach habe man nicht mehr "zur Tagesordnung übergehen" können. Nach der Einarbeitung der Vorschläge aus dem Begutachtungsverfahren liege nun eine "deutliche Verschärfung" des Waffenrechts am Tisch, die jedoch Ausnahmeregelungen für Gruppen wie die Jägerschaft beinhalte, die ohnehin eine "strenge Ausbildung" zu absolvieren hätten, erklärte Karner. Die Verlängerung der "Abkühlphase" beim Erwerb einer Schusswaffe und die Verbesserung des Datenaustauschs zwischen den Behörden könnten sofort nach Kundmachung in Kraft treten. Andere Teile der Gesetzesänderung könnten erst zu einem späteren Zeitpunkt wirksam werden, da erst technische Vorbereitungen getroffen werden müssten, wie die Umprogrammierung das Zentralen Waffenregisters.
Der Waffenbesitz werde nun "deutlich strenger reguliert", ohne die Tür für den legalen Waffenbesitz gänzlich zu schließen, führte Staatssekretär Leichtfried aus. Den "Schlüssel" zu dieser Tür sollen jedoch nur mehr jene erhalten, die "wirklich vertrauenswürdig" seien. Es handle sich bei der Gesetzesänderung um einen "Balanceakt" zwischen Sicherheit und Freiheit. Ziel sei die Minimierung des Risikos, das von legal erworbenen Schusswaffen ausgehe. Aus der Novelle hob Leichtfried die Verschärfungen bezüglich der Bestandteile von Schusswaffen, die erweiterten Möglichkeiten für Waffenverbote zum "Schutz des sozialen Nahraums" sowie die Ausweitung der klinisch-psychologischen Verlässlichkeitsprüfungen hervor.
"Anlassgesetzgebung", "Showpolitik" und "Bürokratiemonster": FPÖ übt Fundamentalkritik
Fundamentale Kritik an der Novelle kam seitens der FPÖ. Die Bundesregierung mache gar "keinen Hehl daraus, dass es sich um Anlassgesetzgebung" handle, erklärte ihr Abgeordneter Gernot Darmann und sprach von "Showpolitik". So wie in der letzten Sitzung des Innenausschusses vor zwei Wochen kritisierte er die knapp bemessenen Fristen im Gesetzgebungsprozess. Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den Stellungnahmen sei "gar nicht gewollt" gewesen und das Ergebnis wäre nun ein "Bürokratiemonster", so Darmann. Er stellte einen Vertagungsantrag, um diese Auseinandersetzung zu ermöglichen, der jedoch keine Mehrheit fand. Sinnvoll sei an der Novelle lediglich die Erleichterung des Datenaustauschs zwischen den Behörden, der den Amoklauf von Graz verhindert hätte und worüber in den Regierungsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP bereits Einigkeit geherrscht habe. Leider sei dies nicht ins Regierungsprogramm von ÖVP, SPÖ und NEOS übernommen worden.
Die anderen Teile der Novelle sind laut Darmann "überschießend", beinhalteten Eingriffe in die Freiheits- und Eigentumsrechte und seien somit möglicherweise verfassungswidrig. Rechtschaffende Bürgerinnen und Bürger würden "unter Generalverdacht" gestellt, während zur Bekämpfung des illegalen Waffenbesitzes keine Maßnahmen vorgesehen seien. Darmann bezweifelte generell die Sinnhaftigkeit von Einschränkungen des legalen Waffenbesitzes: Die Anzahl der legal besessenen Schusswaffen habe sich in den letzten 10 Jahren zwar verdoppelt, die Zahl der mit diesen verübten Gewalttaten jedoch halbiert.
Eine falsche Zielsetzung bei der Novelle sahen auch die FPÖ-Abgeordneten Markus Leinfellner, Werner Herbert und Christian Hafenecker. Das Problem liege bei den illegalen Waffenbesitzern, wie auch der letzte Femizid am Dienstag dieser Woche demonstriert habe, argumentierte Hafenecker. Der legale Waffenbesitz sei in den letzten zehn Jahren derart angestiegen, weil Österreich seit der "Migrationswelle" von 2015 ein "massives Sicherheitsproblem" aufweise, das der Innenminister nicht löse. Eine "konsequente Zuwanderungspolitik" und ein "absolutes Waffenverbot für Drittstaatsangehörige" wären sinnvollere sicherheitspolitische Maßnahmen, als die "Drangsalierung" von Besitzern legaler Waffen, ergänzte Leinfellner.
Volker Reifenberger sah die Novelle als "kontraproduktiv" hinsichtlich der geistigen Landesverteidigung an und plädierte dafür, zumindest Milizsoldaten von den "willkürlich" erhöhten Altersgrenzen für den privaten Waffenbesitz auszunehmen. Dies könne auch einen Anreiz dafür schaffen, sich zur Miliz zu melden.
Koalition: Novelle schafft "Balanceakt" zwischen Freiheit und Sicherheit
Für den FPÖ-Vorwurf der Anlassgesetzgebung zeigte ÖVP-Mandatar Ernst Gödl kein Verständnis. "Prinzipiell" habe jedes Gesetz einen Anlass und es sei Aufgabe des Gesetzgebers, auf einen solchen zu reagieren. Die zwei Wochen der Begutachtung hätten zudem für die Abgeordneten genug Zeit geboten, sich mit der Novelle zu befassen. Friedrich Ofenauer (ÖVP) betrachtete es als "Respektlosigkeit" gegenüber den Opfern des Amoklaufs von Graz, wenn die FPÖ die in Reaktion darauf entstandene Novelle "Showpolitik" nenne. Den von Reifenberger hergestellten Zusammenhang mit der geistigen Landesverteidigung bezeichnete Ofenauer als "weit hergeholt".
Die FPÖ habe zahlreiche Kritikpunkte genannt, jedoch kaum einen eigenen Vorschlag zu Erhöhung der öffentlichen Sicherheit, hielt Maximilian Köllner (SPÖ) den Freiheitlichen entgegen. Die Koalition hingegen habe mit der Novelle den "Balanceakt" zwischen Sicherheit und Freiheit geschafft. Das unterscheide seriöse von populistischer Politik, so Köllner. Der Amoklauf von Graz sei leider nicht der einzige Anlass für die Gesetzesänderung, verwies Sabine Schatz (SPÖ) auf Fälle von Femiziden in jüngster Vergangenheit. Daher sei die Nachschärfung der Regelung bezüglich der Waffenverbote in sozialen Nahräumen essenziell.
Die Opposition sei in einer anderen Position als die Bundesregierung, zeigte Douglas Hoyos-Trauttmansdorff Verständnis für die kritische Haltung von FPÖ und Grünen. Es gehe hier jedoch darum, Verantwortung zu übernehmen. Die FPÖ stelle die Verfassungskonformität der Novelle in Frage, fordere jedoch selbst ein generelles Waffenverbot für Drittstaatsangehörige. Zudem treffe die Kritik der Freiheitlichen am fehlenden Vorgehen gegen illegale Waffen vor allem die Exekutive, so Hoyos-Trauttmansdorff.
Grüne fordern Messertrageverbot
Da der Abänderungsantrag erst am Nachmittag des Vortages vorgelegt wurde, war es ihr nicht möglich diesen abschließend zu beurteilen, begründete Agnes Sirkka Prammer (Grüne) die Ablehnung der Novelle durch ihre Fraktion - auch wenn sie die "Tendenz des Gesetzes" begrüße. "Auf den ersten Blick" habe sie in der Abänderung weitere Erleichterungen für Jägerinnen und Jäger ausgemacht, die Stellungnahmen von Gewaltschutzzentren und Kriseninterventionszentren seien jedoch kaum eingeflossen. Auch sei weiterhin nicht klar, welche Kriterien für die wiederkehrenden Verlässlichkeitsüberprüfungen herangezogen würden, kritisierte Prammer.
Zudem sei mit der Novellierung des Waffengesetzes die Chance vertan worden, zugleich ein Messertrageverbot an öffentlichen Plätzen umzusetzen, meinte Prammer. Da in jüngerer Vergangenheit vermehrt Messerangriffe mit zum Teil tödlichen Folgen verübt wurden, schlagen die Grünen ein solches als Gegenmaßnahme vor. Der entsprechende Entschließungsantrag wurde heute allerdings erneut vertagt. Gemäß des Vorschlags soll der Gebrauch von Messern zu beruflichen und sportlichen Zwecken sowie zum Verzehr von Speisen als Ausnahme gelten. Aber nicht für Personen, die mehr als 0,5 Promille Blutalkoholgehalt aufweisen oder von anderen Substanzen beeinträchtigt sind. Analog zum Messertrageverbot ist auch ein Verbot des Mitführens von Feuerwerkskörpern vorgesehen, wonach die Exekutive Personen auch nach Sprengstoff und Pyrotechnik durchsuchen dürfen soll. Mit der Umsetzung dieser Punkte hätte man zur Sicherheit beitragen können, so Prammer.
Grundzüge der Waffengesetz-Novelle
Zu den wichtigsten Änderungen, die per Abänderungsantrag auf Basis eines Initiativantrags (372/A) von den Koalitionsparteien vorgeschlagen wurden zählt etwa, dass das Mindestalter für den Besitz von Schusswaffen der Kategorie B (etwa Pistolen und Revolver) von 21 auf 25 Jahre und bei der Kategorie C (z.B. Flinten und Büchsen) von 18 auf 21 Jahre angehoben werden soll. Für den Erwerb letzterer soll künftig auch eine Waffenbesitzkarte bzw. ein Waffenpass notwendig sein.
Die klinisch-psychologischen Gutachten sollen künftig nicht nur bei Erstantrag, sondern auch nach einer fünfjährigen Probephase verpflichtend sein. Außerdem ist alle fünf Jahre eine Überprüfung der Zuverlässigkeit vorgesehen sowie die verpflichtende Einführung von Explorationsgesprächen. Diese Regelungen sollen teilweise auch rückwirkend gelten.
Weiters soll die sogenannte "Abkühlphase" beim Erwerb einer Schusswaffe von drei Werktagen auf vier Wochen verlängert und der Datenaustausch zwischen den Behörden (etwa mit der Stellungskommission) verbessert werden. Weitere Bestimmungen betreffen die Bekämpfung des illegalen Waffenhandels (Einbeziehung bisher nicht erfasster Waffenteile), strengere Regeln beim Verkauf und Verleih, schärfere Waffenverbote, erhöhte Strafdrohungen sowie Übergangsregelungen.
Die nach dem Begutachtungsverfahren eingearbeiteten Änderungen betreffen unter anderem Ausnahmeregelungen für Jäger und Jägerinnen, Sportschützinnen und Sportschützen, Schützenvereine und Ausbildungszwecke sowie weitere Verschärfungen hinsichtlich der Waffenverbote und dem Erwerb von Munition. Weitere Spezifikationen betreffen das Erben von Schusswaffen, die Datenübermittlung und die klinisch-psychologischen Gutachten. Der Behörde soll demnach etwa nur das Ergebnis vorgelegt werden, da das vollständige Gutachten detaillierte vertrauliche Informationen - etwa aus dem Anamnesegespräch - enthält.
Durch die im Ausschussantrag vorgesehenen Änderungen im Pyrotechnikgesetz sollen die waffengesetzlichen Regelungen für Schreckschusswaffen künftig auch für Abschussgeräte von pyrotechnischen Signalkanonen Anwendung finden. Personen, die solche Geräte besitzen und die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder gegen die ein Waffenverbot besteht, sollen diese innerhalb von sechs Monaten Berechtigten überlassen müssen. Zudem sollen Böllerpatronen als Knallpatronen im Sinne des Waffengesetzes gelten. Weitere Neuregelungen im Pyrotechnikgesetz betreffen die Verwendung dieser Gegenstände etwa bei historischen Veranstaltungen. Im Schusswaffenkennzeichnungsgesetz soll die Kennzeichnungspflicht auch auf wesentliche Bestandteile von Schusswaffen (etwa Lauf, Trommel oder Gehäuse) ausgeweitet werden, bei denen es sich um Einzelteile handelt. (Schluss Innenausschuss) wit/fan
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