• 16.09.2025, 09:25:02
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Nutri-Score: foodwatch unterstützt Access Info in Transparenz-Verfahren vor Gericht der Europäischen Union

Brüssel/Wien (OTS) - 

Nach einem zweijährigen Kampf um Transparenz hat sich die Konsument:innenschutzorganisation foodwatch an Access Info gewandt, um vor dem Gericht der Europäischen Union Klage gegen die Europäische Kommission einzureichen. Der Grund: Die EU-Kommission weigert sich bis heute, zentrale Dokumente im Zusammenhang mit dem geplanten EU-Gesetz für eine verpflichtende Nährwertkennzeichnung auf der Vorderseite von Verpackungen offenzulegen. Das Thema ist ohne Erklärung von der politischen Agenda verschwunden. foodwatch und Access Info gehen nun rechtlich dagegen vor: Access Info hat eine Nichtigkeitsklage beim Gericht der Europäischen Union eingereicht. foodwatch hatte das Thema öffentlich gemacht und tritt dem Verfahren als Streithelfer bei.

2020 hatte die Kommission in ihrer „Farm to Fork”-Strategie eine Überarbeitung der EU-Vorschriften zur Verbraucherinformation angekündigt. Ziel war es, bis Ende 2022 eine EU-weit harmonisierte und verpflichtende Nährwertkennzeichnung auf der Vorderseite von Verpackungen – z. B. den Nutri-Score – vorzuschlagen. Diese sollte Konsument:innen helfen, leichter gesündere Kaufentscheidungen zu treffen – eine notwendige Maßnahme, um die wachsende Gesundheitskrise in Europa aufgrund nicht übertragbarer Krankheiten zu bekämpfen. Der Nutri-Score wird von zahlreichen unabhängigen Wissenschaftlern in ganz Europa und der WHO unterstützt.

Das entsprechende Gesetzesvorhaben (Änderung der Lebensmittelinformationsverordnung) verschwand jedoch ohne öffentliche Erklärung von der Agenda der Kommission. Seit März 2023 hat foodwatch verschiedene Anträge auf Akteneinsicht bei der Europäischen Kommission gestellt, um Klarheit über die Gründe für die Rücknahme des Vorschlags zu erhalten. Gefordert wurden Einsicht in die Folgenabschätzung, die Stellungnahme des Ausschusses für Regulierungskontrolle (RSB) sowie die Protokolle der Sitzungen zu diesem Gesetzgebungsverfahren. Diese Unterlagen sind entscheidend, um die Entstehung und das abrupte Ende des Nutri-Score-Vorhabens nachzuvollziehen. Die Kommission weigerte sich jedoch, diese Dokumente vollständig freizugeben. foodwatch reichte daraufhin eine Beschwerde bei der Europäischen Bürgerbeauftragten ein. Diese stimmte foodwatch zu und kritisierte die Nichtveröffentlichung durch die EU-Kommission als „Missstand – dennoch weigert sich die Kommission bis heute, die Dokumente freizugeben.

„Warum hat die EU-Kommission ihren Plan für ein europaweites Nährwertkennzeichen, wie in der Farm-to-Fork-Strategie vorgesehen, stillschweigend begraben? Welchen Einfluss hat die Lebensmittel-Lobby? Wir wollen Antworten auf diese Fragen. Eine halbe Milliarde europäischer Konsument:innen haben das Recht, auf einen Blick zu erkennen, was in ihren Lebensmitteln enthalten ist”, sagt Suzy Sumner, Leiterin des Brüsseler Büros von foodwatch international.

Klage vor dem Gericht der Europäischen Union

Angesichts der andauernden Weigerung der Kommission wandte sich foodwatch an Access Info, eine Organisation, die sich auf das Recht auf Zugang zu Informationen spezialisiert hat. Im März 2025 reichte Access Info einen separaten Antrag auf Zugang zu Dokumenten ein, um die Forderung von foodwatch nach der Folgenabschätzung, der Stellungnahme des Regulatory Scrutiny Board (RSB) und den Protokollen der entsprechenden Sitzungen zu diesem Gesetzgebungsverfahren zu untermauern. Obwohl es sich eindeutig um Gesetzgebungsdokumente handelt, verweigerte die Kommission den Zugang mit der Begründung, deren Veröffentlichung würde den Entscheidungsprozess beeinträchtigen.

„Die angeforderten Dokumente sind legislativer Natur. Nach der Rechtsprechung des Gerichts der Europäischen Union unterliegen solche Dokumente dem höchsten Transparenzgebot und dem Prinzip des größtmöglichen Zugangs. Dieser Standard wurde jedoch nicht auf die Nutri-Score-Dokumente angewendet“, sagte Carlos Cordero, Präsident von Access Info.

Access Info argumentiert, dass die Weigerung der Kommission, diese Gesetzgebungsdokumente offenzulegen, das Grundrecht auf Zugang zu EU-Dokumenten, die Verordnung 1049/2001 sowie die durch die Rechtsprechung des EuGH entwickelten Grundsätze verletzt. Deshalb hat Access Info die Nichtigerklärung der Kommissionsentscheidung beim Gericht der Europäischen Union beantragt.

Warum der Nutri-Score wichtig ist

foodwatch setzt sich seit Jahren für eine verpflichtende Nährwertkennzeichnung in der gesamten EU ein. Unter den bestehenden Modellen sticht der Nutri-Score als das effektivste hervor: Er bietet Konsument:innen klare, farbcodierte Informationen über die allgemeine Nährstoffqualität von Lebensmitteln anhand eines einfachen Ampelsystems. So können ausgewogenere Optionen auf einen Blick erkannt werden.

Bislang unterstützen acht EU-Länder – Frankreich, Deutschland, Luxemburg, Belgien, Spanien, die Niederlande und zuletzt Rumänien – sowie die Schweiz die freiwillige Verwendung des Nutri-Score. Ohne ein EU-weit verbindliches System bleibt die Umsetzung jedoch inkonsistent und fragmentiert. In Österreich scheitert es aktuell gar an der entsprechenden Verordnung, um Herstellern überhaupt die Möglichkeit zu geben, die Kennzeichnung freiwillig zu verwenden.

„Wir stehen in Europa vor einer schweren Gesundheitskrise. Es gibt wissenschaftliche Belege dafür, dass der Nutri-Score im Kampf gegen nicht übertragbare Krankheiten, sogar Krebs, helfen kann. Die leicht verständliche Kennzeichnung kann Menschen dabei helfen, gesündere Einkäufe zu tätigen, und Hersteller dazu motivieren, ihre Rezepturen zu ändern. Wir dürfen keine Zeit mehr verlieren“, so Suzy Sumner von foodwatch.

Rückfragen & Kontakt

foodwatch Österreich
Evelyn Horak
Telefon: +43 676 3316372
E-Mail: presse@foodwatch.at

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