- 15.09.2025, 17:34:32
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Caritas: Sozialhilfe-Reform braucht Realitätssinn und klare Antworten
Präsidentin Nora Tödtling-Musenbichler warnt vor Kürzungen, fordert existenzsichernde Mindestsätze und das gemeinsame Denken und Umsetzen von Sozialhilfe und Kindergrundsicherung.
„Wir begrüßen, dass die Reform der Sozialhilfe jetzt auf Schiene kommt – doch viele Fragen bleiben nach wie vor offen“, sagt Caritas-Präsidentin Nora Tödtling-Musenbichler zu den heute präsentierten Eckpunkten der Bundesregierung. „Gleichzeitig sehen wir mit Sorge, dass einzelne Vorschläge das bestehende soziale Netz schwächen könnten. Es muss sichergestellt sein, dass niemand durch Kürzungen unter das Existenzminimum rutscht.“
Mit Blick auf die Lebensrealitäten der Menschen, die auf Sozialhilfe angewiesen sind, appelliert sie an eine ausgewogene Diskussion: „Die von Bundesministerin Plakolm mit der Sozialhilfe in Verbindung gebrachten ‚Milliarden‘ bedeuten tatsächlich 1,1 Milliarden Euro – das sind nur 0,44 Prozent der gesamten Staatsausgaben. Keine Reform der Sozialhilfe wird den Staatshaushalt sanieren können“, stellt Caritas-Präsidentin Nora Tödtling-Musenbichler klar. „Auch das Bild eines massiven Zuzugs in die Sozialhilfe entspricht nicht der Realität. Die Zahl der Sozialhilfebezieher*innen ist in den letzten Jahren gesunken und steigt erst jetzt infolge aktueller Krisen wieder leicht an – und liegt dennoch deutlich unter dem Niveau von 2017."
Sozialhilfe und Kindergrundsicherung gemeinsam planen und umsetzen
Positiv bewertet die Caritas, dass eine bundesweit einheitliche Regelung angestrebt wird: „Ein Ende des derzeitigen Fleckerlteppichs liegt im Interesse der Menschen. Gut ist auch, dass es einen Zeitplan gibt“, so Tödtling-Musenbichler. Vollkommen offen bleibt, wie die geplanten Änderungen der Sozialhilfe im Detail aussehen werden und wie rechtliche Absicherung und Existenzsicherung gewährleistet werden sollen: „Im Ergebnis ist entscheidend: Die Höhe der Sozialhilfe muss auch in Zukunft existenzsichernd bleiben und Kinder und Jugendliche absichern“, appelliert Tödtling-Musenbichler.
Daher ist der Caritas besonders wichtig, dass Unterstützung für Kinder und Jugendliche von Beginn an Teil der Reform ist: „Die angekündigte Kindergrundsicherung muss mit der Sozialhilfe-Reform gemeinsam gedacht und umgesetzt werden. Verhindert werden muss, dass Teilreformen wie die Anrechnung der Familienbeihilfe vorgezogen werden – denn dies bedeutet nichts anderes, als weniger Unterstützung für Kinder und Jugendliche. Kinder müssen ausreichend versorgt sein – unabhängig von Herkunft oder Aufenthaltsstatus.“
Integration als Pflicht – Angebote müssen folgen
Die Caritas begrüßt die Ankündigungen in Richtung ‚Integration ab Tag 1‘ – sieht aber kritisch, die geplante Integrationspflicht an den Zugang zur Sozialhilfe zu knüpfen, solange es diese Integrationsangebote nicht in ausreichender Anzahl, bedarfsgerecht und in ganz Österreich gibt: „Wenn Integration verpflichtend wird, ist es auch die Pflicht des Staates, genügend Angebote zu schaffen – von Sprachkursen über Qualifizierung bis hin zu fairen Chancen am Arbeitsmarkt. Genau diese Angebote haben bislang vielerorts gefehlt“, betont Tödtling-Musenbichler. Gleichzeitig unterstreicht die Caritas-Präsidentin: „58 Prozent der Sozialhilfebezieher*innen sind Kinder, Menschen mit Behinderungen und gesundheitlichen Einschränkungen oder mit Betreuungsverpflichtungen. Wir nehmen die Frau Bundesministerin beim Wort, dass Menschen, die nicht arbeiten können, sozial abgesichert bleiben. Dieses letzte Sicherheitsnetz muss rechtlich so gestaltet sein, dass es den Betroffenen echte Sicherheit gibt.“
Das unterste soziale Netz gemeinsam sichern
Abschließend unterstreicht Tödtling-Musenbichler, dass jede Reform nicht nur sozial, sondern auch gesellschaftlich tragfähig sein muss: „Wenn wir beginnen, das Fundament unseres Sozialstaates auszuhöhlen und die Schwächsten gegeneinander auszuspielen, riskieren wir den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Österreich darf nicht in eine Solidaritätskrise schlittern. Wir müssen unser letztes soziales Netz stärken, nicht schwächen.“
Die Caritas-Präsidentin betont die Bereitschaft zur Zusammenarbeit: „Wir stehen bereit, unsere langjährige Erfahrung aus der Arbeit mit armutsbetroffenen Familien, Alleinerziehenden, arbeitsuchenden Menschen und Geflüchteten in den Reformprozess einzubringen. Wir kennen die Lebensrealitäten der Betroffenen aus nächster Nähe – dieses Praxiswissen ist unverzichtbar, damit die Reform nicht nur am Papier überzeugt, sondern auch im Alltag funktioniert.“
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Caritas Österreich
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