• 15.09.2025, 16:29:32
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ORF: Gesetzesnovelle sichert Gebührenbefreiung für einkommensschwache Haushalte ab und bringt Entlastungen für Unternehmen

Anhörungsrecht der Länder bei Bestellung von Landesdirektorinnen und Landesdirektoren fällt

Wien (PK) - 

Der Verfassungsausschuss des Nationalrats hat heute Novellen zum ORF-Gesetz und zum ORF-Beitrags-Gesetz auf den Weg gebracht. Zum einen haben sich die Koalitionsparteien darauf verständigt, das Anhörungsrecht der Länder bei der Bestellung von ORF-Landesdirektor:innen zu streichen, zum anderen wollen sie Unternehmen mit mehreren Standorten bei der ORF-Gebühr entlasten und die bestehende Gebührenbefreiung für einkommensschwache Haushalte absichern. Ohne die Novelle müssten 15 % der derzeit von der Haushaltsabgabe befreiten Haushalte ab 2026 ORF-Gebühr zahlen, sagte SPÖ-Verfassungssprecherin Muna Duzdar im Ausschuss. Das soll durch die Berücksichtigung von Wohnkosten beim Haushaltseinkommen verhindert werden. Laut Staatssekretärin Michaela Schmidt kommt es dabei auch zu administrativen Erleichterungen. Schmidt zeigte sich außerdem darüber erfreut, dass auch bei Bezahlung der Haushaltsabgabe mit Erlagschein nicht die gesamte Jahresgebühr auf einmal beglichen werden muss.

Die neuen Beitragsregelungen sind allerdings - inklusive der Entlastung für Unternehmen - vorerst auf zwei Jahre, bis Ende 2027, befristet. Schmidt zufolge will die Regierung im kommenden Jahr, wie im Regierungsprogramm vereinbart, einen Diskussionsprozess über die Gesamtreform des ORF starten. Sowohl die Novellierung des ORF-Gesetzes als auch jene des ORF-Beitrags-Gesetzes erhielten im Ausschuss die Stimmen von ÖVP, SPÖ, NEOS und Grünen. Die FPÖ erachtet die Änderungen für unzureichend.

Vor den Gesetzesnovellen haben die Abgeordneten über ein Volksbegehren beraten, das auf die gänzliche Abschaffung der ORF-Haushaltsabgabe abzielt. Unterstützung in dieser Frage erhielten die Initiator:innen rund um Robert Marschall allerdings nur von der FPÖ.

Länder müssen in Bestellung von ORF-Landesdirektor:innen nicht mehr einbezogen werden

Basis für die Novellierung des ORF-Gesetzes bildete ein rein formaler Antrag (409/A), zu dem die Koalitionsparteien im Ausschuss einen Abänderungsantrag vorlegten. Demnach wird der Passus, dass der ORF-Generaldirektor bzw. die ORF-Generaldirektorin vor der Erstattung von Vorschlägen für die Landesdirektor:innen an den Stiftungsrat eine Stellungnahme des betreffenden Landes einholen muss, ersatzlos gestrichen. Das sei "ein guter Tag für den unabhängigen Journalismus", sagte dazu die Einbringerin des Abänderungsantrags Henrike Brandstötter (NEOS). Sie freue sich sehr, dass es gelungen sei, das Vorhaben auf den Weg zu bringen. Ausschussvorsitzende Muna Duzdar (SPÖ) sprach von einem "guten Schritt".

Auch von den Grünen kam Zustimmung zur Novelle. Sie könne "den Enthusiasmus" der NEOS jedoch nicht teilen, meinte Abgeordnete Sigrid Maurer. Die Streichung des Anhörungsrechts der Länder bei der Bestellung der ORF-Landesdirektor:innen sei zwar positiv, es gebe aber weitaus "größere Baustellen", was den politischen Einfluss auf den ORF betrifft.

Seitens der FPÖ hielt Michael Schilchegger fest, auch seine Fraktion sei gegen das bestehende Stellungnahmerecht der Landeshauptleute. Er glaubt aber nicht, dass sich durch die Gesetzesnovelle etwas ändern wird. Als Landeshauptmann habe man auch andere Kanäle, um dem ORF mitteilen zu können, wen man sich an der Spitze des Landesstudios wünsche, meinte er. Die Reform gehe viel zu wenig weit, es brauche eine umfassende Gremienreform.

Entlastungen bei der ORF-Gebühr

Auch die Novellierung des ORF-Beitrags-Gesetzes basiert auf einem Initiativantrag der Koalitionsparteien (410/A), der ebenfalls erst durch einen im Verfassungsausschuss eingebrachten Abänderungsantrag mit konkretem Inhalt befüllt wurde. Demnach sind bei der Beurteilung, ob ein Haushalt die ORF-Gebühr zu entrichten hat, weiterhin auch Wohnkosten anzurechnen. Beim seinerzeitigen Beschluss der Haushaltsabgabe sei das nicht berücksichtigt worden, das werde nun "repariert", sagte Ausschussvorsitzende Muna Duzdar. Damit verhindere man, dass es ab 2026 um 15 % weniger Befreiungen von der Haushaltsabgabe geben werde. Gleichzeitig werde sichergestellt, dass alle Personen, die keinen automatischen Abbuchungsauftrag wollten, nicht 183,6 Ꞓ auf einmal zahlen müssten.

Konkret sieht der Abänderungsantrag vor, bei der Berechnung des Haushaltseinkommens automatisch eine Pauschale von 500 Ꞓ für Wohnaufwand abzuziehen. Das gilt etwa auch für Eigentumswohnungen. Ist der tatsächliche Wohnaufwand (Hauptmietzins und Betriebskosten) höher, kann dieser geltend gemacht werden, wobei hiervon nur der geregelte Wohnsektor betroffen ist und gewährte Mietzinsbeihilfen anzurechnen sind. Grundsätzlich sind unter anderem Sozialhilfebezieher:innen, arbeitslose Personen, Mindestpensionist:innen, Pflegegeldbezieher:innen, Bezieher:innen von Studienbeihilfe, Lehrlinge sowie gehörlose und schwer hörbehinderte Personen von der ORF-Gebühr befreit, allerdings darf das Haushaltsnettoeinkommen den Ausgleichszulagenrichtsatz um nicht mehr als 12 % übersteigen. 2027 soll dann für Anrechnung der Wohnkosten eine Ersatzbestimmung in Kraft treten, die beim Befreiungswerber selbst ansetzt und den Erläuterungen zufolge der derzeitigen Regelung - bis Ende des Jahres gilt für die Gebührenbefreiung noch die Fernmeldegebührenordnung - entspricht.

Auch die neuen Gebührenbestimmungen für Unternehmen werden laut Abänderungsantrag vorerst nur für zwei Jahre gelten. Derzeit komme es zu Mehrfachbelastungen, wenn Unternehmen Mitarbeiter:innen beispielsweise an mehreren Standorten in verschiedenen Gemeinden einsetzen, wird dazu in den Erläuterungen angemerkt. Nun soll die zu leistende Gebühr alleine von der Lohnsumme abhängig sein und nicht mehr bezogen auf Betriebsstätten berechnet werden. An der Bemessungsgrundlage - bis 1,6 Mio. Ꞓ Lohnsumme wird beispielsweise ein ORF-Beitrag fällig, über 90 Mio. Ꞓ Lohnsumme sind es 50 ORF-Beiträge - ändert sich nichts.

Weitere Änderungen betreffen erweiterte Einsichtsrechte der ORF-Beitrags Service GmBH in die Transparenzdatenbank und die künftig monatliche Abrechnung zwischen Beitragsstelle und ORF. Außerdem wird die Bestimmung, wonach die ORF-Gebühr einmal jährlich zu entrichten ist, wenn kein SEPA-Lastschriftmandat erteilt wurde, auf 2028 verschoben. Die Bestimmung ist technisch und operativ schwer umsetzbar, wird diese Verschiebung in den Erläuterungen begründet.

ORF verliert 10 Mio. Ꞓ an Einnahmen

Bei der Einführung der Haushaltsabgabe sei etwas passiert, das nicht beabsichtigt gewesen sei, betonte Henrike Brandstötter (NEOS) im Ausschuss. Eine kleine Baufirma, die zum Beispiel in fünf verschiedenen Gemeinden Baustellen habe, werde unfair mehrfach belastet, machte sie geltend. Gleiches gelte für Reinigungsfirmen. Nun würden mit der Novelle 8,3 % der beitragszahlenden Unternehmen entlastet. Laut Brandstötter kommt es dadurch zu Mindereinnahmen für den ORF von 10 Mio. Ꞓ. Allerdings würde der ORF durch die Haushaltsabgabe um 13 Mio. Ꞓ mehr einnehmen als berechnet, hielt sie fest. Zudem werde es zu Einsparungen bei der Beitragseinhebung kommen.

Abgelehnt wurde die Gesetzesnovelle von der FPÖ. Seine Fraktion begrüße zwar die vorgesehenen Erleichterungen für Unternehmen, unterstrich Michael Schilchegger, die FPÖ lehne die Haushaltsabgabe aber prinzipiell ab. Zudem sei nicht einsichtig, dass Unternehmer überhaupt eine Gebühr zahlen müssten, noch dazu vielfach mehrere ORF-Beiträge. Daran ändere sich auch in Zukunft nichts, beklagte Schilchegger. Für ihn ist darüber hinaus fraglich, in welchen Fällen es sich um ein mieterschützendes Gesetz handelt, um die vollen Wohnkosten geltend machen zu können. Sein Fraktionskollege Gernot Darmann erinnerte daran, dass die FPÖ schon bei der Beschlussfassung der ORF-Haushaltsabgabe auf drohende Probleme hingewiesen habe, die jedoch "in den Wind geschossen" worden seien.

Seitens der Grünen erklärte Sigrid Maurer, solange die Bemessungsgrundlage für Unternehmen gleich bleibe, könnten die Grünen dem Antrag zustimmen.

Schmidt: Gesetzesnovelle bringt in drei Punkten mehr Gerechtigkeit

Die Gesetzesnovelle bringe in drei wesentlichen Punkten mehr Gerechtigkeit, hielt Staatssekretärin Michaela Schmidt fest. So seien derzeit etwa Unternehmen, die Personal in zwei verschiedenen Filialen einsetzen, benachteiligt. Zudem sollten im Sinne eines "Rechts auf ein analoges Leben" Zahlungen mit Erlagschein nicht anders als automatische Abbuchungen behandelt werden. Wohnkosten können ihr zufolge derzeit nur bei einem entsprechenden Antrag angerechnet werden, durch die vorgesehene Pauschale von 500 Ꞓ sei das künftig leichter zu administrieren.

Debatte über Volksbegehren zur Abschaffung der ORF-Haushaltsabgabe

Nachdem Mitte Juli schon eine Erste Lesung im Nationalrat stattgefunden hat, stand das Volksbegehren mit dem Titel "ORF-Haushaltsabgabe NEIN" (98 d.B.) heute auch auf der Agenda des Verfassungsausschusses. Geladen war dabei der Bevollmächtigte Robert Marschall, der noch einmal auf die zentralen Forderungen des von 119.368 Bürger:innen unterstützten Anliegens näher einging.

Robert Marschall bezeichnete die zu Beginn des Jahres eingeführte ORF-Haushaltsabgabe als "unsachlich und ungerecht", da auch Personen die Abgabe bezahlen müssten, die den ORF nicht konsumieren. Er selbst habe etwa seit 15 Jahren kein Fernsehgerät mehr, müsse aber dennoch zahlen. Insgesamt würde der "regierungsnahe Staatsfunk" 722 Mio. Ꞓ erhalten, wodurch eine extrem unfaire Wettbewerbssituation im Medienbereich entstünde und die privaten Sender "massiv diskriminiert" würden. Außerdem würden damit Gagen für einzelne Mitarbeiter:innen bezahlt, die teilweise über den Gehältern von US-Präsident Trump oder Bundespräsident Van der Bellen liegen. Marschall war auch der Meinung, dass der ORF-Programmauftrag missachtet werde, da keine Gegenmeinungen zugelassen würden. Als Beispiel dafür führte er eine einseitige Corona-Berichterstattung an.

Als Alternative zur Haushaltsabgabe sprechen sich die Unterzeichner:innen des Volksbegehrens für "leistungsgerechte Entgelte für die Nutzung von ORF-Dienstleistungen für ORF-Vertragskunden" aus. Laut Marschall sollte der ORF in ein Bezahlfernsehen umgewandelt werden. Letztlich sollte im Rahmen einer Volksabstimmung über diese Frage entschieden werden, forderte er mit Nachdruck.

FPÖ sieht einige richtige Kritikpunkte im Volksbegehren

Er könne der Kritik an der Haushaltsabgabe sehr viel abgewinnen, meinte der FPÖ-Mandatar Michael Schilchegger, der aber für eine Finanzierung aus dem Staatsbudget eintrat. Gleichzeitig müssten die Strukturen deutlich verschlankt werden, wodurch in Hinkunft ein viel geringerer Betrag erforderlich wäre. Schilchegger wies zudem darauf hin, dass dem ORF derzeit noch viel mehr als die 722 Mio. Ꞓ zur Verfügung stehen würden, da es kaum Werbeeinschränkungen gebe und aufgrund der Vorsteuerkompensation weitere Mittel hinzukommen würden. Insgesamt würde so eine Summe von rund einer Mrd. Ꞓ zusammenkommen. Nicht jede verfassungskonforme Lösung sei ein gute, merkte sein Fraktionskollege Markus Tschank an. Österreich würde nunmehr nicht nur die höchsten Rundfunkgebühren in der ganzen EU aufweisen, sondern einzelne Gruppen (z.B. Unternehmen mit mehreren Standorten) würden auch mehrfach zur Kasse gebeten.

Breites Bekenntnis zur ORF-Haushaltsabgabe bei den anderen Fraktionen

Man habe das Thema schon mehrfach behandelt, erinnerte Abgeordneter Wolfgang Gerstl (ÖVP) , und die jetzige Lösung, die mit dem seit langem bestehenden Modell in Deutschland vergleichbar sei, wurde vom VfGH als verfassungskonform bewertet. Es sei dabei im Fokus gestanden, die Abhängigkeit von der Politik zu reduzieren und Fake News, wie sie u.a. im FPÖ-TV verbreitet würden, zu unterbinden. Gerade ein kleines Land wie Österreich brauche einen unabhängigen öffentlichen Rundfunk, der Meinungsfreiheit garantiere, war Gerstl überzeugt. Eine Finanzierung des ORF aus dem Bundesbudget lehnte er ab, da dies die Abhängigkeit von der Politik noch steigern würde.

Gerade am heutigen Tag der Demokratie sei es zu begrüßen, dass ein Anliegen von fast 120.000 Bürger:innen im Parlament behandelt werde, urteilte Sabine Schatz (SPÖ). Für sie sei klar, dass ein starker öffentlich-rechtlicher Rundfunk zu den Eckpfeilern einer liberalen Demokratie gehöre. Durch den breiten Informations- und

Bildungsauftrag trage er wesentlich zur Stärkung und Sichtbarmachung der österreichischen Identität bei. Ebenso wie ihr Parteikollege Manfred Sams (SPÖ) betonte sie auch den Beitrag des ORF zur Unterstützung der heimischen Kreativwirtschaft, ohne die es nicht so viel österreichischen Content geben würde. Deshalb stelle die ORF-Haushaltsgabe viel mehr als eine Gebühr dar, unterstrich Sams, es handle sich dabei um eine "echte Demokratieabgabe".

Henrike Brandstötter von den NEOS räumte ein, dass die Haushaltsgabe "nicht fair" sei, zumal die Haushalte und auch die Einkommen der Personen unterschiedlich hoch seien. Dennoch halte sie das Modell aber für die beste aller Möglichkeiten. Vor allem in Zeiten, in denen hybride Kriege und Desinformationskampagnen stark zunehmen würden, nehme der öffentliche Rundfunk eine sehr wichtige Rolle ein. Dennoch gebe es Reformbedarf, so Brandstötter, ein entsprechender Reformprozess soll daher nächstes Jahr gestartet werden.

"Wir stehen hinter dem ORF", der in demokratiepolitisch äußerst herausfordernden Zeiten wichtiger denn je sei, bekräftigte Sigrid Maurer (Grüne). Obwohl es eine Reihe von neuen Aufgaben gebe, habe man ein großes Sparpaket geschnürt, das umgesetzt werde. Eine Finanzierung aus dem Bundesbudget würde bedeuten, dass auch alle Bürger:innen mitzahlen würden, gab sie gegenüber Marschall zu bedenken. Sie frage sich auch, wieviel er mittlerweile mit dem Einbringen von Volksbegehren verdiene, da er bei über zehn Initiativen als Bevollmächtigter agiere. Dies vermittle den Eindruck einer "gewissermaßen gewerbsmäßigen Betätigung". (Fortsetzung Verfassungsausschuss) gs/sue


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