• 15.09.2025, 16:06:32
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30 Jahre EU-Mitgliedschaft: Jugendliche stellen im Parlament ihre Fragen an Wolfgang Schüssel und Dietmar Schweisgut

Erklär- und Diskussionsveranstaltung für Schülerinnen und Schüler beleuchtet Österreichs Weg in die Europäische Union

Wien (PK) - 

Jugendliche aus acht Schulen füllten heute Vormittag die Sitzreihen im Nationalratssaal und informierten sich bei einer Q&A-Session über Österreichs 30-jährige EU-Mitgliedschaft. Ihre Fragen stellten sie den Podiumsgästen Wolfgang Schüssel und Dietmar Schweisgut.

Als Österreich 1989 den "Brief an Brüssel" mit dem EU-Beitrittsgesuch übergab, war Wolfgang Schüssel österreichischer Wirtschaftsminister. Im Gespräch mit den Jugendlichen erinnerte er sich an die Beitrittsverhandlungen, die Volksabstimmung im Jahr 1994 und Österreichs Beitritt zur Europäischen Union am 1. Jänner 1995. Dietmar Schweisgut war zur Zeit des EU-Beitritts als Sektionschef im Finanzministerium auf Verwaltungsseite in den Beitritt eingebunden. Später war er als Botschafter nach Stationen in Japan und China auch von 2007 bis 2010 österreichischer EU-Botschafter in Brüssel.

Sandra Kusmierczyk, Expertin für EU-Angelegenheiten in der Parlamentsdirektion, bot in einem Impulsvortrag einen Streifzug durch die Funktionsweisen der EU. Durch die Veranstaltung führte Parlamentssprecher Karl-Heinz Grundböck.

Schüssel: Konsequent an der Verbesserung der europäischen Strukturen arbeiten

Bevor Österreich EU-Mitglied wurde, erfolgte 1992 der Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR). Dies sei eine wichtige Vorstufe und ein gutes "Trainingscamp" gewesen, erinnerte sich Wolfgang Schüssel im Austausch mit den Schülerinnen und Schülern. Inzwischen habe sich gezeigt, dass der EU-Beitritt wirtschaftlich "ein Riesenerfolg" für Österreich gewesen sei. Mit der Europäischen Gemeinschaft, der Österreich 1995 beigetreten ist, sei die EU heute nicht mehr vergleichbar, da inzwischen die europäische Integration viel weiter fortgeschritten sei. Eine EWR-Mitgliedschaft könnte auch heute für EU-Beitrittskandidaten, wie etwa für die Ukraine, ein "ganz interessanter Zwischenschritt" sein, meinte Schüssel.

Auf die Frage, wie es 1994 gelungen sei, die Bevölkerung bei der Volksabstimmung für den EU-Beitritt zu gewinnen, antwortete Schüssel, dass man bei einer Volksabstimmung "mit vollem Einsatz kämpfen" müsse, da es sonst daneben ginge. Er habe in seinem Leben nie so viele Veranstaltungen absolviert, wie vor dieser Volksabstimmung, erzählte er und führt den Erfolg bei der Volksabstimmung auch darauf zurück, dass es für den Beitritt gute Argumente gegeben habe.

Angesprochen von einem Jugendlichen auf die heute mitunter verbreitete EU-Skepsis antwortete Schüssel, dass die Europäische Union "bei weitem nicht perfekt" sei. Es gebe genug Punkte, die man kritisieren könne. So sei etwa die "Friedensdividende zu lange kassiert worden". Auch habe man "noch nicht kapiert", dass man in der gemeinsamen Außenpolitik Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit treffen müsse. Zudem gebe es "manche Demokratiedefizite" in der Europäischen Union, außerdem werde manches zu detailliert geregelt, während mitunter großen Fragen "zu wenig zum Ausdruck gebracht" würden, so Schüssel. Daher müsse konsequent an der Verbesserung der europäischen Strukturen gearbeitet werden und immer auch "das große Ganze erklärt" werden, das oft verloren gehen würde.

Schweisgut: EU-Beitritt als Beginn einer neuen Dimension

Dietmar Schweisgut berichtete den Jugendlichen, dass in der Beamtenschaft vor dem EU-Beitritt durchaus auch Unsicherheit zu spüren gewesen sei. Denn beispielsweise habe es 6.500 Zollbeamte gegeben, die wussten, dass mit dem EU-Beitritt diese Zahl nicht mehr notwendig sein würde. Motivierend für alle sei jedoch die damalige Aufbruchsstimmung in Europa gewesen, so Schweisgut. Mit dem Beitritt habe sich das Gefühl eingestellt, "eine neue Dimension" zu beginnen und man habe auch Stolz gespürt, dass Österreich nun auch auf EU-Ebene mitgestalten könne, so Schweisgut. Die Beitrittsverhandlungen habe er als besonders spannende Zeit in Erinnerung, denn mitunter gab es eine "dramatische Atmosphäre" - etwa als es sich bei der Frage der Transitproblematik gesprießt habe.

Von einer Schülerin gefragt, was Österreich und die EU machen könne, um weiterhin im internationalen Wettbewerb mithalten zu können, antwortete Schweisgut, dass dies eine der zentralen Themen in Europa sei. Insbesondere im digitalen Bereich gebe es in Europa einen riesigen Nachholbedarf. Die Europäische Kommission habe bereits Vorschläge dazu vorgelegt, für deren Umsetzung es eine gemeinsame europäische Anstrengung brauche.

Parlament als Ort der Demokratievermittlung

Bereits zum vierten Mal lud die Parlamentsdirektion junge Menschen zu einem Erklärformat ins Hohe Haus. Das Parlament habe die Verantwortung, allen in Österreich zu erklären, warum es gut ist, in einer parlamentarischen Demokratie zu leben, sagte Parlamentsdirektor Harald Dossi. Er lud die Jugendlichen dazu ein, das Hohe Haus immer wieder zu besuchen und die verschiedenen demokratievermittelnden Angebote des Parlaments wahrzunehmen. (Schluss) bea

HINWEIS: Fotos und ein Video von dieser Veranstaltung sowie eine Nachschau auf vergangene Veranstaltungen finden Sie im Webportal des Parlaments.

Im Rahmen des Jahresschwerpunkts 80 70 30 beleuchtet das Parlament 2025 drei Meilensteine der Demokratiegeschichte: Vor 80 Jahren endete der Zweite Weltkrieg, vor 70 Jahren wurde der Staatsvertrag unterzeichnet und vor 30 Jahren trat Österreich der EU bei. Mehr Informationen zum Jahresschwerpunkt 2025 finden Sie unter www.parlament.gv.at/kriegsende-staatsvertrag-eu-beitritt.


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