- 09.09.2025, 14:49:08
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- OTS0143
Debatte zu Bildungsthemen im Rechnungshofausschuss
Rechnungshofprüfungen zu Einsatz von Lehrpersonal sowie 8-Punkte-Plan für digitale Schule
Der Rechnungshofausschuss widmete sich dem Einsatz von Lehrpersonal und dem 8-Punkte-Plan für eine digitale Schule, dabei übte Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker Kritik an Versäumnissen, späten Maßnahmen sowie dem Fehlen klarer, ergebnisorientierter Ziele. Bildungsminister Christoph Wiederkehr hielt fest, künftig soll es nur noch 500 Plätze pro Jahr für Quereinsteiger:innen geben. Dabei soll stärker auf regionalen Bedarf und den Personalbedarf in einzelnen Fächern Bedacht genommen werden.
Lehrpersonaleinsatz: Rechnungshof ortet Versäumnisse
Der Rechnungshof hat in seinem Bericht zum Lehrpersonaleinsatz Versäumnisse bei der Bewältigung des seit Langem bekannten Lehrpersonalmangels an Österreichs Schulen aufgezeigt (III-167 d.B.). Überprüft wurden das Bildungsministerium sowie die Länder Oberösterreich und Tirol für die Schuljahre 2018/19 bis 2023/24. Obwohl der Mangel seit 2009 prognostiziert war, blieben umfassende Maßnahmen aus, stattdessen griff man zu Notlösungen, so die Ergebnisse des Berichts.
Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker bemängelte steigende Mehrdienstleistungen und - insbesondere in Mittelschulen - hohen fachfremden Unterricht. Besonders betroffen waren Informatik und Digitale Grundbildung. Auch Sonderverträge haben stark zugenommen, betonte Kraker. Zudem kritisierte der RH unvollständige Bedarfsprognosen und Probleme beim Quereinstieg "Klasse Job", wo weniger als ein Drittel der Zertifizierten tatsächlich unterrichtete. Hohe Kosten, lange Wartezeiten bei Verträgen und steigende Teilzeitquoten, vor allem bei Frauen, verschärfen die Situation.
Für eine nachhaltige Lösung empfahl Kraker die Einbeziehung der Studierendenzahlen in Prognosen, die Weiterentwicklung von "Klasse Job", den Abbau fachfremden Unterrichts und von Sonderverträgen sowie klare Regelungen für Bachelorstudierende. Einheitliche Aufnahmeverfahren, verbindliche Strategien gegen Mehrdienstleistungen und besseres Projektmanagement im Ministerium sollen zudem die Unterrichtsqualität sichern.
Wiederkehr: Künftig nur noch 500 Plätze pro Jahr für Quereinsteiger:innen
Seit 2009 sei klar gewesen, dass wir Lehrermangel haben werden, betonte Barbara Neßler (Grüne). In ihrer Zeit in der Regierung haben sich die Grünen bemüht, dies auszugleichen, aber es konnten lange Versäumnisse nicht aufgeholt werden, sagte die Abgeordnete. Deshalb hielt sie den Quereinstieg für besonders wichtig. Lange Wartezeiten bei den Einstufungen seien unzumutbar, so Neßler, die sich dafür einsetzte, Hürden abzuschaffen. Eine Einschränkung des Quereinstiegs, wie von Bildungsminister Christoph Wiederkehr geplant, stehe im Gegensatz zum bestehenden Mangel, hielt Neßler fest.
Wiederkehr bestätigte, künftig soll es nur noch 500 Plätze pro Jahr für Quereinsteiger:innen geben. Bisher gab es keine Grenze. Außerdem soll künftig auf Fächer mit Lehrermangel sowie auf regionalen Bedarf geachtet werden. Ein einheitliches Bewerbungsfenster für die Zertifizierung ist geplant. Bisher konnte man sich das ganze Jahr über bewerben. Liegt die Zertifizierung bereits vor, ist eine Bewerbung an der Schule das ganze Jahr über möglich, betonte Wiederkehr.
Der Bildungsminister sah darin keine Einschränkung, sondern eine Professionalisierung des Quereinstiegs. Es brauche sowohl gute Student:innen vom Lehramt als auch Quereinsteiger:innen. Während des Studiums bereits zu unterrichten hielt Wiederkehr für sinnvoll, weshalb im Studium die Praxiselemente verstärkt werden sollen.
Wiederkehr setzt auf Qualität
Es habe Versäumnisse der vorherigen Regierungen gegeben, räumte Wiederkehr ein. Es wurden aber auch Anstrengungen vorgenommen, um dem Lehrermangel entgegenzuwirken. Nun gelte es sicherzustellen, dass nicht nur ausreichend Lehrkräfte vorhanden sind, sondern auch die Qualität gewährleistet ist.
Seitens der ÖVP interessierte sich Jakob Grüner dafür, ob zu Schulbeginn alle gesuchten Stellen besetzt werden konnten. Hermann Brückl (FPÖ) betonte: Der Lehrermangel ist hausgemacht. Zudem gelte es administrative Aufgaben abzudecken, hob er hervor. In Wien seien zu Schulbeginn 183 Lehrstellen unbesetzt gewesen, daher interessierte sich der Abgeordnete für einen Reformkurs.
Martina Künsberg Sarre (NEOS) setzte sich für die Qualität des Unterrichts ein und hinterfragte, ob Verbesserungen in der Ausbildung angedacht sind. Wolfgang Moitzi (SPÖ) thematisierte die Anrechnung von Vordienstzeiten zur Attraktivierung des Quereinstiegs. Gespräche zu einer Dienstrechtsnovelle seien am Laufen, hielt Wiederkehr fest.
In Österreich gebe es eine hohe Anzahl an Teilzeitbeschäftigten, sagte Wiederkehr in Richtung SPÖ, dies betreffe insbesondere Frauen. Unter den Lehrkräften gebe es mehr weibliche als männliche Personen, daher sei auch die Teilzeitquote hoch, erklärte er. Wichtig sei, mehr Personen für Vollzeittätigkeiten zu motivieren, so Wiederkehr.
Digitale Schule: Fehlende Vorgaben für Einsatz im Unterricht
Einen weiteren Prüfbericht hat der Rechnungshof zum "8-Punkte-Plan für eine digitale Schule" erstellt. Hauptkritikpunkt des Rechnungshofs ist das Fehlen klarer, ergebnisorientierter Ziele, wie die messbare Steigerung digitaler Kompetenzen bei Schülerinnen und Schülern (III-52 d.B.). Aus Sicht des Rechnungshofs bleibt offen, ob die Ausgaben von 140,88 Mio. Ꞓ - davon 119,67 Mio. Ꞓ für Endgeräte - Wirkung zeigten. Kraker hielt fest: 236.039 Schüler:innen sind mit Laptops oder Tablets ausgestattet worden, 40.914 Klassengeräte für Lehrpersonen seien angeschafft worden. Der Rechnungshof hat das Bildungsministerium, Kärnten, Niederösterreich und die OeAD-GmbH - Agentur für Bildung und Internationalisierung geprüft.
Der Rechnungshof kritisierte insbesondere das "Portal Digitale Schule": Die Kosten seien von 3,16 auf 12,26 Mio. Ꞓ gestiegen - bei geringen Zugriffszahlen. Zudem seien Leistungen ohne Einhaltung des Vergaberechts vergeben worden, etwa fehlten Vergleichsangebote und Verträge wurden teils erst nach Leistungserbringung unterschrieben. Aus Sicht des Rechnungshofs ist die Nutzung der Geräte unkontrolliert geblieben: Viele wurden nicht aktiviert, 37.000 Schüler erhielten 2021/22 wegen Lieferproblemen gar kein Gerät. Kraker unterstrich: Ein Überblick über die digitalen Kompetenzen von Lehrkräften und Schüler:innen fehlte.
Daher empfahl die Rechnungshofpräsidentin klare Ziele und Indikatoren, zentrale Auswertungen zur Nutzung der Geräte, regelmäßige Kompetenz-Erhebungen sowie Anpassungen im Fortbildungsangebot. Bei Projekten mit Verzögerungen und Kostensteigerungen sollten Alternativen geprüft werden. Zudem seien Vergaberecht und Dokumentation strikt einzuhalten, um Wirtschaftlichkeit und Wettbewerb sicherzustellen.
Abgeordnete diskutieren über Effizienz und digitale Kompetenzen
Pandemiebedingt ist in diesem Feld viel geschehen, bewertete Sigrid Maurer (Grüne) den digitalen Fortschritt. Maurer setzte sich für einen effizienteren Ressourceneinsatz ein, insbesondere aufgrund der Plattform "Portal Digitale Schule". Viele Klassengeräte seien gar nicht in Betrieb genommen worden und Schüler:innen hätten keine Geräte erhalten, sprach Hermann Brückl (FPÖ) von einem "desaströsen Bild". Die vom Rechnungshof aufgezeigten Themen hätten die Vorgänger in der Regierung zu verantworten, betonte Martina von Künsberg Sarre (NEOS) und zeigte sich unverständlich. Manfred Hofinger (ÖVP) interessierte sich für digitale Kompetenzen und setzte sich dafür ein, die Qualifizierung in Zukunft sicherzustellen. In Anbetracht der Kritik und Empfehlungen des Rechnungshofs fragte Bernhard Herzog (SPÖ) nach weiteren Schritten.
Hintergründe zum "Portal Digitale Schule" und der "Kostenexplosion"
Wiederkehr hielt es für wichtig, in der digitalen Bildung "noch besser zu werden, um in der Welt bestehen zu können". Notwendige Schritte seien durch die Pandemie beschleunigt worden. Anfangsschwierigkeiten müssten nun ausgebessert werden. Neben den Schulbüchern brauche es daher auch digitale Lehrmittel. Wiederkehr sprach sich dafür aus, den Handyumgang an Schulen neu zu regeln und handyfreie Zonen zu schaffen, ohne dabei naiv zu sein. Bei den Schulgeräten sollen künftig die Einstellungen verändert werden, um den Kinder- und Jugendschutz zu gewährleisten. Auch die Fort- und Weiterbildungen des Lehrpersonals sollen intensiviert werden. In seinem Ressort gebe es ein professionelles Projektmanagement, das zu Beginn von Projekten die Ziele definiere.
Das "Portal Digitale Schule" sei durch ein Bildungsportal ersetzt worden. Dieses funktioniere sehr gut und werde genutzt, so Wiederkehr. Das Bildungsportal sei eine zentrale Plattform für Lehrende, Schüler:innen und Erziehungsberechtigte. Ein Experte des Bildungsministeriums erklärte: Während Corona war das bestehende System überlastet. Es habe sehr rasch ein Portal gebraucht. Föderale Strukturen hätten das System teuer und komplex gemacht. Gleichzeitig würden viele Investitionen in das Portal Digitale Schule jetzt Früchte tragen und die Anwendungen im Bildungsportal genutzt werden. Die Kosten seien bereits massiv gesunken, betonte er. Auf die Frage von Manuel Litzke (FPÖ) erklärte der Experte: Nach dem ersten Lockdown wusste man nicht, wie es weitergehen würde und wollte daher für einen weiteren Lockdown mit einem robusten System ausgestattet sein. Beim zweiten Lockdown hätten die Serverstrukturen geklappt, unterstrich er, aber es habe eine "Kostenexplosion" gegeben. Das beauftragte Unternehmen habe mehr versprochen als es halten konnte.
Im Zuge eines Vergabeverfahrens muss bei jeder Vergabe die zuständige Abteilung befasst werden, informierte der Experte den Abgeordneten Michael Fürtbauer (FPÖ) über die Vorgaben bei Vergabeverfahren. Ab 15.000 Ꞓ seien Vergleichsangebote einzuholen, bei bestehenden Rahmenvereinbarungen sei die Leistung vorrangig über diese zu beziehen.
Weitere Rechnungshofberichte zur Kenntnis genommen bzw. vertagt
Die Berichte wurden einstimmig zur Kenntnis genommen. Gleiches gilt für den Bericht über Leistungen nach dem Kinderbetreuungsgeldgesetz (III-1 d.B.); den Bericht betreffend die Follow-up-Überprüfungen der Österreich Institut G.m.b.H. (III-2 d.B.); den Bericht über Korruptionspräventionssysteme in ausgewählten Bundesministerien (III-3 d.B.); den Bericht des Rechnungshofes zur Follow-up-Überprüfung der Österreichischen Kulturforen (III-4 d.B.); den Bericht zur Spanischen Hofreitschule - Lipizzanergestüt Piber (III-5 d.B.).
Weitere Berichte wurden aus Gründen der Fristwahrung formal in Verhandlung genommen und dann einstimmig vertagt. Dabei handelte es sich um den Bericht betreffend Nebentätigkeiten und Nebenbeschäftigungen (III-176 d.B.); den Bericht betreffend Künstliche Intelligenz in der Bundesverwaltung (III-182 d.B.); den Bericht betreffend Entwicklungszusammenarbeit - Teilbereich Auslandskatastrophenfonds (III-187 d.B.) und den Bericht betreffend INNPATH GmbH (III-189 d.B.). (Schluss) gla
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