- 08.09.2025, 07:00:03
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Greenpeace-Analyse: Finaler Text des EU-Mercosur-Pakts bestätigt schlimmste Befürchtungen
Desaster für Umwelt und österreichische Landwirtschaft - Schutz von Klima und Landwirtschaft zahnlos - wirtschaftlicher Nutzen minimal
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hat den finalen Text des EU-Mercosur-Pakts analysiert und sieht die schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Tritt der umstrittene Handelspakt in Kraft, wird vor allem der Handel mit umweltzerstörerischen Produkten wie Rindfleisch, Zucker oder Mais aus Südamerika, massiv zunehmen. Das befeuert die Zerstörung von einzigartigen Ökosystemen wie etwa dem Amazonas noch stärker. Außerdem wären österreichische Landwirtinnen und Landwirte einem noch härteren Preiskampf ausgesetzt. Gleichzeitig bleibt der wirtschaftliche Nutzen minimal. In Summe könnten sogar mehr Arbeitsplätze verloren gehen als neue geschaffen werden. Greenpeace fordert von den Regierungsspitzen Kanzler Christian Stocker, Vizekanzler Andreas Babler so wie von Außenministerin Beate Meinl-Reisinger angesichts des katastrophalen Vertragstextes am “Nein” Österreichs festzuhalten.
Sebastian Theissing-Matei, Greenpeace-Landwirtschaftsexperte: „An der grundlegenden Problematik des EU-Mercosur-Pakts hat sich nichts verändert. Der Pakt bringt einen Geldregen für große Konzerne - auf Kosten der Natur und der österreichischen Landwirtschaft. Doch weder der Amazonas, noch unsere Bäuerinnen und Bauern dürfen am Altar des Freihandels geopfert werden. Die Bundesregierung muss unbedingt an ihrem “Nein” zu dem katastrophalen Pakt festhalten und diesen gemeinsam mit Staaten wie Frankreich und Polen verhindern.”
Die wichtigsten Kritikpunkte im Überblick:
- Der Europäische Markt wird mit Lebensmitteln aus Südamerika geflutet: Mit dem EU-Mercosur-Pakt würden künftig nicht nur 99.000 Tonnen mehr Rindfleisch sondern auch 180.000 Tonnen mehr Hühnerfleisch, 190.000 Tonnen mehr Zucker, 650.000 Tonnen mehr aus Zuckerrohr gewonnenes Ethanol, eine Million Tonnen mehr Mais sowie 45 Tonnen mehr Honig zollfrei auf den Europäischen Markt gelangen. Das hätte verheerende Konsequenzen für einzigartige Lebensräume wie etwa den Amazonas. Gleichzeitig würden Bäuerinnen und Bauern in Österreich damit in einen ruinösen und unfairen Preiskampf gezwungen. Denn alle diese Produkte werden in Südamerika mit deutlich niedrigeren Umwelt- und Sozialstandards hergestellt.
- Klimaschutz wird auf die lange Bank geschoben: Das Abkommen wurde nun von der EU-Kommission in zwei Teile aufgeteilt. In den Handelsteil, der möglichst schnell durchgepeitscht werden soll und den politischen Teil, der frühestens in einigen Jahren, vielleicht aber auch nie in Kraft tritt. Das gemeinsame Bekenntnis zum Pariser Klimaziel im Vertragstext ist in seiner tatsächlichen Wirkung ohnehin schon sehr schwach. Diese Passage findet sich jetzt auch noch in jenem politischen Teil des Abkommens wieder, der vielleicht nie in Kraft tritt. Gleichzeitig könnte jedoch der Handelsteil des Abkommens - mit all seinen katastrophalen Auswirkungen für die Umwelt und die österreichische Landwirtschaft - sofort in Kraft treten.
- Der von der EU-Kommission angekündigte Schutzmechanismus für Bäuerinnen und Bauern ist eine Mogelpackung: In den Texten des EU-Mercosur-Pakts ist schlicht kein wirkungsvoller Schutz-Mechanismus enthalten, der Bäuerinnen und Bauern in Österreich bei einem extremen Preiskampf vor dem Bankrott schützen würde. Die EU-Kommission hat so einen Schutzmechanismus lediglich vage angekündigt und bleibt Details schuldig. Dabei würde jegliche Regelung, die seitens der EU genutzt werden kann, um im Krisenfall die Einfuhr von Lebensmittel aus Südamerika wieder einzuschränken, von den Staaten des Mercosur (Brasilien, Argentinien, Uruguay, Paraguay, Bolivien) niemals akzeptiert. Eine solche Regelung ist daher vollkommen unrealistisch und die Europäische Kommission versucht Bäuerinnen und Bauern mit dieser Ankündigung hinters Licht zu führen.
- Auch der Vorschlag, wirtschaftliche Schäden für die europäische Landwirtschaft mit mehr EU-Fördergeld auszugleichen ist Augenauswischerei: Auch bei diesem Vorschlag gibt es keinerlei Garantie, dass diese Maßnahme in Zeiten enger Budgets jemals umgesetzt wird. Realistischerweise könnte dieses Geld auch einfach aus anderen Agrarsubventionen abgezweigt werden, womit die insgesamt für Bäuerinnen und Bauern zur Verfügung stehenden Gelder um keinen Euro mehr würden. Darüber hinaus wäre es den europäischen Steuerzahler:innen nur sehr schwer vermittelbar, warum sie für Schäden aufkommen sollen, die die Politik mit dem Abschluss des ruinösen EU-Mercosur-Pakts erst selbst verursacht hat.
- Einzelne Konzerne würden massiv profitieren, aber der allgemeine ökonomische Nutzen ist minimal: Eine aktuelle Studie der Österreichischen Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung zeigt, dass durch EU-Mercosur nur ein sehr geringes Wirtschaftswachstum von 0,1 Prozent zu erwarten ist, während in Österreich und der EU sogar Arbeitsplätze verloren gehen könnten. Vor allem im Bereich der Landwirtschaft, in der Lebensmittelverarbeitung und im Dienstleistungssektor könnten demnach mehr Arbeitsplätze verloren gehen, als im Bereich von Industrie und Export entstehen würden.
Der finale EU-Mercosur-Vertragstext wurde am 3. September von der EU-Kommission hier veröffentlicht: https://policy.trade.ec.europa.eu/eu-trade-relationships-country-and-region/countries-and-regions/mercosur/eu-mercosur-agreement/text-agreement_en
Bildmaterial finden Sie unter: https://act.gp/Analyse_EU_Mercosur
Unter Angabe der Credits © Mitja Kobal / Greenpeace stehen die Fotos kostenfrei zur redaktionellen Nutzung zur Verfügung.
Rückfragen & Kontakt
Sebastian Theissing-Matei
Landwirtschaftsexperte
Greenpeace in Österreich
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E-Mail: sebastian.theissing@greenpeace.org
Emanuel Salvarani
Pressesprecher
Greenpeace in Österreich
Tel.: +43 664 8817 2251
E-Mail: emanuel.salvarani@greenpeace.org
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