- 05.09.2025, 12:00:36
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Zählt bei Lebensmitteln nur mehr der billigste Preis, hat Österreich alles falsch gemacht
Unbegrenzte Billigstimporte aus dem Ausland gefährden Produktion von Lebensmitteln „Made in Austria“
„Wenn bei Lebensmitteln nur mehr der billigste Preis zählt, hat Österreich in den letzten Jahrzehnten alles falsch gemacht – dann hat Qualität keinen Wert mehr und der „Feinkostladen Österreich“ hat national und international ausgedient“
, unterstreicht Mag. Katharina Koßdorff, Geschäftsführerin des Fachverbands der Lebensmittelindustrie, anlässlich der Ergebnisse der Regierungsklausur zu Eingriffen in Preise und Vertriebswege bei Lebensmitteln. „Seit dem EU-Beitritt setzt Österreichs Lebensmittelindustrie konsequent auf höchste Qualität – mit Erfolg im Inland und auf internationalen Märkten. Programme wie das AMA-Gütesiegel, Bio- und gentechnikfreie Produktion stehen für diesen Anspruch. Wenn all das künftig keine Rolle mehr spielt, haben wir als Produktions- und Exportstandort sowie als Gesellschaft versagt“, so Koßdorff.
Keine EU-Einheitskosten – Kein EU-Einheitspreis
Aufgrund des schwierigen Inlandsmarktes setzen die heimischen Lebensmittelhersteller auf den Export: Zwei Drittel ihrer Produkte werden weltweit in rund 180 Länder verkauft. Dabei treffen sie auf unterschiedliche Bedingungen in jedem Markt – auch innerhalb der EU. Steuern, rechtliche Vorgaben, Kaufkraft, Kosten für Energie, Löhne und Gehälter, Pfandsysteme oder Anforderungen der Händler variieren je nach Land stark. Das führt zu unterschiedlichen Preisen auf den Märkten. Wo die Kosten niedrig sind, können Produkte dem Handel günstiger angeboten werden. Wo sie hoch sind, steigen die Preise. Ein EU-weiter Einheitspreis für Lebensmittel ist daher wirtschaftlich nicht umsetzbar.
Verbot territorialer Lieferbeschränkungen gefährdet Lebensmittelproduktion in Österreich
Um mit den verschiedenen lokalen Kosten pro Land wirtschaftlich zurecht zu kommen, richten manche Hersteller ihre Vertriebswege teilweise auf bestimmte geographische Regionen aus. Sie bevorzugen, ihre Waren nicht über Händler zu vertreiben, die Produkte aus dem jeweils günstigsten Ausland beziehen wollen, um sie dann in einem Land mit hohen lokalen Herstellerkosten zu Dumpingpreisen weiter zu verkaufen (sog. territoriale Lieferbeschränkungen).
Wären Hersteller durch ein pauschales Verbot territorialer Lieferbeschränkungen gezwungen, jedem Händler in der EU ihre Produkte zum gleichen Preis anzubieten, wäre die Branche in Österreich nicht mehr konkurrenzfähig. Kann der heimische marktdominierende Lebensmittelhandel unbegrenzt Billigstlebensmittel aus dem jeweils günstigsten Ausland etwa mit den niedrigsten Löhnen und Gehältern parallel nach Österreich importieren und hier ins Regal stellen, wäre das wirtschaftlich ein existenzbedrohender Schaden, da die österreichischen Hersteller von Lebensmitteln zu deutlich höheren Kosten produzieren müssen. Ein Verlust heimischer Produktion bedeutet auch einen gewissen Identitätsverlust, da letztlich viele beliebte traditionelle österreichische Waren aus den Regalen verschwinden werden.
Ein Verbot, die eigenen Vertriebswege frei zu wählen, würde bedeuten, dass Hersteller gezwungen wären, ihre Produkte an jeden Händler zu liefern – unabhängig davon, ob dieser eine angemessene Gegenleistung bietet oder ob die Zusammenarbeit wirtschaftlich sinnvoll ist. Es entstünde ein noch stärkeres asymmetrisches Wettbewerbsumfeld zu Lasten der österreichischen Lebensmittelhersteller und zum klaren Vorteil der heimischen Lebensmittelhändler, die selbst große internationale Lebensmittelkonzerne sind, und bereits heute über bedeutende europäische Einkaufsallianzen grenzüberschreitend einkaufen (u. a. Coopernic, AgeCore, Eurelec).
„Eine noch stärkere Schieflage auf dem heimischen Lebensmittelmarkt ist weiterhin dringend zu vermeiden“
, so Koßdorff. Denn die österreichische Lebensmittelindustrie ist bekannterweise mit einem hochkonzentrierten, rabatt- und aktionsgetriebenen Lebensmittelhandel konfrontiert, der auch laut BWB wirtschaftlich notwendige Preisanpassungen nicht bzw. nur zu einem Teil zulässt. Der Anteil an Eigenmarken des Lebensmittelhandels liegt außerdem in Österreich bereits bei rund 45 % (Supermarkt) und 90 % (Diskonter), der Aktionsanteil – teilweise oder gänzlich finanziert durch die Hersteller - bei rund 40 %. In einem solchen Umfeld sind differenzierte Vertriebsstrategien der Hersteller kein Marktversagen, sondern vielmehr betriebswirtschaftlich notwendig.
Ein Eingriff in die freie Wahl der Vertriebswege hätte massive Folgen für die österreichische Lebensmittelindustrie mit ihren 200 Betrieben, 27.000 direkt Beschäftigen und 150.000 Jobs in vor- und nachgelagerten Branchen, etwa der Landwirtschaft. Die Konsequenzen daraus wären Produktionsverlagerungen ins Ausland sowie der Verlust von Arbeitsplätzen. Heimische Wertschöpfungsketten würden wegbrechen und zu einer schleichenden Deindustrialisierung des Standortes führen. Deshalb ist es für die Hersteller von Lebensmitteln unerlässlich, ihre Vertriebswege und -partner weiterhin selbst bestimmen zu können.
Internationale Hersteller produzieren in Österreich und schaffen hier über 8.000 Jobs
Internationale Lebensmittelhersteller für den „Österreich-Aufschlag“ zu adressieren, ist unsachlich. Unternehmen wie Coca-Cola, Lindt & Sprüngli, Mondelez und viele mehr produzieren seit Jahren in Österreich, schaffen und sichern hier über 8.000 Arbeitsplätze, zahlen signifikant Steuern und bringen Wertschöpfung in die Regionen. Unbegrenzte Parallelimporte des Handels zu billigsten Preisen würde die Standortattraktivität Österreichs weiter massiv schwächen und das Risiko für Produktionsverlagerungen deutlich erhöhen. „Dass Betriebe sich die Produktion im eigenen Land nicht mehr leisten können, kann doch auch aus Gründen der Versorgungssicherheit niemand wollen“, unterstreicht Koßdorff.
Versorgungssicherheit braucht eine starke Inlandsproduktion
„Die Corona-Pandemie hat deutlich gemacht, wie wichtig eine starke Lebensmittelproduktion im eigenen Land für die Versorgungssicherheit der Bevölkerung ist“
, erläutert Koßdorff. Rechnet sich für die Betriebe das Produzieren im eigenen Land nicht mehr, kann Österreich die Versorgung mit regionalen Lebensmitteln „Made in Austria“ nicht aufrechterhalten. Koßdorff: „Österreich wäre somit auch in der Krise von Lebensmittelimporten aus dem Ausland abhängig, um seine Bevölkerung zu versorgen. Das müssen wir dringend vermeiden.“
Ein Blick auf die Verpackung von Lebensmitteln klärt über die enthaltene Produktmenge auf
Die österreichische Lebensmittelindustrie kämpft weiterhin mit vergleichsweise viel zu hohen Kosten im eigenen Land: Energie, Lohnnebenkosten, Bürokratie. Auch die Rohstoffkosten sind durch schlechte Ernten und globale Krisen massiv gestiegen. Diese Kosten sind durch Effizienzsteigerungen nicht mehr wettzumachen. Die Branche hat an preislicher Wettbewerbsfähigkeit stark verloren.
Steigen die Kosten und sind alle Einsparungspotenziale ausgeschöpft, werden aus betriebswirtschaftlichen Gründen Lebensmittel, die sich nicht mehr rechnen, entweder eingestellt oder es wird weniger Menge zum gleichen Preis angeboten. Dieses Vorgehen betrifft Eigenmarken des Lebensmittelhandels genauso wie Markenprodukte der Hersteller. „Dass hier der Handel versucht, der Industrie den Schwarzen Peter zuzuschieben, gelingt freilich nicht“, betont Koßdorff. Eine Anpassung der Füllmenge ist schon heute gesetzlich streng geregelt: „Mogelpackungen“ sind verboten; die tatsächliche Nettofüllmenge ist stets auf der Verpackung in einer normierten Schriftgröße anzugeben; der Grundpreis pro 100 g/ml ist am Regal vom Lebensmittelhandel auszuzeichnen. So können Konsumentinnen und Konsumenten die tatsächliche Menge und den Preis leicht erkennen. Eine weitere Auszeichnung ist nicht notwendig („Shrinkflation“ im Faktencheck - Österreich isst informiert).
Inflationsbekämpfung benötigt Ursachenbekämpfung, nicht Symbolpolitik
Koßdorff abschließend: „Weder die Einrichtung einer staatlichen Preiskommission noch eine ‚Allianz‘ mit dem Lebensmitteleinzelhandel für ‚faire Preise‘ werden die Inflation in Österreich senken. Eine nachhaltige Bekämpfung der Teuerung ist nur möglich, wenn die kostentreibenden Ursachen bekämpft werden und das sind: die hohen Energiepreise, Lohnnebenkosten und Kosten durch die Überregulierung“.
Stellenwert der Lebensmittelindustrie in Österreich
Die Lebensmittelindustrie ist eine der größten Branchen Österreichs. Sie garantiert tagtäglich die Versorgung von Millionen Menschen mit sicheren, qualitativen und leistbaren Lebensmitteln. Die rund 200 Unternehmen mit ihren 27.400 direkt Beschäftigten erwirtschaften jährlich ein Produktionsvolumen von rund 12 Mrd. Euro. Rund 10 Mrd. Euro davon werden im Export in über 180 Länder abgesetzt. Der Fachverband unterstützt seine Mitglieder durch Information, Beratung und internationale Vernetzung.
Rückfragen & Kontakt
Mag. Katharina Koßdorff
Geschäftsführerin im Fachverband der Lebensmittelindustrie
T: +43 1 712 21 21 - 14
E: k.kossdorff@dielebensmittel.at
DI Oskar Wawschinek MAS MBA
Food Business Consult
Pressesprecher für den Fachverband der Lebensmittelindustrie
M: +43 664 545 63 50
E: office@foodbusiness.at
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