- 01.09.2025, 07:54:03
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Schluss mit dem Glücks-Roulette bei der Schulverpflegung
Expert*innen fordern flächendeckende Qualitätsstandards für Österreichs Schulessen und gleiche Chancen für alle Kinder.
Zum Schulstart fordern Expertinnen von ZUKUNFT ESSEN, VOLKSHILFE, SIPCAN, ENKELTAUGLICHES ÖSTERREICH und BIO AUSTRIA ein Ende der massiven Unterschiede in Österreichs Schulverpflegung.
Während derzeit in der Bildungspolitik viel über Sprachförderung und Lernerfolge diskutiert wird, bleibt ein entscheidender Faktor für den Schulerfolg unbeachtet: eine gute Schulverpflegung.
Erkenntnisse der Wissenschaft und Beispiele aus der Praxis belegen die Vorteile und zeigen, dass die Umsetzung durchaus möglich ist.
Versorgung als Glücksspiel für über eine Million Kinder
In Österreich besuchen über 1,1 Mio. Kinder und Jugendliche Bildungseinrichtungen – die durchschnittliche Verpflegung lässt allerdings zu wünschen über.
„Jedes vierte Kind besucht eine ganztägige Schulform und sollte hier laut Gesetz ein Mittagessen erhalten – ob diese verfügbar, kindgerecht oder hochwertig ist, variiert massiv. Es gleicht einem Glücksspiel: Manche Kinder bekommen gutes Essen in der Schule, andere gar keines. Wir fordern gleiches Recht für alle Kinder in Österreich und ein schnelles Handeln der Regierung“,
verdeutlicht Andrea Vaz-König von ZUKUNFT ESSEN.
Gute Kinderverpflegung wirkt ein Leben lang
Kinder decken etwa ein Drittel ihres Energiebedarfs in der Schule – entscheidend für Konzentration, Gesundheit und Zukunftschancen. Eine schwedische Langzeitstudie zeigt sogar Auswirkungen auf spätere Bildungsabschlüsse und Einkommen. Die positive Wirkung von gutem Schulessen betrifft somit ganze Lebenspannen.
„In Österreich leben 66.000 Kinder und Jugendliche in Haushalten, die sich keine ausgewogene Ernährung leisten können. Die nach wie vor hohen Lebensmittelpreise treffen armutsbetroffene Familien besonders hart. Für diese Kinder ist eine gesicherte Schulmahlzeit von enormer Bedeutung. Denn ohne ausreichende Ernährung sinken Konzentrationsfähigkeit und schulische Leistung spürbar. Das wirkt sich selbstverständlich auch auf den langfristigen Bildungserfolg der Kinder aus“
, betont Erich Fenninger, Direktor der Volkshilfe.
„In jeder zweiten Schulbank sitzt heute ein übergewichtiges Kind. Ein entscheidender Hebel für Veränderung ist, dass Kinder regelmäßig und kindgerecht essen können. Da die Achtsamkeit bei Ernährung in Österreich noch immer zu gering ist, bietet das Schulessen für viele Kinder eine wichtige Chance, neue Speisen und Lebensmittel kennenzulernen. Jede Mahlzeit in der Schule ist eine tägliche Gelegenheit, Kindern mit schmackhaften Gerichten den Weg zu einer gesunden Ernährung zu eröffnen“
, so Manuel Schätzer vom vorsorgemedizinischen Institut SIPCAN.
Folgekosten erfordern ein Umdenken
Der Bio-Anteil in der Schulverpflegung stagniert auf niedrigem Niveau – eine systematische Auswertung der Situation fehlt bislang. Dadurch bleiben die wissenschaftlich belegten Vorteile biologischer Ernährung ungenutzt. Dabei könnte die öffentliche Hand als einflussreiche Akteurin und wichtiges Vorbild vorangehen. Verharrt sie jedoch bei ihrer derzeitigen Beschaffungspraxis ohne Berücksichtigung von Nachhaltigkeits- und Gesundheitsaspekten, werden die gesellschaftlichen Folgekosten durch Umweltzerstörung und Krankheiten weiter ansteigen.
„Biologisches, bioregionales Schulessen ist weit mehr als eine gesunde Mahlzeit – es ist eine Investition in die Zukunft unserer Kinder. Wer Bio in der öffentlichen Beschaffung umsetzt, reduziert Emissionen, schützt Böden, Wasser und Atemluft und vermeidet jährlich immense Folgekosten. Konventionelle Landwirtschaft mit Kunstdüngern und synthetischen Pestiziden verursacht Wasserverunreinigung, Bodenverlust und Biodiversitätsschwund – Schäden, die letztlich unsere Kinder durch Klimastrafzahlungen und Umweltsanierungskosten tragen müssen. Bio ist ein Sparprogramm mit Zukunft, das unsere Kinder langfristig vor den teuren Folgen nicht nachhaltiger Landwirtschaft schützt“
, betont Barbara Holzer von der Bewegung Enkeltaugliches Österreich (ETÖ).
„Unsere Biobäuerinnen und Biobauern bewirtschaften ihre Höfe im Einklang mit der Natur, schützen Böden, Wasser und fördern Biodiversität. Damit leisten sie einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz, zu mehr Tierwohl und zu einer zukunftsfähigen Landwirtschaft für kommende Generationen. Gerade in Hinblick auf die Zukunft unserer Kinder ist nachhaltige Verpflegung keine Kür, sondern Pflicht – die Regierung muss Bio in der gelebten Praxis deutlich ausbauen“
, bestärkt auch BIO AUSTRIA Obfrau Barbara Riegler.
Wissenschaft belegt: Keine Mehrkosten für gesunde und nachhaltige Verpflegung
Eine aktuelle Studie des Instituts für biologischen Landbau (FiBL Österreich) zeigt am Beispiel Warenkorb: Die Umstellung auf gesunde und nachhaltige Ernährung verursacht keine Mehrkosten. Ungesunde Ernährung belastet dagegen sowohl unsere Gesundheit als auch unsere Geldbörsel – so essen Österreicher*innen viermal mehr Fleisch als laut Gesundheitsministerium ratsam. Werden Gesundheitsförderung und Nachhaltigkeit kombiniert, entstehen beim Einkauf keine zusätzlichen Kosten.
„Durch einen gesünderen Ernährungsstil und sorgsamen Umgang mit Lebensmitteln kann so viel gespart werden, dass ein Warenkorb mit 100 Prozent Bioprodukten leistbar ist. Die größten Einsparungseffekte können durch eine rein pflanzliche Ernährung erzielt werden – sowohl hinsichtlich der wirtschaftlichen Kosten als auch hinsichtlich der Kosten für das Klima”
, erklärt Martin Schlatzer, wissenschaftlicher Mitarbeiter am FiBL und Studienautor.
Praxis zeigt: Es geht
Dass die öffentliche Hand flächendeckend für soziale und nachhaltige Verbesserungen sorgen kann, zeigt sich am Beispiel der Stadt Wien:„Die Stadt Wien bietet seit 2023 in allen ganztägigen Pflichtschulen kostenloses Mittagessen. Der Bio-Anteil wurde schrittweise auf mindestens 50 Prozent angehoben und für die Mahlzeiten gelten Qualitätsstandards für eine ausgewogene, hochwertige Verpflegung. Das Angebot kommt über 50.000 Kindern und Jugendlichen in Wien zugute“
, so Thomas Mosor von Wien isst G.U.T., Stadt Wien – Umweltschutz.
Dass 100% Bio auch im großen Stil funktioniert, beweist unter anderem das Restaurant Luftburg – Kolarik im Prater tagtäglich: „Wir servieren seit 2021 ausschließlich Bio-Speisen und -Getränke – für tausende Gäste. Die öffentliche Beschaffung sollte bei Nachhaltigkeit Vorbild sein, hinkt aber weit hinterher. Wer umstellen will, kann es auch – geht nicht, gibt‘s nicht!“
, ist Paul Kolarik, Eigentümer und Geschäftsführer der Kolarik im Prater GmbH, überzeugt.
Dass ein gezieltes, kindgerechtes Bio-Angebot Umweltschutz und Gesundheit gleichzeitig fördert, zeigt der Biohof ADAMAH in der Praxis: „Obst und Gemüse mit süßem Geschmack sind bei unseren Jüngsten sehr beliebt. Bio ist umweltschonend in der Produktion und hat den Vorteil, dass man nichts unbedingt schälen muss, weil keine chemisch-synthetischen Spritzmittel verwendet werden. Das reduziert Lebensmittelverschwendung sowie die Arbeitslast in den Küchen – und die Kinder essen mehr Nährstoffe, welche in den Schalen gespeichert sind“
, verdeutlicht Elisabeth Zoubek vom ADAMAH BioHof.
Politik in der Pflicht
Der ‚Nationale Aktionsplan zur Umsetzung der Europäischen Garantie für Kinder‘ verpflichtet Österreich bis 2030 eine kostenlose, nachhaltige und gesunde Schulmahlzeit pro Tag flächendeckend bereitzustellen.
Die neu überarbeiteten Ernährungsempfehlungen des Gesundheitsministeriums müssen auch für Schulverpflegung gelten.
Die beschlossenen Lebensmittel-Kriterien für nachhaltige öffentliche Beschaffung (naBe) sehen einen Bio-Anteil von mindestens 55% bis 2030 vor.
Im Regierungsprogramm steht:
Bildungseinrichtungen als Orte der Gesundheit etablieren.
Ernährungsangebote in Bildungseinrichtungen evaluieren.
Stärkung der regional, biologisch und tiergerecht erzeugten Lebensmittel in der öffentlichen Beschaffung – Ziel: 55% Bio-Anteil bis 2030.
Forderung an die Politik
Vor der Regierungsbildung hat ZUKUNFT ESSEN alle Parteien zum Thema Schulessen befragt. Die ÖVP hatte als einzig befragte Partei nicht geantwortet. SPÖ und NEOS haben sich klar für Verbesserungen ausgesprochen – und sind nun Teil der Bundesregierung.
„Wir fordern, dass die Bundesregierung zu ihren eigenen Vorgaben steht. Schulessen in Österreich muss sowohl den nachhaltigen Beschaffungskriterien als auch den offiziellen Ernährungsempfehlungen entsprechen sowie flächendeckend und kostenlos ausgebaut werden – sonst verletzt die Politik ihre Pflichten“
, so Saša Asanović von ZUKUNFT ESSEN abschließend.
ZUKUNFT ESSEN – Gutes Schulessen für alle!
Bundesweite Anlaufstelle für Gestaltung und Umsetzung einer guten Verpflegung in Schule, Kindergarten & Co.
www.gutes-schulessen.at
Mit ANDREA VAZ-KÖNIG und SAŠA ASANOVIĆ als designierter Vorstand wurde der Verein mit Blick auf Erhöhung der Relevanz, Kompetenz und Wirksamkeit von Schulküchen und -köch*innen verstärkt.
Mit Unterstützung von Bund, Ländern und Europäischer Union
Weitere Infos zur Förderung unter: www.gutes-schulessen.at/foerderprojekt
Rückfragen & Kontakt
ZUKUNFT ESSEN
Dipl.-Ing. Natalie Lehner - Geschäftsführung
Telefon: +43 681 209 338 61
E-Mail: hallo@zukunft-essen.at
Website: www.gutes-schulessen.at
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