• 12.08.2025, 11:13:03
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"Programm”-Fehler in lang erwarteter “Energie-Software”

ElWG-Entwurf benachteiligt regionalen Strom und macht Energiepreise NICHT günstiger

Wien (OTS) - 

Kurz vor Ende der Begutachtungsfrist für das Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) warnt der Dachverband Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ) vor unsachlichen und unbedachten Eingriffen in den Strommarkt, die der Entwurf aktuell enthält. Insbesondere zusätzliche Netzentgelte sowie die Spitzenkappung bei PV- und Windenergie werten die Erneuerbaren-Verbände als Kardinal-Fehler im zur regionalen Flexibilisierung und Modernisierung des Strommarkts angetretenen Gesetz. Die kommunizierten günstigen Preise werden so weiter ausbleiben.

Heimische Erzeuger von sauberem, regionalem Strom werden künftig noch stärker belastet - lokale Wertschöpfung und Energie-Unabhängigkeit geschwächt. Insgesamt befürchtet der EEÖ einen Anstieg der Strompreise zulasten der Verbraucher und massive Wettbewerbsnachteile zum EU-Ausland. Nicht zuletzt werden grundsätzliche Ziele des ElWG konterkariert – etwa Energiegemeinschaften oder Direktverträge zwischen Wirtschaft und Erzeugern stärker zu fördern und den Strompreis zu senken.

„Ausgerechnet in einer Zeit, in der Haushalte und Unternehmen dringend Entlastung bei den Energiepreisen brauchen, wartet die Regierung mit kontraproduktiven Maßnahmen auf. Die vorgeschlagene Ausweitung von Netzentgelten für Erzeuger und die unsachgemäße Spitzenkappung bei Windenergie sorgen dafür, dass Strom teurer wird und Österreich in Zeiten geopolitischer Umbrüche erneut stärker in die Abhängigkeit von Energieimporten ausländischer Öl- und Gasmächte sowie Atomkraft rutscht“, warnt Martina Prechtl-Grundnig, Geschäftsführerin des EEÖ.

Höhere Strompreise durch höhere Netzentgelte

Während Erneuerbare bereits hohe Netzentgelte zahlen, soll zusätzlich ein sogenanntes Netznutzungsentgelt für Einspeiser von Strom aus erneuerbarer Energie eingeführt werden. Dabei haben die EE allein in den letzten 15 Jahren bereits Abgaben in Milliardenhöhe geleistet: Windenergie-Anlagen allein etwa knapp 800 Millionen Euro für Netzausbau und -betrieb. Die etwas jüngere Photovoltaik kommt in den letzten 6 Jahren auf knapp 200 Millionen Euro. Die zusätzliche Belastung würde als Teil der Gestehungskosten den Strompreis künstlich nach oben treiben und höhere Förderkosten bewirken. „Dass Erzeuger nichts für die Netze zahlen würden, ist falsch. Eine kommunikative Finte. Sie zahlen bereits jetzt maßgebliche Beiträge, die tief im Tarifsystem vergraben sind. Bereits heute erschwert das die Lieferung günstiger Energie für Haushalte und Industrie“, erläutert Florian Maringer, Geschäftsführer der IG Windkraft. Er warnt vor höheren Preisen für VerbraucherInnen.

“Anstatt für Stabilität und Zukunftsmut zu sorgen, verursacht das Gesetz Verunsicherung und zerstört Planungssicherheit. 500.000 private und gewerbliche Anlagenbetreiber sollen nachträglich mit Kosten belastet werden – so geht man am Wirtschaftsstandort Österreich nicht miteinander um.” bringt es Vera Immitzer, Geschäftsführerin von PV Austria auf den Punkt.

Wettbewerbsnachteil Made in Austria

Eine Ausweitung des Netzentgeltes unterläuft nicht nur die preisdämpfende Wirkung erneuerbarer Energie, sie konfrontiert diese auch mit massiven Wettbewerbsnachteilen: Österreich hat bereits jetzt EU-weit die zweithöchsten Einspeise-Entgelte. Durch eine Ausweitung würde die Wettbewerbsfähigkeit von EE-Anlagen weiter beeinträchtigt. „Wird die heimische Stromproduktion durch zusätzliche Kosten künstlich verteuert, steigt automatisch der Import günstigerer Alternativen – etwa Atomstrom aus dem Ausland. Österreichische Stromerzeugung – bestehende genauso wie neuerrichtete verliert an Wettbewerbsfähigkeit, während gleichzeitig die Abhängigkeit von externen Preisentwicklungen wächst“, so der Geschäftsführer von Kleinwasserkraft Österreich, Paul Ablinger.

Folgewirkungen für Energietransformation

Der Dachverband befürchtet eine Stagnation beim Ausbau erneuerbarer Energie durch die zusätzliche Verschlechterung der Investitionsbedingungen und die Unsicherheiten für bestehende Anlagen und Businessmodelle. Bereits ohne zusätzliche Entgelte steht die Branche der Erneuerbaren vor einer wirtschaftlich angespannten Situation. Neue Investitions- und Betriebskosten – verstärkt durch wachsende Finanzierungsrisiken und staatliche Ad-Hoc-Eingriffe – erschweren die Errichtung von EE-Anlagen auch als konjunkturelles Wachstumsprogramm. Mit negativen Auswirkungen auf den Strompreis, regionale Wertschöpfung und die Erreichung der Energieziele bis 2030.

“Im Vorjahr wurden aufgrund einer fachlich nicht nachvollziehbaren Marktprämien-Verordnung bereits voll funktionsfähige Anlagen vom Netz genommen. Dadurch hat der Wirtschaftsstandort Österreich Vertrauen, heimische Energieproduktion, Arbeitsplätze und Wertschöpfung verloren. Das darf sich durch weitere kontraproduktive Maßnahmen nicht wiederholen, sonst kommen Erzeuger erneuerbarer Energie an die Grenzen der wirtschaftlichen Tragbarkeit“, kritisiert Hans-Christian Kirchmeier, Vorstandsvorsitzender der IG Holzkraft. Er fordert endlich Rechtssicherheit und Planbarkeit. Nur dann kann die Energiewende der Konjunkturturbo sein, den wir so dringend brauchen.

Widersprüche zu Zielen des ElWG

Der EEÖ weist außerdem darauf hin, dass eine Ausweitung der Netzentgelte zentralen Zielen des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes zuwiderläuft. Während der Strommarkt flexibler, die Stromerzeugung und -beschaffung effizienter und der Strom für die Allgemeinheit leistbarer werden sollen, konterkariert die Ausweitung der Netzentgelte wichtige Elemente dafür: Power Purchase Agreements, Energiegemeinschaften oder Peer-to-Peer-Verträge. Netzkosten werden durch die Belastung der Erzeugung lediglich in den Strompreis verschoben.

ElWG wirken lassen, bevor die Kostenkeule zuschlägt

Der Entwurf des ElWG enthält laut Dachverband bereits wichtige Maßnahmen zur Entlastung der Netzkosten – etwa die Fernsteuerbarkeit bei PV-Anlagen, vermehrte Transparenz für verfügbare Einspeisekapazitäten um etwa Speicher richtig zu platzieren oder auch eine Plattform zum Handel und Abwicklung von Flexibilitätsleistungen. Die verlängerte Abschreibedauer für Netzinvestitionen und eine Überarbeitung der Tarifstruktur sind ebenfalls positiv. Diese Instrumente müssen zunächst ihre Wirkung entfalten, bevor zusätzliche Kosten mit weitreichend negativen Folgen eingeführt werden.

Die geplante Spitzenkappung ist differenziert zu sehen: “Eine technische Begrenzung bei PV-Anlagen muss praxistauglich und nachvollziehbar bei 70 % der Modulleistung erfolgen. Alles andere würde zu Fehlanreizen und Komplexität aber vor allem bei größeren Anlagen zu deutlichen Einspeiseverlusten von bis zu 8 % führen” stellt Immitzer klar. Windkraft kennt überhaupt keine Spitzen, sie produziert zwei Drittel ihres Stroms im Winter – zu einer Zeit, in der besonders viel Energie gebraucht wird, weil zu diesen Zeiten PV und Wasserkraft weniger produzieren. “Kappt man hier willkürlich, verschenkt die Bundesregierung sauberen und unabhängigen Strom und verschärft die Achterbahnfahrt der Preise samt weiterer Abhängigkeit gegenüber Öl- und Gasdiktaturen weiter.” so IGW-Geschäftsführer Florian Maringer abschließend.

Zum Hintergrundpapier: „Problemaufriss – Neue Netzentgelte: Steigende Lebenskosten und verunsicherter Wirtschaftsstandort, tut die Regierung hier das Richtige?“

Zum Hintergrundpapier: „Lösungsweg – Netzentgelte, damit die Regierung das Richtige tut.“

Rückfragen & Kontakt

Erneuerbare Energie Österreich
DI Martina Prechtl-Grundnig
Telefon: 0664-1465333
E-Mail: martina.prechtl@erneuerbare-energie.at

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