• 11.08.2025, 10:13:37
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Aktuelle Lebensmittel-Debatte: Armutsbekämpfung muss Vorrang haben

Alexandra Gruber, Die Tafel Österreich: "Das Tafelmodell ist
generell sehr rasch und kostengünstig skalierbar, wir kämpfen
allerdings in den letzten Jahren, so wie viele anerkannte
Sozialorganisationen, mit der schleichenden Kommerzialisierung eines
nicht-kommerziellen Bereichs."
Wien (OTS) - 

Während in der Diskussion über Inflation und Lebensmittelpreise um Gründe, Zuständigkeiten und Maßnahmen gerungen wird, weist Die Tafel Österreich auf die Lebensrealitäten armutsbetroffener Menschen hin, die seit Beginn der Krisen unter der Teuerung ganz besonders leiden – und auf einen Bereich, der mit hoher Treffsicherheit und Wirkung dagegenhält: die karitative, kostenfreie Lebensmittelhilfe.

In der Debatte über eine Preisregulierung bei Lebensmitteln in Österreich muss der Blick auf eine Gruppe der Gesellschaft gelenkt werden, die seit vielen Jahren massiv unter der Teuerung der Lebenshaltungskosten leidet: armutsbetroffene Menschen.

Die Zahl jener, die in absoluter Armut leben, hat sich laut Statistik Austria von 2021 auf 2023 verdoppelt und stagniert aktuell auf hohem Niveau. In der jüngsten Erhebung „So geht’s uns heute“ (1. Quartal 2025) nannten 24,4 % unter den 33 % aller Befragten, die eine Verschlechterung ihrer finanziellen Situation wahrgenommen haben, höhere Ausgaben für Lebensmittel als Hauptgrund für ein schlechteres Auskommen mit dem Einkommen. 339.000 Erwachsene geben an, sich nicht jeden zweiten Tag eine Hauptmahlzeit leisten zu können. Besonders erschreckend: Das trifft auch auf 104.000 Kinder und Jugendliche zu.

Alexandra Gruber, Geschäftsführerin Die Tafel Österreich: „Die Daten zeigen eindeutig, dass eine nicht zu vernachlässigende Gruppe von Menschen große Probleme damit hat, ihren Alltag mit den zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln zu meistern. Hier besteht längst akuter Handlungsbedarf. Denn während an Wohn- und Energiekosten meist nicht zu rütteln ist, wird bei den Lebensmitteln oft drastisch gespart – eine gesunde und ausgewogene Ernährung ist dann kaum mehr möglich.

Heute Maßnahmen setzen und schon morgen davon profitieren

Die Regierung hat den Handlungsbedarf offensichtlich erkannt, wie der vielfach im Regierungsprogramm genannte Punkt „Maßnahmen gegen die Teuerung“ zeigt.

Doch alle derzeit diskutierten Maßnahmen kommen bestenfalls mittelfristig im Geldbörsel von armutsbetroffenen Menschen, um die es ja vorrangig in der Debatte geht, an“, so Gruber. „Die Tafel Österreich hält seit Beginn der Teuerung bestmöglich dagegen, doch auch bei uns hat sich die Zahl der Menschen in sozialen Einrichtungen, die auf kostenfreie Lebensmittelhilfe angewiesen sind, in den letzten Jahren verdoppelt. Es wäre sehr rasch, kostengünstig und treffsicher möglich, unsere Mission zu fördern und die Menge an umverteilten Lebensmitteln und kostenfreien Mahlzeiten für armutsbetroffene Menschen damit schlagartig deutlich zu erhöhen. Stattdessen erschweren von der Politik in den letzten Jahren gesetzte Maßnahmen unsere Arbeit zum Teil massiv.“

Laut Die Tafel Österreich braucht es – neben finanzieller Unterstützung – insbesondere folgende Maßnahmen:

  • Rechtliche Vereinfachung der karitativen Lebensmittelweitergabe

  • Vorrang der karitativen Lebensmittelweitergabe vor kommerziellen Initiativen

Blick nach Europa zeigt: Wir könnten viel mehr Lebensmittel umverteilen

Der Blick über den Tellerrand in das europäische und globale Tafelnetzwerk zeigt: Länder, in denen die Arbeit von Tafelorganisationen mit solchen Maßnahmen gefördert wird, haben die Nase bei der Menge an umverteilten, geretteten Lebensmitteln für armutsbetroffene Menschen deutlich vorne.

In Österreich hinken wir dahingehend stark hinterher. Das Tafelmodell ist generell sehr rasch und kostengünstig skalierbar, wir kämpfen allerdings in den letzten Jahren, so wie viele anerkannte Sozialorganisationen, mit der schleichenden Kommerzialisierung eines nicht-kommerziellen Bereichs – ein Österreich-Spezifikum, das in anderen Ländern nicht so überhandgenommen hat wie hierzulande“, betont Alexandra Gruber.

In den EU Food Donation Guidelines und der EU Food Waste Hierarchie ist auf europäischer Ebene unmittelbar und klar geregelt, dass Lebensmittel-Überschüsse armutsbetroffenen Menschen zugutekommen sollen. Eine Einhaltung dieser bestehenden Richtlinien könnte rasch und wirkungsvoll einen großen Schub in der Menge an Lebensmitteln, die schon morgen an armutsbetroffene Menschen zusätzlich umverteilt werden können, bedeuten.

Die Tafel Österreich sieht die Politik, genauso wie beim Rechtsrahmen, dringend gefordert, die karitative, kostenfreie Lebensmittelweitergabe zu erleichtern, um den sozialen Mehrwert geretteter Lebensmittel zu maximieren. Jedes überschüssige Lebensmittel wird dringend von jenen Menschen benötigt, welche die NPO in Partnerschaft mit sozialen Einrichtungen kostenfrei versorgt. Diese Ressourcenschonung hilft gleichzeitig auch der Umwelt und schafft Bewusstsein in der Bevölkerung für den Wert unserer Lebensmittel.

Quellen:

Über Die Tafel Österreich
Die Tafel Österreich versorgt seit 1999 armutsbetroffene Menschen durch soziale Einrichtungen kostenfrei mit geretteten Lebensmitteln. So haben sie eine essenzielle Sorge weniger und können mit professioneller Hilfe Wege aus der Not finden. Allein im Jahr 2024 konnten über 1.578 Tonnen Lebensmittel an mehr als 75.000 armutsbetroffene Menschen in ganz Österreich weitergegeben werden. Die Non-Profit-Organisation ist überwiegend spendenfinanziert und auf Geld-, Zeit- und Warenspenden angewiesen. Mehr Infos unter tafel-oesterreich.at

Rückfragen & Kontakt

Die Tafel Österreich
Verena Scheidl
Telefon: +43 664 882 798 22
E-Mail: verena.scheidl@tafel-oesterreich.at

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