Wortlaut der Erklärung von Erzbischof Lackner zum zunehmenden Antisemitismus in Österreich und zu Krieg und Terror im Heiligen Land
Der Salzburger Erzbischof und Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz, Franz Lackner, hat am Dienstag in einer umfassenden Erklärung den zunehmenden Antisemitismus in Österreich wie auch Krieg und Terror im Heiligen Land verurteilt. Er hat zudem zu den jüngsten Vorfällen bei der Eröffnung der Salzburger Festspiele Stellung genommen, sich bestürzt über berichtete antisemitische Vorfälle in Österreich gezeigt und die gesamte Gesellschaft zum Einsatz gegen Antisemitismus aufgerufen. Kathpress dokumentiert den Wortlaut der Erklärung:
"Gott zu lieben und unsere Nächsten wie uns selbst" (Mt 22,34-40; Lk 10,25-37) - darin bestehen Gesetz und Propheten (Dtn 6,4f, Lev 19,18). Das hat Jesus uns gelehrt, dazu hat er uns ermahnt.
Wir können es nicht hinnehmen, wenn das Heilige Land in Krieg und Grausamkeit versinkt. Wir können nicht schweigen, wenn die Hamas im größten Pogrom seit 1945 Tausende Juden grausam ermordet und etliche entführt. Wir können nicht schweigen, wenn immer noch Geiseln in Kellern gefangen gehalten werden. Auch wenn wir Existenz- und Selbstverteidigungsrecht Israels anerkennen, können wir genauso wenig schweigen, wenn der Krieg, der so entfesselt wurde, fast zwei Jahre später Zehntausende zivile Opfer in Gaza gefordert hat; wenn wir Berichte vernehmen, wonach weitere Unzählige, darunter auch Säuglinge und Kinder, durch Hunger und Not gefährdet sind. Wir können auch nicht schweigen, wenn im Hagel der Bomben und Raketen Kirchen und Hilfseinrichtungen, die Zentren der Hoffnung sein wollen, getroffen werden.
Wir können aber gerade auch in Österreich nicht schweigen, wenn aus all dem eine neue Welle eines kaum noch für möglich gehaltenen Antisemitismus wird; wenn unser Land, das in historischer und bleibender Verantwortung steht, jüdischem Leben keinen sicheren Ort mehr bieten kann. Ich war im Raum, als Aktivisten die Eröffnung der Salzburger Festspiele stürmten - ein gutes Herz wird ihre Forderung nach einem Ende des Krieges in Nahost nachvollziehen. Aber die teilweise vermummten Gesichter und die spürbare Aggression der Aktivisten waren keine Werbung für Verständigung und Frieden, kein Beitrag zur Überwindung des Freund-Feind-Denkens. Nunmehr scheint auch die Kunstblutattacke vom Mai letzten Jahres auf Oskar Deutsch, den Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde Wiens, und die damalige Verfassungsministerin Karoline Edtstadler, nunmehrige Landeshauptfrau Salzburgs, in direktem Zusammenhang zu stehen.
Kritik am Vorgehen in Gaza wird auch in Israel selbst geäußert, der einzig funktionierenden Demokratie im Nahen Osten. Kritik an der israelischen Regierung ist damit per se nicht antisemitisch - doch sie wird es, wenn sie jüdische Menschen, die "älteren Geschwister im Glauben" (Johannes Paul II.) aufgrund ihrer Glaubensherkunft trifft, wenn sie jüdisches Leben und Glaubens bloßstellt, attackiert, oder direkt gefährdet. Die Fratze des als Israel-Kritik getarnten Judenhasses begegnet immer mehr.
Ein Österreich, in dem berichtet wird, wie Juden der Zutritt auf Campingplätzen verwehrt und in Restaurants kein Essen serviert wird, in dem ihre Gräber beschmiert und ihre Gemeinden bedroht werden, kann und darf nicht sein. Nicht heute, nicht morgen, niemals! Dagegen müssen wir als Christen, aber auch als Bürger dieser Gesellschaft entschieden auftreten. Geben wir, die wir glauben oder zu glauben versuchen, Gott alle Ehre - und lieben wir alle, egal woher wir kommen, unsere Nächsten wie uns selbst.
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