Präzedenzloser Polizeieinsatz an einer NS-Gedenkstätte wirft Fragen auf. Eine gemeinsame Erklärung von DÖW, KZ-Gedenkstätte Mauthausen und Mauthausen Komitee Österreich.
Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW), die KZ-Gedenkstätte Mauthausen (MM) und das Mauthausen Komitee Österreich (MKÖ) betreuen Gedenkstätten nationalsozialistischer Massenverbrechen und führen an Gedenkorten Vermittlungsformate durch. Vor diesem Hintergrund haben sie die Nachrichten von einem Polizeieinsatz an der Gedenkstätte Peršmanhof mit großer Besorgnis verfolgt und halten diesen aus vielen Gründen für nicht angemessen. Zuallererst gilt aber dem Team des Museums Peršmanhof die volle Solidarität von DÖW, MKÖ und MM. Die Kolleg*innen leisten seit Jahrzehnten großartige und wichtige Aufklärungsarbeiten zu den nationalsozialistischen Verbrechen am Peršmanhof. Die Gedenkstätte kann heute auf jahre- und jahrzehntelange Erfahrungen im Bereich der Erinnerungsarbeit und historisch-politischen Bildung zurückblicken. Ausstellung, internationale Gedenkfeiern, Besuche von Schüler*innen werden auf hohem Niveau und oftmals gegen revisionistische Widerstände durchgeführt und professionell begleitet. Das Camp des Klubs slowenischer Student*innen in Wien wurde heuer zum zweiten Mal in Abstimmung mit den Betreiber*innen des Museums am Peršmanhof ausgerichtet und erst im April mit dem Ernst-Kirchweger-Preis für antifaschistische Jugendbildungsarbeit des KZ-Verbands ausgezeichnet.
Ein derartig massiver Polizeieinsatz aus offenbar geringem Anlass an einer NS-Gedenkstätte ist ein präzendezloser Vorgang. Der Umfang – kolportiert wurde der Einsatz von 30 Beamt*innen und eines Polizeihubschraubers – lässt Zweifel darüber aufkommen, ob der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet wurde. Diese Zweifel werden durch die kolportierten Begründungen (Verstöße gegen das Naturschutz- und Campinggesetz sowie ein sittenwidriger Umgang mit der Gedenkstätte) nicht kleiner. Daher fordern DÖW, MKÖ und MM eine lückenlose Aufklärung des Vorgehens.
„Wir arbeiten in vielen Bereichen in guter Abstimmung mit dem BMI und der Exekutive zusammen“, sagt Barbara Glück, Direktorin der KZ-Gedenkstätte Mauthausen. „Für uns ist es zentral, auch weiterhin auf einer derartigen Vertrauensbasis zusammenarbeiten zu können. In diesem Fall bin ich über das kolportierte Vorgehen der Polizei jedoch zutiefst irritiert.“ Andreas Kranebitter, Wissenschaftlicher Leiter des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes, sagt: „Gedenkstätten sind hochsensible Orte. Um unseren Vermittlungsansprüchen gerecht zu werden, müssen wir dort in Ruhe arbeiten können, unsere Besucher*innen müssen sich sicher fühlen. Polizeieinsätze haben an Gedenkstätten nichts verloren, außer es geht um den Schutz der Einrichtung und ihrer Besucher*innen.“ Will Mernyi, Vorsitzender des Mauthausen Komitee Österreich, sagt: „Österreich hat an diesem Wochenende ein trauriges Bild abgegeben: Am Samstag sind die Identitären und ihre Neonazi-Freunde durch die Wiener Innenstadt gezogen, am Sonntag wurde ein antifaschistischer Gedenkort durch die Polizei gestört. Solche Aktionen untergraben unsere jahrelangen Bemühungen eines würdigen Aufklärens und Gedenkens.“
Diese Erklärung von Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, KZ-Gedenkstätte Mauthausen und Mauthausen Komitee Österreich wird unterstützt von KZ-Verband (Bundesverband), Mauthausen Komitee Kärnten/Koroška & Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust Studien (VWI).
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Jakob Rosenberg
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E-Mail: jakob.rosenberg@doew.at
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