• 24.07.2025, 10:56:03
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Von der Pflicht zum Wettbewerbsvorteil: Stabile Lieferketten schaffen Resilienz

Wien (OTS) - 

Hitzewellen, Dürren und unterbrochene Lieferwege zeigen, wie verwundbar globale Lieferketten sind. Unternehmen, die ihre Strukturen nicht strategisch absichern, verlieren in Krisenzeiten an Reaktionsfähigkeit. Für Vergaberechtsexperte Martin Schiefer ist das keine Frage der Bürokratie, sondern der Weitsicht. Gerade die öffentliche Hand könnte durch gezielte Vergaben zur wirtschaftlichen Resilienz beitragen, wenn Beschaffung als strategisches Steuerungsinstrument verstanden wird.

Fragebögen von 40 Seiten, die rund um die Welt an hunderte Partner-Unternehmen verschickt, eingefordert und überprüft werden müssen: Für viele steht die geplante EU-Lieferkettenrichtlinie für realitätsferne Bürokratie aus Brüssel. Doch diese Sichtweise greift zu kurz, weiß Vergaberechtsexperte Martin Schiefer: „Die genaue Kenntnis der eigenen Lieferant:innen ist für Unternehmen die größte wirtschaftliche Chance der nächsten Jahre. Wer seine Lieferkette versteht, kann Risiken erkennen, strategisch steuern und sich in Krisenzeiten Handlungsspielräume sichern.“

Ausgeweitete Sorgfaltspflicht für Unternehmen

Lieferketten verlaufen heute nicht nur über Straßen, Häfen oder Flugrouten – sie bestehen aus Datenflüssen, digitalen Schnittstellen und Cloud-Infrastrukturen. Das macht sie komplex und schwer kontrollierbar. „Gerade einmal 20 Prozent der Unternehmen kennen ihre direkten und indirekten Zulieferer:innen. Nur sechs Prozent geben an, den vollen Überblick über alle Zulieferer:innen zu haben“, warnt Komplexitätsforscher Peter Klimek.

Mit der neuen Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) reagiert die EU auf diese Herausforderungen. Unternehmen sollen stärker für menschenrechtliche und ökologische Risiken entlang ihrer Lieferketten in die Verantwortung genommen werden. Das hat entsprechende Auswirkungen auf Compliance, Einkauf und Risikomanagement. Zwar wurde das Inkrafttreten der Regeln um ein weiteres Jahr auf 2028 verschoben und Anforderungen abgeschwächt, doch der Handlungsbedarf bleibt hoch.

Öffentliche Beschaffung als strategischer Hebel

Strukturellen Probleme lassen sich nicht durch ein Gesetz lösen, umso wichtiger wird die Rolle öffentliche Auftraggeber. Bund, Länder und Gemeinden zählen zu den größten Einkäufern in Österreich. Rund 70 Milliarden Euro gibt die öffentliche Hand jährlich für Aufträge aus – ein enormer Hebel, durch gezielte Auftragsvergaben die Resilienz der Wirtschaft zu stärken. Allerdings ist das rechtliche Umfeld herausfordernd: Das EU-Vergaberecht erlaubt keine nationale Bevorzugung. Dennoch sieht Schiefer Handlungsspielraum: „Aus juristischer Sicht ist ‚Made in Europe‘ möglich. Über die verbindliche Anwendung von ESG-Kriterien lassen sich Lieferketten strategisch beeinflussen. Kurze Wege, regionale Wertschöpfung und Arbeitsplätze als Kriterien für die Vergabe von Aufträgen wären ein wirkungsvolles Mittel, um Lieferketten strategisch neu aufzustellen und Europas Resilienz zu stärken.“

Unternehmen in der Pflicht: Resilienz beginnt im Einkauf

Staatliche Maßnahmen allein reichen nicht aus, um das Problem zu lösen. Auch Unternehmen sind gefordert, ihre Lieferketten strategisch abzusichern – nicht nur aus regulatorischen Gründen, sondern als Investitionen in ihre eigene Zukunftsfähigkeit. Resiliente Lieferketten bieten wirtschaftliche Stabilität, verkürzte Reaktionszeiten und verschaffen in Krisen entscheidende Vorteile.

Ein entscheidendes Instrument sind präzise gestaltete Vertragswerke mit Informationspflichten, Audit-Klauseln und nachvollziehbaren Prozessen. Sie schaffen Transparenz und ermöglichen es, Risiken wie instabile Sub-Auftragsketten oder unklare Preisgestaltung frühzeitig zu erkennen und gegenzusteuern.

„Die Frage sollte nicht sein, ob wir ein Gesetz erfüllen müssen. Entscheidend ist viel mehr, wie wir wirtschaftlichklug handeln. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, die eigenen Lieferbeziehungen strategisch neu zu denken – nicht erst, wenn regulatorischer Druck es verlangt“, fordert Martin Schiefer abschließend.

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