• 22.07.2025, 14:54:36
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Volkshilfe zur Teilzeit-Debatte: Teilzeit ist kein Luxus, sondern die Folge verfehlter Politik

Wien (OTS) - 

In der aktuellen Debatte rund um Teilzeitarbeit in Österreich passiert eine gefährliche Schuldumkehr gegenüber jenen, die in Teilzeit arbeiten – insbesondere Frauen. "Statt auf die realen Ursachen zu blicken, wird der falsche Eindruck erweckt, Menschen würden sich bewusst gegen ein "Vollzeit-Engagement" entscheiden, um der Republik zu schaden. Das ist Unsinn und führt die Debatte an den echten Problemen vorbei”, warnt Erich Fenninger, Direktor der Volkshilfe Österreich.

Schuld sind nicht die Mütter, schuld ist das System

Auch die Situation jener Frauen, die Kinder betreuen oder betreut haben, ist vielschichtiger als von der ÖVP dargestellt. Einerseits zeigen sich bei vielen teilzeitbeschäftigten Frauen in höherem Alter nun die Folgen einer jahrzehntelangen konservativen Familienpolitik. Andererseits gibt es bis heute nicht genügend Kinderbetreuungseinrichtungen, die Vollzeitarbeit ermöglichen. Wenn der Kindergarten am Land zu Mittag zu sperrt, ist Vollzeit beider Eltern nicht möglich. In Oberösterreich sind nicht einmal 3 von 10 Plätzen VIF-konform, erlauben also eine Vollzeiterwerbstätigkeit. Der Zusammenhang zur späteren Teilzeitarbeit ist klar: Je länger Eltern, aber vor allem Mütter aus dem Erwerbsleben ausscheiden, desto schwieriger ist der Wiedereinstieg. “Schuld sind nicht die Mütter, schuld ist das System”, betont Fenninger.

“Es braucht eine Bildungs- und Familienpolitik, die Familien entlastet – durch ganztägige und qualitativ hochwertige Bildungsangebote in Schulen sowie einem breiten Angebot an außerschulischen Aktivitäten, damit eine Erhöhung der Arbeitsstunden nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis möglich ist”, so Fenninger weiter. Gleichzeitig müsse man sehen, dass viele Frauen auch pflegebedürftige Angehörige betreuen und dafür Erwerbsarbeit reduzieren.

Wer Vollzeit fordert, muss sich um Kinder, Pflege und eine faire Arbeitswelt kümmern

“Wir müssen auch über die Realität der Arbeitswelt reden. Tatsache ist, dass es in bestimmten Branchen schlicht keine Vollzeitstellen gibt”, erläutert Fenninger. 110.000 Teilzeiterwerbstätige in Österreich wünschen sich laut Statistik Austria sogar eine Aufstockung. Eine Studie von IFES/WIFO zeigte für 2022, dass ein Viertel der teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer*innen im Handel (24%) gerne mehr Stunden arbeiten möchten.

Teilzeit ist für viele kein „Privileg“, sondern eine Überlebensstrategie in einem System, das Menschen zu oft an ihre Grenzen bringt – denken wir etwa auch an schwere körperliche Arbeit am Bau oder in der Pflege, gerade wenn es so heiß ist.

“Wer Teilzeitarbeit zur Verfehlung der Beschäftigten erklärt, verkennt die Lage und verhöhnt die Menschen. Und wer Vollzeit fordert, muss sich endlich auch um Kinder, Pflege und eine faire Arbeitswelt kümmern” so Fenninger abschließend.

Rückfragen & Kontakt

Volkshilfe Österreich
Ruth Schink
Telefon: 0676 83 402 222
E-Mail: ruth.schink@volkshilfe.at

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