• 16.07.2025, 16:06:32
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EU-Ausschuss des Bundesrats: Dänischer EU-Ratsvorsitz legt Schwerpunkte auf Verteidigung und europäische Wettbewerbsfähigkeit

Dänischer Botschafter hofft auf raschen Abschluss des EU-Mercosur-Abkommens

Wien (PK) - 

Zum achten Mal übernahm Dänemark Anfang Juli den EU-Ratsvorsitz. Im EU-Ausschuss des Bundesrats stellte der dänische Botschafter Christian Grønbech-Jensen heute die Schwerpunkte des dänischen Ratsvorsitzes unter dem Motto "A strong Europe in a changing world" vor. Dänemark habe sich ein ehrgeiziges Arbeitsprogramm mit Prioritäten für ein sicheres, wettbewerbsfähiges und grünes Europa gesetzt, betonte der Botschafter.

Zudem diskutierten die Mandatar:innen das EU-Vorhaben zur Vereinfachung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Dabei geht es vor allem um den Bürokratieabbau für Bäuerinnen und Bauern sowie um Verwaltungsvereinfachungen zur Umsetzung der GAP für die Mitgliedsstaaten.

Verteidigungsfähigkeit Europas soll bis 2030 erreicht werden

Ein besonderer Fokus werde unter dänischem Vorsitz auf die Stärkung der europäischen Verteidigungsbereitschaft gesetzt. Bis 2030 solle sich die Europäische Union selbst verteidigen können. Von hoher Bedeutung sei zudem die Stärkung der ukrainischen Verteidigung, da die Sicherheit der Europäer:innen und die Sicherheit des ukrainischen Volks "untrennbar miteinander verbunden" seien, sagte der dänische Botschafter und sprach sich für "noch härtere Sanktionen" gegenüber Russland aus.

Als weiteren Schwerpunkt des dänischen Ratsvorsitzes nannte der Botschafter die Bekämpfung irregulärer Migration und die Sicherstellung eines effektiven Grenzschutzes. Um Europas demokratische Resilienz zu stärken, plant der dänische Vorsitz Initiativen wie den Democracy Shield zu unterstützen. Zentral sei auch eine gezielte Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der EU bei gleichzeitigem Vorantreiben des Grünen Wandels. In dieser Frage gehe es nicht um "ein Entweder-oder", denn sowohl die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit als auch der Grüne Wandel seien für ein starkes und handlungsfähiges Europa notwendig, unterstrich der Botschafter.

Andreas Arthur Spanring (FPÖ/N) befürwortete, dass die Verteidigungsfähigkeit Europas erreicht werden solle. Es sei jedoch aus seiner Sicht nicht logisch davon auszugehen, dass Russland Europa nach 2030 angreifen wolle, sobald Europa verteidigungsfähig sei. Zudem kritisierte Spanring, dass in den Prioritäten des dänischen Vorsitzes die Themen Frieden und Friedensverhandlungen zwischen der Ukraine und Russland fehlen würden. Nikolaus Amhof (FPÖ/W) ging darauf ein, dass Russland über keine moderne Luftwaffe verfüge und fragte, warum dennoch versucht werde, ein so großes Bedrohungsszenario aufzubauen.

Russland sei derzeit durch den Ukraine-Krieg "gefesselt", antwortete der Botschafter. Wenn Russland nach dem Ende des Angriffskrieges auf die Ukraine weiter aufrüste, würde Europa in eine ungewisse Zukunft sehen. Daher sei es wichtig, dass Europa jetzt seine Verteidigungsfähigkeit aufbaue, die "eine Notwendigkeit" sei, sagte der Botschafter. Russland könne Drohnen sehr billig produzieren und setze diese "jede Nacht" ein. Es sei davon auszugehen, dass Russland in den kommenden Jahren "sehr fähig" sein werde, daher gelte es "vorbereitet zu sein". Europa müsse als klares Signal aussenden, dass es willens und fähig sei, sich zu verteidigen, so der dänische Botschafter.

Ob weitere Sanktionspakete gegen Russland geplant seien, fragte Julia Deutsch (NEOS/W) und wollte zudem wissen, was getan werde, um Desinformationskampagnen gegenzusteuern.

Das 18. EU-Sanktionspaket gegen Russland sei noch nicht abgesegnet, es werde derzeit nach einer gemeinsamen Lösung gesucht, sagte der Botschafter. Im Kampf gegen Desinformation setze man sich mit der Regulierung der großen Tech-Giganten auseinander. Regelungen sollen sicherstellen, dass "Technologiefirmen unsere Demokratien nicht unterwandern", sagte der Botschafter und betonte, dass es darum gehe, nicht zu viel zu regulieren, aber zu verhindern, dass "die eigenen Institutionen von Desinformationen unterminiert werden".

EU-Mercosur-Abkommen: Dänischer Vorsitz hofft auf raschen Abschluss

Weiters ging der Botschafter bei der Vorstellung der Prioritäten des dänischen EU-Ratsvorsitzes auf die Bedeutung strategischer Beziehungen mit Drittländern, weltweiter Handelsabkommen und der Stärkung und Diversifizierung der Lieferketten ein. Das EU-Mercosur-Abkommen solle daher endlich zum Abschluss kommen, sagte er.

Dieses Aussage sei für ihn besorgniserregend, entgegnete Andreas Arthur Spanring (FPÖ/N) und legte dar, dass Österreich das angestrebte EU-Mercosur-Abkommen "sehr kritisch" sehe, da die heimische Landwirtschaft damit "bedroht" werde.

Ein EU-Mercosur-Abkommen sei eine Herausforderung für die Landwirtschaft, sagte Ferdinand Tiefnig (ÖVP/O) und betonte die Wichtigkeit der Ernährungs- und Versorgungssicherheit in Europa.

Elisabeth Kittl (Grüne/W) ging darauf ein, dass Österreich eine kleinbäuerliche Struktur habe und ein EU-Mercosur-Abkommen die Gefahr von Wettbewerbsverzerrung bringe. Zudem fragte sie, ob im Abkommen Regelungen hinsichtlich Umwelt- und Klimaschutz sowie Menschenrechte aufgenommen werden.

Gerade vor dem Hintergrund des Zollkonflikts mit den USA sei es jetzt wichtig neue Märkte zu erschließen, sagte der Botschafter. Seit 20 Jahren werde über ein EU-Mercosur-Abkommen gesprochen, jetzt sei es an der Zeit, die Handelsbeziehungen auszuweiten. Zentral sei es, gemeinsam über die Bedenken seitens der Landwirtschaft und auch über die Themen Menschenrechte und Umweltschutz zu sprechen und ein Abkommen zu schließen, das für alle Vorteile bringe. Er hoffe sehr auf einen Abschluss während des dänischen Vorsitzes, so der Botschafter.

Migration neu bewerten

Andreas Arthur Spanring (FPÖ/N) wollte wissen, was der dänische Ratsvorsitz unter "Verhinderung irregulärer Migration" verstehe und ging darauf ein, dass die legale Migration immer mehr zunehmen würde und viele Menschen bringe, "die kein Gewinn für Europa" seien und "im Sozialsystem Unterschlupf finden" würden. Zudem sprach sich Spanring dafür aus, die rund 12,9 Mio. arbeitslosen Menschen in den EU-Staaten "innerhalb der EU zu vermitteln", statt "immer neue Menschen" aus Drittstaaten zur Bewältigung des Fachkräftemangels zu holen.

Migration müsse neu bewertet werden und es gebe innerhalb der EU immer mehr Länder, die diese Einstellung unterstützen würden, so der dänische Botschafter und betonte, dass illegale von legaler Migration unterschieden werden müsse. Europa brauche qualifizierte Fachkräfte. Gerade vor dem Hintergrund des demografischen Wandels sei es nicht möglich, alle Personallücken mit geeigneten Fachkräften zu schließen. Daher sei legale Migration notwendig, sagte der Botschafter und verwies auf Partnerschaften mit Indien und den Philippinen.

Grüner Wandel und Energieversorgung

Dänemark sei sehr vorbildhaft beim Ausbau erneuerbarer Energie sagte Elisabeth Kittl (Grüne/W) und wollte wissen, wie Dänemark dieses Thema auf EU-Ebene vorantreiben wolle.

Der Grüne Wandel und die sichere und bezahlbare Energieversorgung durch den Ausbau erneuerbarer Energien und Infrastruktur seien für den dänischen Vorsitz zentral, betonte der Botschafter. Es gehe darum, die Versorgungssicherheit der europäischen Energiemärkte zu stärken und die Unabhängigkeit von russischem Gas zu erlangen. Entscheidend sei, dass sich die EU ambitioniert für den Klimaschutz einsetze. Denn der Klimawandel zähle zu den großen Herausforderungen unserer Zeit, denn er führe zu Migration und politischer Instabilität.

EU-Erweiterung und Internationales

Angesprochen von Claudia Arpa (SPÖ/K) auf das Thema EU-Erweiterung am Westbalkan sagte der Botschafter, dass dieser Prozess schnell vorangetrieben werden müsse, um diese Territorien nicht für andere Akteure "freizulassen". Es werde versucht, den Beitrittsländern dabei zu helfen, die für den EU-Beitritt notwendigen Kriterien erfüllen zu können. Es gebe keinen Zweifel daran, dass auch eine EU-Erweiterung durch die Ukraine wichtig sei, so der Botschafter.

Auf die "katastrophale und unerträgliche" Situation in Gaza ging Daniel Schmid (SPÖ/T) ein und fragte, ob diesbezüglich seitens der EU der Druck auf Israel erhöht werde. Dänemark habe Israel nach dem 7. Oktober 2023 klar unterstützt, sagte der Botschafter. Humanitäre Hilfe könne in Gaza derzeit nicht ankommen, dies sehe Dänemark mit großer Besorgnis. Derzeit gebe es auf EU-Ebene keine klare Aussicht, wie unter den EU-Mitgliedstaaten die Diskussion dazu weitergeführt werde.

Nach dem aktuellen Stand in der Grönland-Diskussion erkundigte sich Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP/S). Es gehe um den Schutz territorialer Souveränität, betonte der Botschafter und stellt klar, dass ein Verkauf Grönlands nicht möglich sei. Es gebe jedoch die Möglichkeit für Rohstoff-Geschäfte, wenn diese auch für Grönland Vorteile bringen. Dabei müsse der Umweltschutz berücksichtigt werden. Da sich Grönland nahe an der Arktis befindet, sei die Region auch wichtig im Hinblick auf die Sicherheit, so der Botschafter.

EU-Pläne zu Vereinfachungen für die Landwirtschaft

Als weiter Tagesordnungspunkt standen im heutigen EU-Ausschuss die Pläne der Europäischen Union zum Bürokratieabbau in der Landwirtschaft zur Diskussion. Um diesen weiter voranzutreiben und insbesondere die Anforderungen für landwirtschaftliche Betriebe zu erleichtern sowie die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern, hat die EU-Kommission im Mai 2025 im Rahmen des sogenannten Omnibus III-Pakets einen Verordnungsentwurf für ein "GAP-Vereinfachungspaket" vorgelegt. Konkret sollen durch Vereinfachungen auf Betriebsebene die Anforderungen besser an unterschiedliche Situationen und landwirtschaftliche Praktiken angepasst, die Unterstützung kleiner und mittlerer Betriebe ausgebaut, die Wettbewerbsfähigkeit gesteigert und das Krisenmanagement gestärkt werden. Zudem soll es zu mehr Flexibilität für die Mitgliedstaaten bei der Verwaltung der GAP-Mittel kommen.

Seitens des Landwirtschaftsministeriums werden alle Bemühungen begrüßt, die nationalen Strategiepläne zur Umsetzung der GAP weiter zu vereinfachen sowie die Verwaltungslast für Landwirtinnen und Landwirte und die Verwaltungsbehörden zu reduzieren. Auch wenn es sich dabei nicht um einen "großen Wurf" handle, so ein Vertreter des Ressorts im Ausschuss. Aus österreichischer Sicht enthalte der Kommissionsvorschlag eine Reihe an positiven Ansätzen, wie etwa die Möglichkeit für eine flexiblere Auslegung der Definition von Dauergrünland, die erweiterten Unterstützungsmöglichkeiten im Obst- und Gemüsesektor sowie die Abschaffung des Leistungsabschlussverfahrens. Wichtig sei, dass die Anpassungen möglichst rasch in Kraft gesetzt werden, heißt es seitens des Agrarressorts. Die neuen Vorgaben sollen ab Anfang 2026 angewendet werden können.

Für den im EU-Ausschuss anwesenden Experten der Arbeiterkammer braucht es zu diesen Themen eine gründlichere Diskussion. Zudem kritisierte er die Art des Verfahrens, "um möglichst rasch Errungenschaften der letzten Legislaturperiode wegzubekommen". Zudem sprach sich der AK-Vertreter gegen die Aufweichung der zuletzt etablierten GLÖZ-Standards aus. Diese legen bestimmte Mindestanforderungen an die landwirtschaftliche Bewirtschaftung von Flächen fest.

Obwohl es wichtig sei, die "überbordende Bürokratie in der Landwirtschaft" zurückzufahren, bewertete Ferdinand Tiefnig (ÖVP/O) den diskutierten Vorschlag als "Tropfen auf den heißen Stein". Hier brauche es angesichts vielfältiger Probleme, wie etwa dem Klimawandel, Marktverwerfungen sowie hoher Düngemittel- und Treibstoffpreise "noch mehr", so der ÖVP-Mandatar.

Michael Bernard (FPÖ/N) und Claudia Arpa (SPÖ/K) fragten nach den Gründen für die Ausnahmen bei den GLÖTS-Standards für zertifizierte Bio-Betriebe. Da diese ohnehin schon viel für den Erhalt nachhaltiger Flächen leisten würden, plane die Kommission die Bio-Betriebe von gewissen Standards auszuklammern, antwortete der Vertreter des Landwirtschaftsministeriums. Für Obst- und Gemüsebetriebe sollen zudem die Bedingungen erleichtert werden, um künftig mehr EU-Mittel abzuholen, so der Experte gegenüber Bernard. Arpa sprach sich zudem dafür aus, Fördermittel künftig an Arbeits- und Sozialstandards zu koppeln.

Elisabeth Kittl (Grüne/W) begrüßte ebenfalls die Pläne zum Bürokratieabbau in der Landwirtschaft. Diese dürften aber nicht zu Lasten von Umweltstandards gehen. Zudem müsse dem "Sterben von Kleinbäuerinnen und -bauern" Einhalt geboten werden. Im Rahmen der GAP gebe es viele Anreize für kleine landwirtschaftliche Betriebe, entgegnete der Experte des Agrarressorts. Das gelte ebenso für die umweltgerechte Produktion, wie etwa durch das gesamte Agrarumweltprogramm ÖPUL. (Schluss EU-Ausschuss des Bundesrats) bea/med


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