• 11.07.2025, 08:20:33
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EU-Budget-Verhandlungen: Versäumte Umweltinvestitionen von heute sind die Reparaturkosten von morgen

BirdLife Österreich: Österreichische Vertreter:innen sollen sich in EU-Budgetverhandlungen klar für Priorisierung von Investitionen in Biodiversität, Klima und Umwelt einsetzen

Wien (OTS) - 

In wenigen Tagen, am 16. Juli, wird die Europäische Kommission ihren Vorschlag für den neuen Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) der Jahre 2028–2034 vorlegen. BirdLife Österreich warnt vor einer gefährlichen Schieflage in der bisherigen Verteilung der Steuergelder: Investitionen in Biodiversität, Klima, Wasser und Boden –wichtigste Lebensgrundlagen und in öffentlichem Interesse – stehen massiv unter Druck. Die langfristige Fortführung erfolgreicher Artenschutzinitiativen, etwa zum Erhalt des in Österreich einst ausgestorbenen Kaiseradlers oder dem notwendigen Schutz von Mooren, ist angesichts unsicherer finanzieller Rahmenbedingungen zunehmend gefährdet. Die Europäische Union steht an einem Wendepunkt.

Der aktuelle EU-Finanzrahmen 2021–2027 umfasst inflationsangepasst bereits mehr als 1.200 Milliarden Euro. Rund ein Drittel dieses aus Steuergeld bereitgestellten Budgets fließt in die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP), also über 400 Milliarden Euro. Doch von diesem gewaltigen Betrag entfallen EU-weit weiterhin rund 80 % auf weitgehend gegenleistungslose Direktzahlungen, während nur rund 20 % in zielgerichtete Programme der Ländlichen Entwicklung fließen - in Österreich in das teils erfolgreiche ÖPUL-Programm sowie Naturschutzprojekte von Bund und Bundesländern.

Wichtige internationale Artenschutzprogramme ohne EU-Gelder nicht machbar

Gleichzeitig erhält das zentrale LIFE-Programm der EU, das seit 1992 über 6.000 innovative Umwelt- und Naturschutzprojekte auch unter Beteiligung von Landwirtschaft und Industrie ermöglicht hat, von 2021 bis 2027 nur 0,3 % des Budgets (rund 5 Milliarden Euro). Dabei ist der gesellschaftliche Nutzen enorm: Studien zeigen einen öffentlichen Mehrwert von bis zu dem Zehnfachen. Dennoch stehen LIFE-Projekte unterfinanziert da. An die bei deren Umsetzung oft zentral beteiligten Umwelt-NGOs fließen im aktuellen MFR EU-weit gerade einmal rund 15 Millionen Euro.

Staatenübergreifende LIFE-Projekte wie PannonEagle sowie das Folgeprojekt WildLIFEcrime (Greifvogelschutz), Danube Free Sky (Schutz für Zugvögel vor Kollisionen mit Stromleitungen und Stromschlägen) oder AMooRe (Moorschutz) zeigen, wie wirkungsvoll Naturschutzmaßnahmen sein können. Ihr Beitrag zu Artenschutz, Klimaschutz, Hochwasserschutz und Trinkwasserschutz ist viel effizienter als die Reparatur durch technische Maßnahmen – und daher letztlich unverzichtbar. Der Verlust der Natur ist nicht nur ein Umweltproblem, sondern auch ein wirtschaftliches, soziales und sicherheitspolitisches. Ohne florierende Ökosysteme würden Europas Nahrungsmittelsysteme, die Wasserversorgung, Infrastruktur und öffentliche Gesundheit weiterhin leiden. Ländliche und städtische Gemeinden würden gleichermaßen mit zunehmender Instabilität konfrontiert sein.

Wiederherstellungsverordnung in Gefahr?

Besonders relevant im MFR ist auch die EU-Wiederherstellungsverordnung (Nature Restoration Law), die 2024 beschlossen wurde. Ihre Umsetzung erfordert zusätzliche Investitionen: Die EU prognostiziert bis 2070 einen Finanzierungsbedarf von 154 Milliarden Euro, dem ein geschätzter öffentlicher Nutzen von 1.860 Milliarden Euro gegenübersteht.

„Das ist ein eindrucksvolles Beispiel für den langfristigen Return-on-Investment naturbasierter Maßnahmen. Uns muss bewusst sein: Wer heute beim Umwelt- und Naturschutz spart, wird morgen die Rechnung mit Zinsen begleichen – in Form von Krisen, Schäden und Verlusten“, so Gábor Wichmann, Geschäftsführer von BirdLife Österreich.

BirdLife Österreich appelliert mit Nachdruck an die politischen Entscheidungsträger:innen: Die Mittel für das LIFE-Programm und die Ländliche Entwicklung innerhalb der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) dürfen keinesfalls gekürzt werden – sie sind zentrale Instrumente für den Schutz von Biodiversität und Klima. Stattdessen braucht es eine gezielte Umschichtung der Mittel: Weg von weitgehend gegenleistungsfreien Direktzahlungen, hin zu effektiven, wissenschaftlich fundierten Maßnahmen, die einen klaren öffentlichen Mehrwert für Umwelt, Gesellschaft und Landwirtschaft bringen. Darüber hinaus sind neben den bestehenden Instrumenten ergänzende Finanzmittel unerlässlich, um die Umsetzung der EU-Wiederherstellungsverordnung sicherzustellen und das darin verankerte Ziel der ökologischen Erneuerung Europas zu erreichen.

„Österreichs Verhandler:innen auf EU-Ebene stehen in der Verantwortung, für eine zukunftsfähige Mittelverteilung unser aller Steuergelder einzutreten. Investitionen in die Natur sind Investitionen in öffentliche Interessen wie die Gesundheit, Sicherheit und Lebensqualität der Menschen. Jetzt ist der Moment, sich für eine ambitionierte, nachhaltige Zukunft einzusetzen!“, so die Forderung von BirdLife Österreich.

Statement von Gábor Wichmann, Geschäftsführer von BirdLife Österreich zu den EU-Budgetverhandlungen: https://youtube.com/shorts/kIRTAPszMA0?si=jQKScDseOzj11W5o

Rückfragen & Kontakt

BirdLife Österreich
Dr. Susanne Schreiner
Telefon: +43 (0) 699 181 555 65
E-Mail: susanne.schreiner@birdlife.at

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