Unaufgeforderte Übermittlung von Dick-Pics wird zum Straftatbestand
Den Beschluss des Eheverbots für Minderjährige und Verwandte bis zum vierten Grad fasste der Nationalrat heute einstimmig. Alle Fraktionen außer die FPÖ stimmten für die Strafbarkeit von unerwünschten Dick-Pics. Sie bezweifelt, dass das Strafrecht dafür das geeignete Mittel ist. Mit Zustimmung von ÖVP, SPÖ, NEOS und Grünen wurden außerdem Anpassungen im EU-Strafrecht vorgenommen, damit die europäischen Strafverfolgungsbehörden schneller Informationen über Verurteilungen von Drittstaatsangehörigen erlangen können.
Eheverbot für Minderjährige und Verwandte bis zum vierten Grad
Zur Bekämpfung von Kinder- und Zwangsehen wird die Eheschließung sowie die Begründung eingetragener Partnerschaften von Unter-18-Jährigen in Österreich künftig rechtlich nicht mehr möglich sein. Bisher gab es vom Eheverbot unter 18 eine Ausnahme ab 16 Jahren, wenn ein Gericht die Person auf Antrag für ehefähig erklärte. Durch die Gesetzesänderungen wird das Eheverbot und das Verbot der eingetragenen Partnerschaft außerdem auf Verwandte bis zum vierten Grad der Seitenlinie ausgeweitet, um etwa Ehen zwischen Cousin und Cousine oder zwischen Neffe oder Nichte und Onkel oder Tante zu verhindern. Wieder eingeführt wird außerdem die Klagebefugnis der Staatsanwaltschaft zur Nichtigerklärung einer Ehe oder eingetragenen Partnerschaft bei fehlender Ehefähigkeit. Das Inkrafttreten ist mit 1. August 2025 vorgesehen.
Justizministerin Anna Sporrer sprach im Plenum von einem wichtigen Reformschritt zur Bekämpfung von Zwangsehen. Die Novelle diene dem Schutz Minderjähriger und der Stärkung des Kindeswohls, wobei auch den internationalen Verpflichtungen der UNICEF nachgekommen werde.
Auch die Abgeordneten Elke Hanel-Torsch (SPÖ), Stephanie Krisper (NEOS) und Johanna Jachs (ÖVP) betonten die Modernisierung des Eherechts hinsichtlich der Bedeutung der Kinderrechte. Im Ministerium sei eine Arbeitsgruppe eingerichtet worden, die sich mit Fällen von im Ausland geschlossenen Ehen beschäftigte, lies Jachs wissen.
Harald Stefan (FPÖ) wertete das Gesetz als eine Reaktion auf die Zuwanderung und meinte bezüglich der Ausweitung des Eheverbots bis zum vierten Grad der Seitenlinie, es würde sich keiner auszusprechen trauen, worum es wirklich gehe. Ihm zufolge handle es sich um eine Ausweitung des Inzestverbots.
Barbara Neßler (Grüne) wies darauf hin, dass das Gesetz bereits unter schwarz-grün ausverhandelt worden sei. Für Alma Zadić (Grüne) ist die Novelle ein wichtiger Schritt zum Schutz des individuellen Rechts auf freie Partnerwahl und ein selbstbestimmtes Leben. Die Festlegung des Mindestalters sei im internationalen Vergleich längst Standard, meinte sie und schlug vor, einen weiteren "offenen Punkt" im Ehegesetz zu reparieren. Bei der Umwandlung von bestehenden Ehen in eingetragene Partnerschaften und umgekehrt müsse ihr zufolge Rechtssicherheit geschaffen werden. Ein entsprechender Entschließungsantrag wurde abgelehnt.
Strafbarkeit von Dick-Pics
Zum Schutz vor sexueller Belästigung wird der Straftatbestand der sexuellen Belästigung im Strafgesetzbuch um die unaufgeforderte Übermittlung von Bildaufnahmen menschlicher Genitalien - sogenannter "Dick-Pics" - erweitert. Die Strafregelung soll Bilder von sowohl männlichen als auch weiblichen primären Geschlechtsorganen umfassen. Bildaufnahmen mit Genitalien in großer Entfernung (wie etwa Strandfotos) sind nicht vom Tatbestand erfasst. Als Strafdrohung ist eine Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten oder eine Geldstrafe von bis zu 360 Tagessätzen vorgesehen, das Inkrafttreten ab 1. September 2025.
"Cyber-Flashing" gehöre zwar gesetzlich sanktioniert, meinte Markus Tschank (FPÖ), der Einsatz des Strafrechtes sei seiner Meinung nach aber nicht gerechtfertigt. Das österreichische Gesetz würde nicht den europarechtlichen Vorgaben entsprechen und der Tatbestand vor allem junge Menschen und somit die Jugendgerichtsbarkeit belasten, kritisierte er.
Es handle sich nicht um einen Scherz unter Jugendlichen, sondern um ein endemisches Phänomen, bei dem betroffene Frauen nicht im Stich gelassen werden sollen, entgegnete Justizministerin Anna Sporrer. Nun gebe es eine Konsequenz wie im analogen Raum, betonte sie. Die Anwendung des Strafrechts sei ihr zufolge nicht überzogen, es gehe um Gleichwertigkeit. Dabei wies die Ministerin auch auf die Möglichkeit der Diversion hin.
Bis jetzt habe man abgesehen von der Unterlassungsklage keine Handhabe gegen diese Form sexueller Gewalt gehabt, zeigte Selma Yildirim (SPÖ) anhand von Beispielen auf. Es sei höchste Zeit für diese Regelungen, andere Länder hätten diese bereits. Es gehe nicht darum zu kriminalisieren, sondern um ein Instrument gegen Machtmissbrauch im Sinne des Gewaltschutzes, so die Mandatarin. Auch ihre SPÖ-Fraktionskolleg:innen Petra Oberrauner und Manfred Sams sehen das Gesetz als einen wichtigen Schritt zum Schutz von vor allem Frauen und Mädchen.
Gudrun Kugler (ÖVP) sprach von "Exhibitionismus im digitalen Raum". Was offline verboten ist, müsse auch online verboten sein, sagte sie. Nur so könne die nächste Generation geschützt werden. Die Regierungsvorlage gebe den Betroffen die Möglichkeit sich zu wehren.
Laut Henrike Brandstötter (NEOS) werde mit dem "Dick-Pick-Paragraph" ein Stück digitale Geschichte geschrieben. Er zeige, dass sich die Gesellschaft weiterentwickelt habe und sich Frauen derartiges nicht mehr gefallen lassen müssen.
Es sei wichtig, dass diese Form der Belästigung nicht länger bagatellisiert werde, sagte Alma Zadić (Grüne). 60 % der Frauen seien schon einmal online belästigt worden, unter anderem durch unerwünschte Bilder. Sie befürwortete das Gesetz im Namen ihrer Fraktion und sprach sich für ein weiteres Zeichen zum Schutz der Frauen aus; das Konsensprinzip. Der entsprechende Entschließungsantrag, um "nur ja heißt ja" im Sexualstrafrecht zu verankern wurde abgelehnt.
EU-weite Zusammenarbeit von Strafrechtsbehörden
Mit dem " Strafrechtlichen EU-Anpassungsgesetz 2025 " soll die grenzüberschreitende Zusammenarbeit innerhalb der EU weiter verbessert und den Strafverfolgungsbehörden ermöglicht werden, schneller und effizienter Informationen über Verurteilungen von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen zu erlangen, da bei ihnen oft keine verlässlichen Identitätsdokumente vorliegen. Vorgesehen ist die Einrichtung eines zentralisierten Systems "ECRIS-TCN" (Europäisches Strafregisterinformationssystem - Drittstaatsangehörige) mitsamt eindeutiger Identifizierungsmöglichkeit durch Speicherung von Fingerabdrücken. Auf nationaler Ebene sind dafür datenschutzrechtliche Rechtsgrundlagen erforderlich.
Die Freiheitlichen verwehren sich gegen diese Änderungen, da sie einen Kompetenzverfall der österreichischen Justiz befürchten, wie Christian Ragger (FPÖ) ausführte. Die Kompetenzen Österreichs würden reduziert werden, meinte er. Muna Duzdar (SPÖ) widersprach. Es mache Sinn, dass die Behörden zusammenarbeiten. Die nationale Justiz werde damit unterstützt. Der bessere Zugang zu den Daten sei im Interesse der Bürger:innen, so Duzdar. Es sei ein Schritt hin zu europaweitem Strafrechtsschutz. Auch Jakob Grüner (ÖVP) betonte, dass die europaweite Zusammenarbeit und damit die Sicherheit gestärkt und vereinfacht werde.
Da Kriminalität nicht vor Landesgrenzen halt mache, brauche es die verstärkte europäische Zusammenarbeit, meinte Alma Zadić (Grüne), auch wenn die nationale Umsetzung rechtlich komplex sei. Sie sprach sich in diesem Zusammenhang für kostenlose Strafregisterauszüge aus, der Entschließungsantrag wurde aber abgelehnt.
Die Regierungsvorlage bringe das nationale Recht auf den aktuellen Stand unionsrechtlicher Vorgaben und erhöhe die Verlässlichkeit grenzüberschreitender Strafsachen, erklärte Justizministerin Anna Sporrer. Sie kam auch auf die kürzlich angekündigte Einrichtung einer Bundesstaatsanwaltschaft beziehungsweise Generalstaatsanwaltschaft zu sprechen. Auf den Namen gelte es sich noch zu einigen, lies sie wissen. Es gehe darum, den politischen Einfluss auf Strafverfahren hintanzuhalten und das Vertrauen der Bevölkerung in den Strafvollzug zu gewährleisten. Um einen möglichst breiten Konsens zu erwirken lud sie alle Fraktionen dazu ein, sich an dem Diskussionsprozess zum Umbau der Strukturen der Justiz zu beteiligen. (Fortsetzung Nationalrat) fan
HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.
Rückfragen & Kontakt
Pressedienst der Parlamentsdirektion
Parlamentskorrespondenz
Tel. +43 1 40110/2272
pressedienst@parlament.gv.at
www.parlament.gv.at/Parlamentskorrespondenz
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | NPA