• 10.07.2025, 18:02:04
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  • OTS0134

Nationalrat: Grüne fordern grundlegende Wende im Waffenrecht

Dringlicher Antrag verlangt "Freiheit von Waffen"; Karner verweist auf bereits gesetzte Maßnahmen und kommende umfassende Novelle

Wien (PK) - 

Wien (PK) - Der Amoklauf an einer Schule in Graz im Juni 2025 sei "trotz der Unfassbarkeit dieser schrecklichen Tat" kein Einzelfall, argumentieren die Grünen in einem Dringlichen Antrag, mit dem sie heute das Thema Waffengesetz auf die Agenda des Nationalrats setzten. Immer wieder sei von Angriffen mit Schusswaffen zu lesen. Deren Einsatz in Konflikten steigere das Risiko eines tödlichen Ausgangs erheblich, verweisen die Antragsteller:innen auf Studien insbesondere zu Femiziden. Noch dazu sei die Zahl der mit legalen Schusswaffen verübten und versuchten Morde in den letzten Jahren drastisch angestiegen: Sei 2010 bis 2016 nur rund jede vierte dieser Taten mit legal besessenen Schusswaffen verübt worden, sei dieser Anteil zwischen 2017 und 2020 bereits bei 46,6 % gelegen. Im Zusammenspiel mit dem allgemein zu beobachtenden Kaufanstieg von

Schusswaffen in Österreich auf rund 1,5 Mio. registrierungspflichtige Waffen (+ 70 % in den letzten zehn Jahren) ergebe sich laut Grüne ein "dramatisches Bild".

Vor diesem Hintergrund sprechen sich die Grünen für eine "Umkehr des Prinzips des Waffenbesitzes" aus. Habe bisher ein Waffenverbot als Ausnahme gegolten, solle zukünftig der Waffenbesitz die Ausnahme bilden. Ziel sei eine Gesellschaft, die auf eine "Freiheit von Waffen" hinarbeite. Konkret fordern die Antragsteller:innen, dass es nur in gesetzlich definierten Fällen erlaubt werden soll, eine Waffe zu erwerben - etwa für Jäger:innen oder Sportschütz:innen. Die psychologischen Verlässlichkeitsprüfungen seien zu verbessern, auf Kategorie C-Waffen (z.B. Flinten) und lnhaber:innen von Jagdkarten auszudehnen sowie alle fünf Jahre zu wiederholen. Zudem sollen laut Antrag zur Verbesserung des Gewaltschutzes Maßnahmen zur anonymen Rückgabe von Schusswaffen geschaffen und bestehende Lücken beim Datenaustausch zwischen Behörden geschlossen werden.

Gewessler kritisiert Vorschläge der Bundesregierung als "kosmetisch"

Im Plenum zählte die grüne Klubobfrau und Antragstellerin Leonore Gewessler einige Schlagzeilen zu Fällen von Waffengewalt auf und konstatierte, dass man ob ihrer großen Anzahl bereits "abstumpfe". Es sei "schmerzlich und traurig", dass über ein restriktiveres Waffenrecht immer erst dann diskutiert werde, wenn einer dieser Vorfälle "nicht glimpflich ausgeht". Der besonders grausame Amoklauf in Graz habe nun dazu geführt, dass sich die gesamte Bundesregierung zu einer Verschärfung des "viel zu laschen Waffengesetzes" bekannt habe, was Gewessler als positiv bewertete. Weniger positiv beurteilte sie, welche Vorschläge schließlich von der Bunderegierung vorgelegt worden seien. Dabei handle es sich großteils um "kosmetische Korrekturen". So solle etwa zwar das Alterslimit für den Waffenerwerb erhöht werden, jedoch nicht bei Kategorie-C Waffen, die etwa die Hälfte des Waffenbestandes ausmachten.

Gewessler sei klar, dass keine Maßnahme garantieren könne, dass Taten wie jene in Graz immer verhindert werden könnten. Trotzdem dürfe man nicht "die Augen davor verschließen", wenn Lücken im Waffengesetz solche erleichtern würden. Es sei nicht deutlich schwerer ein Gewehr zu kaufen, "als eine Flasche Schnaps" - auf ersteres müsse nur "lächerliche drei Tage" gewartet werden. Gewessler warf der Bunderegierung vor, im Vergleich zur Umsetzung der Messenger-Überwachung bei der Verschärfung des Waffenrechts "zaghaft" zu agieren. Es brauche jedoch ambitioniertere Vorstöße und die "verquere Logik" des Waffenrechts müsse wieder "vom Kopf auf die Beine gestellt" werden. Der Waffenbesitz solle laut Gewessler nicht mehr der Normalzustand, sondern zur "absoluten Ausnahme" werden, die gut zu begründen sei. So könne abseits von Jäger:innen oder Sportschütz:innen rund die Hälfte des privaten Waffenbestandes "ins Visier genommen" werden. Gewessler ging auch auf die weiteren Forderungen im Antrag ein und plädierte an die Bundesregierung, ihre Ankündigung, das Waffenrecht zu verschärfen, auch ernst zu nehmen.

Karner zu Novelle des Waffengesetzes: Was angekündigt wurde, wird auch umgesetzt

Innenminister Karner zeigte Verständnis für den Dringlichen Antrag der Grünen und die "Ungeduld" vieler, was die Verschärfung des Waffenrechts angehe. Auch für die Bundesregierung sei in Folge des Amoklaufs in Graz schnell klar gewesen, dass "nach diesem Wahnsinn nicht zur Tagesordnung übergegangen" werden könne. Dies habe sie in der Regierungserklärung kurz danach auch geäußert und zwei Tage später seien bereits im Rahmen eines Ministerratsvortrags konkrete Maßnahmen festgelegt worden, berichtete Karner. Diese zielten auf strengere Voraussetzungen für den Waffenerwerb, präzisere Kontrollen und eine intensivere Zusammenarbeit der Behörden. Konkret solle etwa die psychologische Zuverlässigkeitsprüfung durch ein mehrstufiges Anamnesegespräch "deutlich verschärft", ein höheres Mindestalter für den privaten Waffenkauf eingeführt, neu ausgestellte Waffenbesitzkarten befristet und die Waffenkategorisierungen evaluiert werden.

Schließlich habe die Koalition am gestrigen Sitzungstag bereits einen Initiativantrag mit konkreten Umsetzungsschritten eingebracht, berichtete Karner. Demnach soll die sogenannte Abkühlungsphase beim Waffenkauf von drei Tagen auf vier Wochen verlängert und der Datenaustausch zwischen der Stellungskommission und der zuständigen Waffenbehörde verbessert werden. Was angekündigt wurde, werde also auch umgesetzt, so Karner. Eine umfassende Novelle des Waffengesetzes sei jedoch in der kurzen Zeit seit dem Amoklauf "auch mit den besten Juristen der Welt" nicht möglich - dies sollten auch die Grünen in ihrer Zeit der Regierungsverantwortung gelernt haben. Den Vergleich Gewesslers zwischen einer Verschärfung des Waffenrechts und der Messenger-Überwachung bezeichnete Karner als "abenteuerlich", da über letztere sechs Jahre diskutiert worden sei. So lange werde die Reform des Waffengesetzes "keinesfalls" brauchen. Die Bundesregierung werde bei allem Verständnis für die Ungeduld auch in dieser Frage "ordentlich, nachhaltig und mit der notwendigen Konsequenz" vorgehen, erklärte der Innenminister. (Fortsetzung Nationalrat) wit

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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