- 10.07.2025, 14:01:33
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Nationalrat behandelt Volksbegehren zu Lebensmittelverschwendung und Atomkraft
Einhellige Zustimmung für Maßnahmen zur weiteren Reduktion von Lebensmittelverschwendung
Zwei Volksbegehren wurden heute vom Nationalrat abschließend beraten. Beide Initiativen hatten die Hürde von zumindest 100.000 Unterschriften zur Behandlung im Hohen Haus erreicht. Konkret betrifft das die Anliegen und Forderungen des Volksbegehrens "Essen nicht wegwerfen!". Dabei herrschte unter den Abgeordneten Einigkeit über den Bedarf zur weiteren Reduktion von Lebensmittelverschwendung. So wurde ein von den Koalitionsparteien eingebrachter Entschließungsantrag einstimmig angenommen. Darin wird die Regierung unter anderen ersucht, bestehende Maßnahmen gegen Lebensmittelverschwendung zu evaluieren und gegebenenfalls anzupassen. Trotz Zustimmung kam dazu von Seiten der FPÖ und der Grünen Kritik. Diese vermissten die Formulierung konkreter Maßnahmen und Vorschläge.
Im Rahmen der Diskussion über das "Nein zu Atomkraft-Greenwashing" Volksbegehren waren sich die Abgeordneten zudem über die Ablehnung der Kernenergie einig. Beide Initiativen wurden vom Nationalrat einstimmig zur Kenntnis genommen.
Volksbegehren "Essen nicht wegwerfen!"
Abschließend beraten wurde über das Volksbegehren "Essen nicht wegwerfen!", das von insgesamt 126.767 Personen und somit 2 % der Stimmberechtigten unterstützt wurde. Dieses fordert nach dem Vorbild von Frankreich, Italien und Tschechien strenge Gesetze zur Bekämpfung von Lebensmittelverschwendung. Damit sollen nicht mehr verkaufsfähige, aber noch genießbare Lebensmittel verpflichtend an gemeinnützige Organisationen gespendet werden.
Einigkeit unter den Abgeordneten herrschte über den Bedarf zur weiteren Reduktion von Lebensmittelverschwendung. In einem einstimmig angenommenen Entschließungsantrag wird die Regierung ersucht, bestehende Maßnahmen zu evaluieren sowie Maßnahmen aus anderen Ländern auf ihre Wirksamkeit und Anwendbarkeit zu prüfen. Zudem soll ein "Aktionsplan nachhaltige öffentliche Beschaffung" Lebensmittelabfälle reduzieren.
Das Thema der Lebensmittelverschwendung habe man schon länger "am Tableau", den "großen Durchbruch" habe man aber bisher nicht erreicht, kritisierte Peter Schmiedlechner (FPÖ). Auch der von der Dreierkoalition vorgelegte Antrag beinhalte keine konkreten Maßnahmen und Vorschläge, um die Bevölkerung, die Lebensmittelindustrie und den Handel in die Pflicht zu nehmen. Dem schloss sich FPÖ-Mandatar Thomas Spalt an. Obwohl es seitens der FPÖ Zustimmung gebe, handle es sich bei dem Antrag um "inhaltsleere Showpolitik". Die Regierungsparteien hätten es in den vergangenen vier Monaten nicht geschafft, in diesem "wichtigen Bereich" Maßnahmen zu setzen. Die Reduktion der Lebensmittelverschwendung sei ein "Gebot der Vernunft und der Verantwortung gegenüber den Bauern und der Umwelt". Da sich bei der Verschwendung in den letzten zehn Jahren nichts geändert habe, sprach sich Peter Wurm (FPÖ) dafür aus, die Regeln auf nationaler sowie auf EU-Ebene zu ändern. Da mehr als die Hälfte der Lebensmittelverschwendung auf die Privathaushalte zurückzuführen sei, müsse man Kindern wieder beibringen, was Lebensmittel bedeuten und was man damit machen kann, so Wurm.
In eine ähnliche Kerbe schlug Olga Voglauer (Grüne). Evaluieren sei "eindeutig zu wenig", es gehe darum, dass die Bundesregierung Maßnahmen gegen die Verschwendung setze. In diesem Sinne sei es auch nicht gerechtfertigt, dass Menschen die Lebensmittel durch sogenanntes "Dumpstern" retten, nicht "vor dem Bezirksrichter landen", so die Grünen-Mandatarin.
Das Thema Lebensmittelverschwendung brenne vielen Menschen "unter den Nägeln", betonte Martina Diesner-Wais (ÖVP). Es sei unverständlich und schmerzvoll, wenn Lebensmittel einfach weggeworfen werden würden. In den letzten Jahren habe man jedoch konkrete Maßnahmen gesetzt, wie etwa die Umsatzsteuerbefreiung für gespendete Lebensmittel. Das sah Carina Reiter (ÖVP) ähnlich, die auf die Transparenzpflicht für Lebensmittelhändler bei der Entsorgung und Spendentätigkeit sowie auf die digitale Lebensmitteldrehscheibe "Kostbar Markt" verwies. Diese soll als Brücke zwischen überschüssigen Lebensmitteln aus Landwirtschaft und Produktion und den sozialen Einrichtungen fungieren.
Obwohl sich viele Familien den täglichen Einkauf schwer leisten könnten, würden jährlich rund 600.000 Tonnen Lebensmittel in Österreich weggeworfen, zeigte sich Julia Elisabeth Herr (SPÖ) alarmiert. Dabei handle es sich neben der sozialen auch um eine ökologische Frage. Mit dem Antrag wolle man als öffentliche Hand vorangehen, evaluieren und nachschärfen. Lebensmittel wegzuwerfen sei "eine der größten Verschwendungen unserer Zeit", unterstrich Franz Jantscher (SPÖ). So gebe es etwa bei der Transparenz in der Produktion und im Handel sowie bei der Wertschätzung der Konsument:innen noch "Luft nach oben". Der SPÖ-Abgeordnete appellierte dabei an die Eigenverantwortung der Menschen. Antonio Della Rossa (SPÖ) sprach sich für die Einführung von verbindlichen Reduktionszielen "vom Acker bis zum Teller" aus. Zudem sei ein "Anti-Wegwerf-Gesetz für Tierprodukte" anzudenken.
Auch für NEOS-Abgeordnete Ines Holzegger (NEOS) braucht es Maßnahmen gegen die Lebensmittelverschwendung. Holzegger plädierte für einfache, unbürokratische und nachhaltige Lösungen. So könne etwa die Digitalisierung ein Schlüssel für die bessere Verteilung zwischen Händlern, Erzeugern und sozialen Organisationen sein.
Volksbegehren "Nein zu Atomkraft-Greenwashing"
Ein weiteres, von insgesamt 105.955 Menschen (1,67 % der Stimmberechtigen) unterstütztes, Volksbegehren wendet sich dagegen, Atomstrom auf EU-Ebene als nachhaltige Energieform anzuerkennen. Investitionen in erneuerbare Energien würden mit jenen in Atomkraft gleichgestellt, kritisieren die Initiator:innen. Damit werde aber das Ziel der EU-Taxonomie-Verordnung, Gelder in Bereiche zu lenken, die der Erreichung der Umweltziele dienen, falsch umgesetzt.
Alexander Petschnig (FPÖ) begrüßte die parteiübergreifende Ablehnung der Atomkraft in Österreich. Den Ausbau der Kernkraft in Europa wertete der FPÖ-Mandatar jedoch als Kehrseite der in den letzten Jahren vorangetriebenen Forcierung von erneuerbarer Energie. Der Bau von Atomkraftwerken passiere nicht aus Überzeugung sondern sei von der Energiewende und dem Green Deal "provoziert". Dem schloss sich Paul Hammerl (FPÖ) an, der das mit dem Volksbegehren zum Ausdruck gebrachte "deutliche Nein" zur Atomkraft begrüßte. Es brauche aber einen "ehrlichen Blick" auf die Energieversorgung in Europa. Hammerl ortete eine Diskrepanz zwischen den Klimazielen 2040 und der bis dahin prognostizierten Verdoppelung des Stromverbrauchs. Zudem stelle die geplante Ausweitung der CO2-Bepreisung auf die thermische Abfallverwertung eine Verteuerung für die Konsument:innen dar.
Er unterstütze das Anliegen, dass Atomkraft nicht als nachhaltige Energieform im Rahmen der EU-Taxonomie-Verordnung eingestuft werden dürfe, betonte Friedrich Ofenauer (ÖVP). Nichts abgewinnen konnte der ÖVP-Abgeordnete aber der im Volksbegehren formulierten Ansicht, dass man durch ein nationales Bundesverfassungsgesetz die nachhaltige Einstufung der Atomkraft auf europäischer Ebene verhindern könne. Österreich habe bereits dagegen geklagt, man wolle nun vorerst die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) abwarten.
Dem schloss sich Roland Baumann (SPÖ) an. Ein Urteil werde für dieses Jahr erwartet. Es gehe grundsätzlich darum, nachfolgenden Generationen einen intakten Planeten zu hinterlassen. Bei zu geringem Ausbau erneuerbarer Energien bleibe aber nichts anderes übrig, als Atomstrom aus dem Ausland zu importieren. Mit dem "Greenwashing" auf EU-Ebene werde ein "gefährlicher Anreiz" für den Ausbau der Atomenergie geschaffen und große Atomkonzerne anstatt dem Ausbau erneuerbarer Energien gefördert, zeigte sich Peter Manfred Harrer (SPÖ) besorgt.
Michael Bernhard (NEOS) teilte die inhaltlichen Anliegen des Volksbegehrens. Österreich wolle im Inland und in Grenznähe keine Atomkraftwerke oder Endlager. Zudem dürfe Kernenergie nicht als "grüne Energie" gelten.
Es dürfe nicht gelingen, "dass die Atomkraft mit billigem Etikettenschwindel ein Comeback feiert", unterstrich Grünen-Klubobfrau Leonore Gewessler. Zudem bremse die Kernenergie das Voranschreiten der Energiewende und binde "Milliarden an Finanzmittel". Das Volksbegehren sei ein Auftrag, Österreichs Klage vor dem EuGH "mit voller Vehemenz" weiterzuführen. (Fortsetzung Nationalrat) med
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