FPÖ-Anträge gegen Ukraine-Unterstützung und Sky Shield abgelehnt
Am Ende des heutigen Plenartags widmeten sich die Abgeordneten der Landesverteidigung und ihren Herausforderungen im Kontext der aktuellen Sicherheitslage. Der Landesverteidigungsbericht 20024/2025 zeichnet dahingehend ein weiterhin angespanntes Lagebild. Zwar zeigten die bereits gesetzten Reform- und Aufbaumaßnahmen bereits Erfolge, doch bleibe die derzeitige Einsatzfähigkeit des Bundesheeres eingeschränkt. Die schwierige Personalsituation stelle nach wie vor die zentrale Problematik dar. Die vom Verteidigungsministerium ergriffenen Maßnahmen zu Personalgewinnung und -bindung seien laut Bericht "weitgehend ausgereizt", zusätzliche Anreize - insbesondere im Besoldungsbereich - lägen nicht mehr im Verantwortungsbereich des Ressorts.
Die Personalfrage war auch das Hauptthema in der Plenardebatte. Sowohl die Regierungsparteien als auch die Oppositionsfraktionen sahen dahingehend dringenden Handlungsbedarf und nannten jeweils aus ihrer Sicht notwendige Maßnahmen. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner zeigte sich erfreut über den parteiübergreifenden Konsens über die Notwendigkeit der Stärkung des Bundesheeres.
Ebenfalls zur Debatte standen zwei Entschließungsanträge der Freiheitlichen, die bereits vom Verteidigungsausschuss abgelehnt wurden und auch heute im Plenum keine Mehrheit fanden - einzig die Freiheitlichen stimmten dafür. Darin fordern sie einerseits die Einstellung der Zahlungen an die "Kriegspartei Ukraine" über die Europäische Friedensfazilität. Begründet wird dies im Antrag mit der angespannten budgetären Lage Österreichs und neutralitätsrechtlichen Bedenken (266/A(E)).
Letztere hegt die FPÖ auch gegenüber der European Sky Shield Initiative (ESSI), da diese nicht nur eine Beschaffungsplattform, sondern auch "fest in die Strukturen des NATO-Militärbündnisses verankert" sei. Daher fordert die FPÖ in einem weiteren Entschließungsantrag, die Teilnahme an Sky Shield nicht weiterzuverfolgen und alle bisherigen Vereinbarungen aufzukündigen (180/A(E)).
FPÖ über Personalmangel und neutralitätsrechtliche Bedenken
Die Befähigung des Bundesheeres, Österreich gegen jeden militärischen Angriff zu verteidigen, sei zwar ein unterstützenswertes Ziel, bleibe jedoch gegenwärtig ein "frommer Wunsch ans Christkind", konstatierte FPÖ-Abgeordneter Volker Reifenberger. Wenn Verteidigungsministerin Tanner dieses Ziel wirklich erreichen wolle, müsste sie daran arbeiten, den Mobilmachungsrahmen von 55.000 Soldat:innen zu vervierfachen, den Grundwehrdienst verlängern und verpflichtende Milizübungen wiedereinführen. Zudem sei die Besoldung dem Niveau des zivilen Arbeitsmarktes anzupassen und die akademische Ausbildung von Offizieren auch finanziell anzuerkennen, forderte Reifenberger. Nur durch genügend Personal könnten die budgetär vorhandenen "PS auf den Boden gebracht werden".
Auf den Personalmangel als "Achillesferse" des Bundesheeres ging auch Christian Schandor (FPÖ) ein. Um diesem zu begegnen, benötige es "nationale Entschlossenheit und gesellschaftliche Rückendeckung" aber auch eine Kompensation des Investitionsrückstaus in die Infrastruktur. Kritisch sah Schandor dahingehend, dass das Verteidigungsbudget 2025 und 2026 nur knapp über 1 % des Bruttoinlandsprodukts liege.
Sein Fraktionskollege Gerhard Kaniak betonte, dass sich die FPÖ angesichts der modernen Formen der Gefechtsführung zum Aufbau der Fähigkeiten in der Luftabwehr bekenne, jedoch auch zur Wahrung der Neutralität. Darum wende sie sich gegen einen Beitritt zur ESSI, der laut zweier völkerrechtlicher Gutachten neutralitätswidrig sei. Nicht nur die Beschaffung, sondern auch der Betrieb der Luftabwehrsysteme würde dabei gemeinsam mit der NATO erfolgen, so Kaniak.
Auch bei den Zahlungen an die "Kriegspartei Ukraine" könne die FPÖ als "Hüterin der Neutralität nur dagegen sein", ergänzte Axel Kassegger (FPÖ). Es handle sich bei der Europäischen Friedensfazilität um eine "Vervollkommnung der Schuldenunion", die trotz Sparzwanges mit Sonderfinanzierungen in Milliardenhöhe gefüllt werde. Auch aufgrund der Handlungen von Außenministerin Beate Meinl-Reisinger, die etwa ihren ersten Auslandsbesuch als Außenministerin in der Ukraine abgehalten habe, werde Österreich von der Staatengemeinschaft hinsichtlich seiner Neutralität als nicht besonders glaubwürdig wahrgenommen, erklärte Kassegger.
Grüne wollen Investitionen in Menschen, nicht nur in Metall
Prinzipiell befinde sich das Bundesheer - auch aufgrund der Initiativen der vorangegangenen Bundesregierung - auf einem "guten Weg", konstatierte Grünen-Abgeordneter David Stögmüller. Insbesondere im Bereich des Personals seien jedoch viele Chancen versäumt worden. Dass die geburtenstarken Jahrgänge nun in Pension gingen, sei "keine Überraschung" und es brauche "mehr Investitionen in Menschen, nicht nur in Metall". Austrittsbefragungen hätten ergeben, dass neben der Besoldung auch das Arbeitsumfeld und insbesondere die Vereinbarkeit von Beruf und Familie einen wesentlichen Problembereich darstellten, erklärt Stögmüller. Hier sei nicht genug investiert worden. Stögmüller regte im Sinne der Personalgewinnug auch eine "Weiterentwicklung der Unternehmenskultur" an, was etwa den Umgang mit LGBTIQ+-Personen betreffe sowie die Beendigung von Assistenzeinsätzen, die Erhöhung der Gehälter von Grundwehrdienern und die Renovierung der Kasernen.
Meri Disoski (Grüne) stieß sich vor allem an den Initiativen der Freiheitlichen - laut ihr "zwei von vielen Putin-freundlichen Initiativen" der FPÖ. Angesichts der "täglichen brutalen Angriffe Russlands" auch auf zivile Ziele brauche die Ukraine dringend Unterstützung, die Zahlungen an die Europäische Friedensfazilität seien dabei "keineswegs" neutralitätswidrig. Neben der Unterstützung der Ukraine müsse jedoch auch dafür gesorgt werden, dass kein Geld mehr in die "russische Kriegskasse" fließe, betonte Disoski. Daher brachte sie im Zuge der Debatte einen Entschließungsantrag ein, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, Vorschläge der Europäischen Kommission zu unterstützen, wonach russische Energieimporte bis spätestens 2027 komplett und ohne Befristung eingestellt werden sollen. Nur die Grünen stimmten für den Antrag, er blieb in der Minderheit.
Koalition sieht Wiederaufbau des Bundesheeres trotz Herausforderungen auf gutem Weg
Vor genau 50 Jahren sei die Umfassende Landesverteidigung in der Bundesverfassung verankert worden und ihre Bedeutung sei heute "aktueller denn je", erklärte ÖVP-Mandatar Friedrich Ofenauer. Das öffentlich Bewusstsein für diese sei in den letzten Jahrzehnten "etwas erodiert", doch Verteidigungsministerin Tanner habe dahingehend einen "Paradigmenwechsel" eingeleitet. Es herrsche nun auch im Parlament ein "breiter Konsens" darüber, dass das Bundeheer mit ausreichend Budgetmittel auszustatten sei, damit Österreich verteidigungsfähig werde. Doch auch Tanner sei "keine Zauberin" und könne die Versäumnisse von Jahrzehnten nicht in wenigen Jahren kompensieren. Von den notwendigen Beschaffungen und der europäischen Kooperation in der Verteidigungsindustrie profitiere auch die österreichische Wirtschaft, so Ofenauer.
Michael Hammer und Maria Neumann (beide ÖVP) zeigten sich erfreut darüber, dass laut Verteidigungsbericht der Aufbauplan des Bundesheeres mit dem veranschlagten Budget in den nächsten beiden Jahren weiter umgesetzt werden könne. Hammer warf der FPÖ vor, das "russische Narrativ" zu reproduzieren. Neumann lastete Stögmüller an, dass dieser den Zustand des Bundesheeres "schlecht redet", was als "self-fulfilling prophecy" wirken könnte. Manfred Hofinger (ÖVP) sprach hingegen von einem "Erfolgsbericht" und zählte eine Reihe an Investitionen auf.
Eher als "Warnsignal" interpretierte Robert Laimer (SPÖ) den Landesverteidigungsbericht. Auch wenn der Aufbau des Bundesheeres sich auf einem "guten Weg" befinde, zeige er, dass Österreichs militärische Verteidigungsfähigkeit derzeit nicht ausreichend gegeben sei. Dies liege vor allem an der Personalsituation. Laimer nannte einige aus seiner Sicht zu setzende Maßnahmen in diesem Bereich ein und plädierte dafür, dass das Verteidigungsministerium auch die Personalhoheit erhalte. Zudem betonte er die Bedeutung von Auslandseinsätzen etwa im Rahmen der EU, der UN und der OSZE zur Erhaltung der Stabilität im Umfeld Europas.
Petra Oberrauner (SPÖ) wandte sich gegen die Initiativen der FPÖ und sprach etwa hinsichtlich Sky Shield von einer "aktiven Verteidigung der Neutralität", zu der sich auch die Schweiz als ebenfalls neutrales Land bekannt habe. Petra Tanzler (SPÖ) plädierte dafür, angesichts der Personalproblematik das Potenzial der Frauen für das Bundesheer besser auszunutzen. Ihr Fraktionskollege Paul Stich sprach von der Notwendigkeit, jenen weltpolitischen Akteuren entgegenzutreten, die Krieg als zulässiges Mittel der Geopolitik ansähen.
Österreich habe sich zu lange "zu isoliert betrachtet", während seine Nachbarn begonnen hätten, etwa in der Beschaffung zu kooperieren, erklärte Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS). Die Bedeutung der europäischen Zusammenarbeit zu missachten wäre eine "sicherheitspolitischen Bankrotterklärung". Die FPÖ sei dahingehend noch nicht "in der Realität angekommen" und wolle Österreich "einem Diktator ausliefern" , so Hoyos-Trauttmansdorff
Tanner erfreut über weitgehende Konsens über Stärkung des Bundesheeres
Die Wortmeldungen der Abgeordneten hätten gezeigt, dass bezüglich der budgetären und personellen Stärkung des Bundesheeres "über alle Parteigrenzen hinweg" ein weitgehender Konsens herrsche, zeigte sich Verteidigungsministerin Tanner erfreut. Die "gemeinsamen Kraftanstrengungen" zur Umsetzung der Umfassenden Landesverteidigung würden "am Ende des Tages" auch ans Ziel führen. Tanner nahm eine Wendung Christian Schandors (FPÖ) auf und betonte ebenfalls die Bedeutung "nationaler Entschlossenheit. Gegenüber David Stögmüller erklärte sie, dass das "Schlechtreden" des Bundesheeres nicht dazu beitragen werde, die Versäumnisse von Jahrzehnten aufzuholen. Es gebe bereits einige positive Entwicklungen. So hätten sich etwa die vorzeitigen Abgänge bereits um 74 % verringert, berichtete Tanner. (Schluss Nationalrat) wit
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