Novelle zur Transparenzdatenbank und 139 weitere Gesetzesanpassungen zur Informationsfreiheit beschlossen
Staatliche Förderungen, die nicht an Privatpersonen gehen, werden ab September bereits ab einem Schwellenwert von 1.500 Ꞓ in der Transparenzdatenbank veröffentlicht. Diese Änderung im Transparenzdatenbankgesetz ist Teil einer umfangreichen Sammelnovelle mit Anpassungen in 138 Gesetzen an das neue Informationsfreiheitsgesetz, das am 1. September in Kraft tritt. Beschlossen hat heute der Nationalrat diese Sammelnovelle mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und NEOS. Mitberücksichtigt wurde ein Abänderungsantrag mit redaktionellen Anpassungen; für diese Teile stimmten in Zweiter Lesung auch die Grünen. Für zwei aus dem Paket getrennt dazu vorgelegte Novellen stimmten ebenfalls die Abgeordneten der Dreierkoalition und der Grünen. Für die entsprechenden Änderungen zum Bankwesengesetz wurde damit auch die dafür erforderliche Zweidrittelmehrheit erreicht. Die Änderung des Bildungsdirektionen-Einrichtungsgesetzes bedarf vor der Kundmachung noch der Zustimmung der Länder.
Ein in der Sitzung eingebrachter Entschließungsantrag der Grünen, mit dem sie für Akten aus dem Staatsarchiv ebenso Anpassungen im Sinn der Informationsfreiheit fordern, blieb in der Minderheit. Die Rechtslage, wonach Akten, die in Ministerien entstehen, nur mit Zustimmung der ehemaligen Amtsträger:innen eingesehen werden könnten, seien mit dem Gedanken einer offenen und modernen Verwaltung nicht in Einklang zu bringen, so die Grünen.
Mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, NEOS und Grünen befürworteten die Abgeordneten außerdem ein neues Datenzugangsgesetz. Es soll Forscher:innen und Unternehmen den Zugang zu geschützten öffentlichen Daten erleichtern.
Anpassung von zahlreichen Gesetzen an das neue Grundrecht auf Information
Im Vorfeld des Inkrafttretens des Informationsfreiheitsgesetzes am 1. September sollen die vielzähligen Gesetze an die neue Rechtslage angepasst werden, angefangen vom Amtshaftungsgesetz über das Epidemiegesetz bis hin zum Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz. Vorrangig geht es dabei darum, den Begriff der Amtsverschwiegenheit aus den einzelnen Gesetzen zu streichen und die neuen verfassungsgesetzlichen Vorgaben zu implementieren. In diesem Zusammenhang werden auch einzelne Berichtspflichten neu geregelt und datenschutzrechtliche Bestimmungen angepasst. An geltenden Verschwiegenheitspflichten - etwa für Ärzt:innen oder Rechtsanwält:innen - wird nicht gerüttelt.
Größere Änderungen sieht das Gesetzespaket im Transparenzdatenbankgesetz vor. So ist vorgesehen, ab September im Transparenzportal alle staatlichen Förderungen, die nicht an Privatpersonen gehen, öffentlich zugänglich zu machen, sofern sie über dem Schwellenwert von 1.500 Ꞓ liegen. Förderungen würden aus Steuergeldern finanziert, und das Interesse der Allgemeinheit an transparenter Information sei höher zu bewerten als persönliche Interessen von Subventionsempfängern auf Geheimhaltung, wird dieser Schritt begründet. Zudem ist geplant, den Datenbestand der Datenbank um Steuererleichterungen aller Art zu erweitern. Ebenso wird eine Weitergabe von Daten bei Verdacht auf Fördermissbrauch gestattet.
Im Strafgesetzbuch wird der Straftatbestand "Verletzung des Amtsgeheimnisses" durch die neue Strafbestimmung "Verletzung einer Pflicht zur Geheimhaltung" ersetzt, wobei die Strafdrohung mit bis zu drei Jahren dieselbe bleibt. Per Ausschussfeststellung war dabei klargestellt worden, dass, wenn ein Beamter bzw. eine Beamtin nachvollziehbar zwischen Informationsinteresse und berechtigtem Geheimhaltungsinteresse abgewogen hat und das dokumentiert wurde, im Zweifelsfall nicht von einem Vorsatz auszugehen ist. Auch einige nicht mit der Informationsfreiheit in Zusammenhang stehende Vorhaben enthält die umfangreiche Sammelnovelle: So sollen Pflegschaftsgerichte künftig wieder verpflichtend über die Einleitung strafrechtlicher Ermittlungsverfahren informiert und der Quereinstieg in landwirtschaftliche Schulen ermöglicht werden.
Pröll: Anpassung aller Materien, in denen Amtsverschwiegenheit verankert war
Staatsekretär Alexander Pröll sprach von einem Meilenstein, da mit dem Informationsfreiheitsgesetz am 1. September an die Stelle der bisherige Amtsverschwiegenheit die proaktive und antragsbezogene Informationspflicht trete. Mit der Sammelnovelle würden nunmehr alle Materien angepasst, in denen die Amtsverschwiegenheit verankert war. Geheimhaltungsinteressen gebe es künftig nur dort, wo sie zwingend erforderlich und verfassungsrechtlich klar definiert seien. Man setze mit diesen Maßnahmen ein Zeichen für Transparenz, für ein ausgewogenes Verhältnis und für einen bürgernahen und modernen Staat.
Michael Schilchegger (FPÖ) zufolge würden sich die Freiheitlichen zum Kerngedanken der Informationsfreiheit bekennen, unterstützten diesen "Gesetzesmurks" allerdings nicht. Denn aus seiner Sicht bestehe das Amtsgeheimnis weiterhin und werde nur in Geheimhaltungspflicht umbenannt. Außerdem sieht er Beamtinnen und Beamte vor einer schwierigen Abwägungsarbeit und einem Spannungsfeld zwischen Geheimhaltung und Information. Aus seiner Sicht wäre es Aufgabe der Gesetzgebung, den Behörden diese Abwägung abzunehmen. Stattdessen seien öffentlich Bedienstete bei Verletzung der Geheimhaltungspflicht weiterhin mit dem Strafrecht bedroht, kritisierte er. Auch Werner Herbert (FPÖ) bemängelte fehlende Rechtsklarheit etwa auch in den Gemeinden und ortete ein großes Spannungsfeld mit dem Datenschutz.
Das Grundrecht auf Information sei ein Meilenstein, hielt Alma Zadić (Grüne) fest. Leider seien die vorliegenden Anpassungen zur Informationsfreiheit aber "holprig". Zudem werde in Detailbereichen die Informationsfreiheit nicht voll umgesetzt, wies sie etwa auf den eingebrachten Antrag der Grünen zum Bundesarchivgesetz hin. Nina Tomaselli (Grüne) bemängelte, dass das Bankgeheimnis bestehen bleibe. Es brauche ein Bankgeheimnis, das die Kund:innen schütze und nicht Skandale verdecke.
Susanne Raab (ÖVP) entgegnete der Kritik von Schilchegger, dass am 1. September mit der Informationsfreiheit sehr wohl ein Paradigmenwechsel stattfinden werde, zumal das Amtsgeheimnis abgeschafft werde und es ein Grundrecht auf Information geben werde. Mit dem vorliegenden Paket würden Rechtsklarheit, verlässliche Rahmenbedingungen für Beamtinnen und Beamte und ein modernes Verständnis von Staat und Gesellschaft geschaffen. Transparenz werde zur Regel, die Geheimhaltung zur Ausnahme, so Raab. Auch Daniela Gmeinbauer (ÖVP) zeigte sich überzeugt, dass die Anpassungen zur Informationsfreiheit ein "echtes Update für die Demokratie" darstellten. Johann Weber (ÖVP) hob aus den weiteren Maßnahmen unter anderem die Quereinstiegsmöglichkeit in land- und forstwirtschaftliche Fachschulen hervor, wodurch ihm zufolge mehr Lehrkräfte gewonnen und dadurch weiter der hochwertige Unterricht sichergestellt werden könne.
Die Abschaffung des Amtsgeheimnisses hin zu einem Grundrecht auf Information sei ein Paradigmenwechsel und längst überfällig gewesen, so Muna Duzdar (SPÖ). Heute würden für die Rechtssicherheit alle Materiengesetze dazu angepasst, bei denen dies notwendig sei. Das Informationsfreiheitsgesetz sehe ganz klare Regelungen vor, wann weiterhin Geheimhaltungsinteressen bestünden, hielt sie fest. Transparenz sei künftig die Regel, Geheimhaltung die Ausnahme, sagte Manfred Sams (SPÖ). Der Datenschutz werde aber nicht geschwächt, sondern gestärkt, denn Information brauche klare Spielregeln. Wer eine sorgfältige Interessenabwägung dokumentiere, werde künftig nicht kriminalisiert werden.
Stephanie Krisper (NEOS) sieht zwar ebenfalls durch die Abschaffung des Amtsgeheimnisses endlich einen Kulturwandel eingeläutet. Ein Defizit stelle aus ihrer Sicht aber dar, dass in etwa 1.800 Gemeinden die Bürger:innen selbst aktiv werden müssten. Die Abwägung für Beamtinnen und Beamte zwischen Geheimhaltung und Auskunft halte sie nicht für einfach, man werde daher genau hinsehen, wo bei der Rechtssicherheit nachgebessert werden könne.
Zugang von Forscher:innen und Unternehmen zu öffentlichen Daten
Mit einem neuen Datenzugangsgesetz soll Forscher:innen, Unternehmen und Start-ups der Zugang zu geschützten öffentlichen Daten erleichtert werden. Österreich setzt damit - mit einiger Verspätung - auch den Daten-Governance-Rechtsakt (DGA) der EU um. Unter anderem wird im Bundeskanzleramt eine zentrale Informationsstelle für Nutzer:innen eingerichtet, bei der auch Anträge zur Weiterverwendung von Daten eingebracht werden können. Auch für die Aufsicht über private Datenvermittlungsdienste und für "datenaltruistische Organisationen" - das sind Organisationen, die Daten im Sinne des Gemeinwohls kostenlos zur Verfügung stellen - wird das Bundeskanzleramt zuständig sein.
Ziel der EU-Verordnung bzw. des Gesetzentwurfs ist es den Erläuterungen zufolge, einen vertrauenswürdigen und sicheren Rahmen für die Nutzung geschützter öffentlicher Daten zu schaffen und technische Hindernisse zu überwinden. Der DGA verpflichtet die EU-Länder aber nicht, bestimmte Daten zur Verfügung zu stellen, hält das Bundeskanzleramt ausdrücklich fest. Daten werden in Österreich insbesondere über die Open-Data-Plattform www.data.gv.at zur Weiternutzung für private Anwender bereitgestellt, diese soll nun auch mit der EU-Plattform data.europa.eu vernetzt werden. Zudem macht die Statistik Austria über das Austria Micro Data Center (AMDC) diverse Daten für die wissenschaftliche Nutzung zugänglich.
Michael Schilchegger (FPÖ) kritisierte, dass nunmehr eine neue Bürokratie im Bundeskanzleramt aufgebaut werde, die keinen praktischen Nutzen für die Bevölkerung haben werde. Er sehe in den Maßnahmen das Gegenteil von Deregulierung und lehne sie daher ab.
Carmen Jeitler-Cincelli (ÖVP) hielt demgegenüber fest, dass man einen bedeutenden Schritt in Richtung digitale Zukunft setze. Die Daten seien ein "Schatz", der bisher nicht genutzt werde, das gelte es, nachzuholen. Wenn man diesen Markt nicht aufmache, "sind wir verloren", so Jeitler-Cincelli. Auch das Problem, dass KI bisher nicht mit europäischen Daten trainiert werden könne, werde damit gelöst. "Daten sind Macht", meinte Manfred Sams (SPÖ), daher brauche es klare Regeln. Der Schutz der persönlichen Daten sei nicht verhandelbar. Daher würden neue Datenvermittlungsdienste zu Sicherheit und Transparenz verpflichtet. Ines Holzegger (NEOS) zufolge würden mit der Vorlage die rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen geschaffen, dass der Zugang zu öffentlichen Daten gewährt werde, bei gleichzeitigem Schutz schützenswerter Daten. Für Unternehmen, für die Forschung und für die Gesellschaft eröffne man damit neue Möglichkeiten für innovativere, nachhaltigere Zukunftslösungen. (Fortsetzung Nationalrat) mbu
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