Rückwirkung mit Abänderungsantrag teilweise gestrichen
Die Mitwirkung von Kabinetts- und Büromitarbeiter:innen an Social-Media-Accounts von Regierungsmitgliedern wird auf eine gesetzliche Grundlage gestellt. Der Nationalrat hat heute mit breiter Mehrheit eine entsprechende Novelle zum Parteiengesetz beschlossen. ÖVP, SPÖ, NEOS und weite Teile der Grünen stimmten für die neuen Regelungen. Mitarbeiter:innen von Minister:innen werden demnach künftig auch dann Beiträge für die Accounts gestalten können, wenn diese nicht der öffentlichen Hand, sondern einer Partei gehören. Das gilt auch für Mitglieder von Landesregierungen. Der Unabhängige Parteien-Transparenzsenat (UPTS) hatte eine solche Mitarbeit zuletzt als unzulässige Parteispende gewertet, wobei die dafür verhängten Strafen noch nicht rechtskräftig sind.
Eine Mitwirkung ist laut Gesetzesnovelle allerdings nur dann erlaubt, wenn bestimmte Auflagen eingehalten werden: So müssen sich die Beiträge, die Kabinetts- bzw. Büromitarbeiter:innen gestalten, eindeutig von parteipolitischen Inhalten der Accounts unterscheiden und explizit gekennzeichnet werden. Zudem ist im jeweiligen Impressum darauf hinzuweisen. Analoge Bestimmungen sollen für den Fall gelten, dass Klubmitarbeiter:innen oder parlamentarische Mitarbeiter:innen Social-Media-Accounts von Klubobleuten oder Abgeordneten (mit)betreuen. Darüber hinaus wird mit der Gesetzesnovelle klargestellt, dass europäische Partnerorganisationen von Parteien und internationale Vereinigungen, denen die Parteien oder eine ihrer Teilorganisationen angehören, nicht als "nahestehende Organisationen" gemäß Parteiengesetz zu verstehen sind.
Entscheidungen des UPTS von Rückwirkung nicht umfasst
Scharfe Kritik an der Novelle kommt von der FPÖ, wiewohl der von ÖVP, SPÖ, NEOS und Grünen gemeinsam eingebrachte Gesetzesantrag im Rahmen der Plenarberatungen wie angekündigt noch abgeändert wurde. Demnach werden die neuen Bestimmungen zwar wie ursprünglich vorgesehen auch rückwirkend gelten, für bereits vom UPTS entschiedene Verfahren soll diese Rückwirkung aber nicht zur Anwendung kommen. Damit will man den Eindruck vermeiden, dass es ÖVP, NEOS und Grünen um die Aufhebung der vom UPTS gegen sie verhängten Strafen im fünf- bzw. sechsstelligen Eurobereich gehe, wie Grünen-Abgeordnete Sigrid Maurer erklärte. NEOS-Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff sprach in diesem Zusammenhang von einem "Fehler" im ursprünglichen Antrag. FPÖ-Abgeordneter Markus Tschank ortet dennoch einen "justizpolitischen Skandal" und sieht die Regierungsparteien durch die neuen Regelungen gegenüber der Opposition privilegiert.
FPÖ bleibt bei Kritik
Tschank betonte in seiner Rede, dass Soziale Medien mittlerweile zentrale Plattformen der politischen Kommunikation und eine wichtige Informationsquelle seien. Umso wichtiger sei es, zwischen Partei- und Regierungsarbeit zu unterscheiden. Das sei durch die vorliegende Novelle aber nicht gewährleistet, beklagte er. Vielmehr werde die bestehende "Querfinanzierung" von Parteien durch den Staat legalisiert. Zudem sieht er die Oppositionsparteien benachteiligt.
Tschank und sein Fraktionskollege Michael Schilchegger warfen den anderen Parteien überdies vor, sich rückwirkend Straffreiheit gewähren und Strafzahlungen ersparen zu wollen. "Ihr könnt es euch richten und richtet es euch mit dieser Gesetznovelle", sagte Tschank. Wenn es "um die eigenen Kassen" gehe, seien den Koalitionsparteien und den Grünen Verfassungs- und Europarecht egal, sekundierte Schilchegger. Durch die Rückwirkung könnten "bisherige verdeckte Parteispenden" nicht mehr überprüft werden.
ÖVP und NEOS: Graubereich muss geregelt werden
Dem hielten NEOS-Abgeordneter Hoyos-Trauttmansdorff und Grünen-Abgeordnete Maurer entgegen, dass Mitarbeiter:innen von Ministerbüros auch in Zukunft keine Parteiarbeit leisten dürften. "Selbstverständlich" dürften sie nur in ihrem Wirkungsbereich liegende Inhalte posten und kommunizieren, hielt Hoyos-Trauttmansdorff fest. Ihm zufolge geht es vorrangig darum, einen "Graubereich" zu regeln, nachdem der Rechnungshof seine Rechtsmeinung geändert habe. Mit der ursprünglichen Rückwirkung sei "ein Fehler passiert", erklärte er, dieser werde mit dem Abänderungsantrag aber behoben. Was die Parteienförderung insgesamt betrifft, kündigte Hoyos-Trauttmansdorff an, dass die NEOS bei den nächsten Budgetverhandlungen auf eine Senkung drängen würden, nachdem sie für 2026 bereits eingefroren worden sei.
Von einer "Grauzone", die geregelt werden müsse, sprach auch ÖVP-Abgeordneter Nico Marchetti. Es brauche eine praktikable Lösung, mahnte er. Marchetti wies zudem den Vorwurf der FPÖ zurück, dass sich die Regierungsparteien mit der Novelle einen Vorteil verschaffen würden. Das stimme nicht, schließlich seien auch Landesregierungen mit FPÖ- und Grünen-Beteiligung sowie alle Landtags- und Parlamentsklubs betroffen, gab er zu bedenken. Es gebe etliche Abgeordnete, die Bürgermeister:in seien und damit auch eine Parteifunktion hätten. Auch sie müssten, folge man der Entscheidung des UPTS, zwei Accounts haben.
Grüne: Rechtsansicht des Rechnungshofs ist "lebensfremd"
Ähnlich argumentierte Grünen-Abgeordnete Maurer. Die Grünen hätten bei Accounts von Regierungsmitgliedern immer schon darauf geachtet, zwischen parteipolitischen Postings, gekennzeichnet mit GR für Grüne, und Postings als Amtsträger:innen, gekennzeichnet mit BM für Bundesminister:in, zu unterscheiden, skizzierte sie. Der Rechnungshof habe dieses "Best Practise" allerdings als unzureichend gewertet. Maurer hält es aber für "lebensfremd", von Politiker:innen zu verlangen, zwei verschiedene Accounts zu führen, bzw. Bürger:innen zuzumuten, zwei verschiedenen Accounts zu folgen. Die vorliegende Novelle bringt ihrer Meinung nach eine "rechtssichere, praxisnahe und nachvollziehbare" Regelung.
Mit der Novelle zum Parteiengesetz würden klare Regeln für Social-Media-Accounts von Politiker:innen geschaffen, betonte auch SPÖ-Abgeordneter Klaus Seltenheim. Der FPÖ hielt er vor, selbst im Glashaus zu sitzen und mit Steinen zu werfen.
119 Ja- und 54-Nein-Stimmen für Gesetzentwurf
Der Gesetzentwurf wurde schließlich in namentlicher Abstimmung mit 119 Ja-Stimmen, bei 54 Nein-Stimmen, angenommen. Neben der FPÖ stimmten auch die Grünen-Abgeordneten David Stögmüller und Nina Tomaselli dagegen. (Fortsetzung Nationalrat) gs
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