• 09.07.2025, 14:49:33
  • /
  • OTS0117

Nationalrat beschließt Umsetzung von EU-Vorgaben für Finanzmärkte

Diskussion auch über Defizitverfahren und KIM-Verordnung

Wien (PK) - 

Der Nationalrat widmete sich drei Regierungsvorlagen, die die Umsetzung von EU-Regularien für die Finanzmärkte betreffen. Mit den Gesetzesänderungen werden technische Änderungen und europäische Vorgaben umgesetzt, die zur Stärkung des Kapitalmarkts beitragen, führte Staatssekretärin Barbara Eibinger-Miedl aus. Die Beschlüsse würden mehr Transparenz und Vertrauen schaffen. Es handle sich um "Gesetze ohne große Schlagzeilen", fasste Thomas Elian (ÖVP) zusammen, "die Gesetzesänderungen wirken technisch und sperrig, es geht darin um das Vertrauen in die Stabilität unseres Finanzsystems und die Sicherheit von Menschen, die ihr Geld anlegen". Laut Markus Hofer (NEOS) handelt es sich um "legistische Leckerbissen für Kapitalmarktexperten". Aber: Der Kapitalmarkt sei ein wesentlicher Teil des österreichischen Wirtschaftssystems. Nina Tomaselli (Grüne) ging indes auf die Insolvenz der Signa Holding ein und forderte Konsequenzen.

Einstimmig beschlossen wurden Vorgaben für mehr Transparenz für Wertpapiermärkte sowie Neuerungen zur EU-Clearinglandschaft. Mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, NEOS und Grünen wurden Klarstellungen für den Bankensektor getroffen. Die FPÖ stimmte aufgrund einer Fristverkürzung gegen die Novelle. Hubert Fuchs (FPÖ) sah darin Verschlechterungen für Kleinanleger und Konsumenten.

Die Abgeordneten thematisierten auch die Einleitung des Defizitverfahrens gegen Österreich sowie die ausgelaufene KIM-Verordnung (Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungs-Maßnahmen-Verordnung). Ein Entschließungsantrag der Grünen zur gesetzlichen Implementierung der Kreditvergaberichtlinien wurde abgelehnt.

EU leitet Defizitverfahren gegen Österreich ein

Gestern wurde gegen Österreich ein Defizitverfahren eingeleitet, informierte Staatssekretärin Barbara Eibinger-Miedl. Dies geschehe zum dritten Mal. Österreich sei eines von derzeit neun Ländern mit einem solchen Verfahren. "Wir werden damit sehr gut umgehen können", zeigte sie sich überzeugt. Mit dem Doppelbudget seien bereits die richtigen Grundlagen gelegt worden.

"Die Republik verliert damit einen Teil ihrer Budgethoheit", betonte Hubert Fuchs (FPÖ). Es gebe nun eine "Besachwalterung durch Brüssel", außerdem warnte er vor einem Imageverlust. Die Kreditwürdigkeit Österreichs würde leiden. "Sollten wir jemals aus dem defizitbasierten ÜD-Verfahren herauskommen, würde die EU sofort ein schuldenbasiertes ÜD-Verfahren gegen die Republik einleiten", zeigte sich Fuchs überzeugt.

Das Verfahren sei keine Besachwalterung, hielt Kai Jan Krainer (SPÖ) entgegen. Berichtspflichten an die EU gebe es immer, sagte Andreas Ottenschläger (ÖVP). Die Budgethoheit liege weiterhin im Parlament.

Trotz Auslaufen: Diskussion um KIM-Verordnung geht weiter

Die KIM-Verordnung, die für Immobilienkredite in Österreich galt, ist Ende Juni 2025 ausgelaufen. Sie legte bestimmte Vergabestandards für Wohnbaukredite fest. Vorgesehen war eine maximale Beleihungsquote von 90 %, eine Schuldendienstquote von maximal 40 % und eine maximale Laufzeit von 35 Jahren.

In der Vergangenheit hätten sich die Immobilienpreise verdoppelt, während die Einkommen um 50 % gestiegen seien, erklärte Kai Jan Krainer (SPÖ). Dies habe dazu geführt, dass bei der Neukreditvergabe 90 % der Kredite nicht mehr nachhaltig vergeben wurden. Um mehr Nachhaltigkeit zu schaffen, sei die KIM-Verordnung eingeführt worden. Mittlerweile würden wieder 90 % der Kredite nachhaltig vergeben. In den letzten Monaten sei die Kreditvergabe trotz geltender KIM-Verordnung um 70 % gestiegen, unterstrich Krainer. Das Problem im Wohnbau sei nicht die KIM-Verordnung, sondern die hohen Preise, argumentierte er. Es müsse wieder leistbarer Wohnraum geschaffen werden.

Zur KIM-Verordnung gebe es eine Vielzahl unterschiedlicher Meinungen, so Krainer weiter (SPÖ). Die Abgeordneten führten dazu einen "gepflegten Diskurs", wie Andreas Ottenschläger (ÖVP) es nannte. Die ÖVP sprach sich für praxistaugliche Regelungen aus. Die KIM-Verordnung gebe es nun nicht mehr, stattdessen aber eine Empfehlung der Finanzmarktaufsicht (FMA), führte Ottenschläger aus. Die Vorgaben sollten auch praxistauglich sein, kritisierte der Abgeordnete und machte den Vorschlag, die Höhe des Einkommens der Haushalte zu berücksichtigen.

Nina Tomaselli (Grüne) wollte die FMA nicht zum Sündenbock machen lassen und brachte einen Entschließungsantrag ein, darin forderte sie die gesetzliche Implementierung der Regeln der KIM-Verordnung. Die Banken hätten in den Jahren vor der Einführung der KIM-Verordnung viel zu locker Kredite vergeben, so der Antrag. Die Kreditvergaberichtlinien zu streichen halten die unterzeichnenden Abgeordneten für unvernünftig. "Das verschafft keinem einzigen Häuslebauer ein Haus, bringt aber gleichzeitig hohe Risiken für den Finanzplatz mit sich", argumentiert Tomaselli in dem Entschließungsantrag.

Die FMA habe sich Kritik zur KIM-Verordnung anhören können, bestätigte Barbara Teiber (SPÖ). Trotzdem hielt sie es für gut, dass die Verordnung durch eine Empfehlung ersetzt wurde. Es brauche "gute und strenge Regelungen, um soziale Folgekosten zu vermeiden", sagte Peter Manfred Harrer (SPÖ).

Mehr Transparenz für Wertpapiermärkte

Die beschlossenen Änderungen im Börse- und Wertpapieraufsichtsgesetz sollen die Transparenz an den Wertpapiermärkten erhöhen, um Anreize für mehr Investitionstätigkeiten innerhalb der Europäischen Union zu schaffen. Vereinfacht werden insbesondere der Grenzwert für die Ausnahme von der Vorhandelstransparenz von Eigenkapitalinstrumenten. Der bisherige "double volume cap mechanism" wird durch eine einzelne Schwelle ersetzt. Zur stärkeren Vereinheitlichung der Vor- und Nachhandelstransparenz wird der Ermessensspielraum der zuständigen Behörden hinsichtlich der Aufschübe von Veröffentlichungen abgeschafft. Darüber hinaus passt der umfassende Gesetzesentwurf bereits bestehende Strafbefugnisse der Finanzmarktaufsicht an die neuen bzw. geänderten Transparenzverpflichtungen der betroffenen Unternehmen an.

Staatssekretärin Eibinger-Miedl begrüßte die Einrichtung eines EU-weiten konsolidierten Datenbandes (EU-Consolidated Tape), das einen zeitnahen und transparenten Zugang zu Marktdaten und damit einen Gesamtüberblick über die Handelsbedingungen in der gesamten EU für alle Anleger:innen sicherstellen soll.

Die Novellen machen den Finanzmarkt transparenter und stabiler, zeigte sich Barbara Teiber (SPÖ) überzeugt. Die FMA werde gestärkt und bekomme mehr Befugnisse. Im Sinne der Konsument:innen sprach sich die Abgeordnete für mehr Klarheit und Sicherheit aus. Übermäßige Berichtspflichten werden angepasst, so Thomas Elian (ÖVP). Zudem gebe es mehr Eigenverantwortung ohne den Schutz auszuhebeln.

Neuerungen zur EU-Clearinglandschaft

Auch eine weitere Regierungsvorlage zur Umsetzung von EU-Vorgaben wurde vom Nationalrat einstimmig gebilligt. Ziel der geplanten Maßnahmen sei es, die EU-Clearinglandschaft attraktiver und widerstandsfähiger zu machen, die strategische Autonomie der EU zu unterstützen und die Finanzstabilität zu wahren, wird in den Erläuterungen festgehalten. Die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen zielen darauf ab, die Aufsicht über zentrale Gegenparteien zu stärken und Zulassungsverfahren zu vereinfachen. Ebenso soll die Abwicklung und Abwicklungsdisziplin von Wertpapiertransaktionen vereinfacht und eine effiziente Aufsichtsstruktur geschaffen werden. Dazu sollen die Strafbestimmungen im Zentrale Gegenparteien-Vollzugsgesetz (ZGVG) erweitert, die Obergrenzen für das Ausfallrisiko geändert, das Konzentrationsrisiko verringert und eine effizientere Aufsichtsstruktur bezüglich der Lieferungs- und Abwicklungsdienstleistung geschaffen werden.

Klarstellungen für den Bankensektor

"Wichtige und dringende Klarstellungen für die österreichische Bankenlandschaft" will die Regierung schließlich im Sanierungs- und Abwicklungsgesetz sowie im Immobilien-Investmentfondsgesetz vornehmen. So sollen in Umsetzung EU-rechtlicher Vorgaben Kreditinstitute und Kreditinstitutsgruppen dazu verpflichtet werden, eine Mindestanforderung an Eigenmitteln und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten zu erfüllen. Damit sollen die Verlustabsorption, Rekapitalisierung und Abwicklungsfähigkeit verbessert werden, ohne dass dabei öffentliche Mittel eingesetzt werden. Die FMA wird eine Strafbefugnis für den Fall erhalten, dass ein Rechtsträger gegen das Verbot des sogenannten "payment for order flow" verstößt, informierte die Staatssekretärin.

Geändert werden auch die Mindestbehaltefrist und die Rückgabefrist. Die besondere Veröffentlichungsfrist von einem Jahr entfällt, kritisierte Hubert Fuchs (FPÖ). Stattdessen wird die allgemeine Veröffentlichungsfrist von drei Monaten gelten. Fuchs argumentierte mit der Verkürzung der Schutzfrist und erklärte damit die Ablehnung seiner Fraktion.

Immobilieninvestmentfonds seien wichtige und zentrale Instrumente am Finanzmarkt, unterstrich Christoph Pramhofer (NEOS). In der Praxis habe sich gezeigt, dass kleine Anleger das Geld abziehen. Um ihnen die Flexibilität zu geben, werde nun die Novelle umgesetzt. Durch die Verkürzung der Frist von einem Jahr auf drei Monate werde die Reaktionsfähigkeit gestärkt, sagte Pramhofer.

Wenn eine Bank ins Wanken gerate, sollen die Verluste erst intern abgefangen werden, erklärte Maximilian Köllner (SPÖ). Bei der Bankenabwicklung dürfe es keine "Graubereiche" geben, unterstrich Thomas Elian (ÖVP). Markus Hofer (NEOS) machte sich für die zweite Säule der Altersvorsorge stark. In diesem Sinne brauche es eine Stärkung des Kapitalmarkts, betonte er. (Fortsetzung Nationalrat) gla

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


Rückfragen & Kontakt

Pressedienst der Parlamentsdirektion
Parlamentskorrespondenz
Tel. +43 1 40110/2272
pressedienst@parlament.gv.at
www.parlament.gv.at/Parlamentskorrespondenz

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | NPA

Bei Facebook teilen
Bei X teilen
Bei LinkedIn teilen
Bei Xing teilen
Bei Bluesky teilen

Stichworte

Channel