Lebensmittelhandel ist kritische Infrastruktur, Sicherheit darf nicht Verhandlungsmasse werden! Brüssel muss sofort handeln, Nahversorgung in Europa steht auf dem Spiel.
Der chinesische Online-Marktplatz Temu plant laut Medienberichten, in Europa verstärkt Lebensmittel zu vertreiben – auch in Österreich. Ein eigens aufgebautes EU-Team soll bereits europäische Produzenten ansprechen. Der Handelsverband zeigt sich angesichts dieser Entwicklung alarmiert und warnt einmal mehr vor massiven mittelfristigen Risiken für Konsument:innen, Umwelt und den europäischen Wirtschaftsstandort.
Lebensmittelhandel zählt zur kritischen Infrastruktur – keine Verhandlungsmasse bei Sicherheit
„Der Lebensmittelhandel zählt zur kritischen Infrastruktur, er sichert die Nahversorgung der gesamten Bevölkerung. Nun steht in diesem Sektor die nächste Welle asiatischer Billigstimporte vor der Tür. Das ist ein hochsensibler Bereich, in dem Qualität, Rückverfolgbarkeit und Sicherheit keine Verhandlungsmasse sein dürfen“, warnt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will im Namen des gesamten österreichischen Handels.
Fernost-Plattformen sind für aggressive Dumpingpreise, mangelhafte Produktsicherheit, intransparente Lieferketten und vielfache Verstöße gegen geltendes EU-Recht bekannt. Verbraucherschützer haben wiederholt auf gesundheitssgefährdende Inhaltsstoffe und fehlende Produktauszeichnungen hingewiesen. Nun will Temu auch bei Lebensmitteln Fuß fassen – ohne eigene Lagerinfrastruktur und vermutlich erneut ohne Rücksicht auf europäische Standards.
China: Volkskongress beschließt jährliche Steigerung des Cross-Border-eCommerce um 10%
„Die Versorgungssicherheit Europas steht auf dem Spiel, die Auswirkungen der aktuellen Entwicklungen können gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. So hat der Nationale Volkskongress Chinas beschlossen, den grenzüberschreitenden eCommerce jedes Jahr um +10% steigern zu wollen. Und angesichts des Zollstreits mit den USA wurde jetzt Europa als Primärziel für die Ausweitung der chinesischen Warenexporte auserkoren“, so Rainer Will.
In welche Richtung es gehen könnte, zeigt das Beispiel China selbst. Dort hat der Onlinehandel mittlerweile einen Anteil von rund 60% an den gesamten Einzelhandelsausgaben. Im Vorjahr hat jeder Chinese und jede Chinesin im Schnitt 125 Pakete online bestellt, heuer wird diese Zahl voraussichtlich auf 145 Pakete pro Kopf steigen. Von all diesen Bestellungen entfallen bereits die Hälfte auf Lebensmittel.
Fernost-Plattformen als Brandbeschleuniger für ein bereits brennendes Problem
Der heimische Lebensmittelhandel leistet täglich einen wichtigen Beitrag zu Wohlstand, Lebensqualität und Nachhaltigkeit in Österreich. Die österreichischen Umwelt- und Tierschutzstandards sind so hoch wie in kaum einem anderen Land der Erde. Daher setzt der heimische Lebensmittelhandel in vielen Bereichen auf österreichische Produkte – häufig zertifiziert mit dem AMA-Gütesiegel.
„In unseren Regalen findet sich eine Vielzahl an regional und lokal produzierten Qualitätsprodukten aus biologischem Anbau. Der Handel trägt damit entscheidend zum Erhalt landwirtschaftlicher Strukturen und Produzenten in Österreich bei. Und wir wollen, dass das auch so bleibt“, stellt Handelsverband-Präsident Stephan Mayer-Heinisch klar.
„Der faire Wettbewerb in der EU wird durch Fernost-Plattformen völlig untergraben. Europäische Lebensmittelproduzenten und der heimische Handel stehen bereits jetzt unter enormem Druck. Wenn Marktplätze hier weiter derart unreguliert agieren dürfen, ist das ein Brandbeschleuniger für ein bereits brennendes Problem. Die angekündigten Pläne von Temu gefährden mittelfristig unsere regionalen Strukturen“, ergänzt Will.
HV empfiehlt eCommerce-Aktionsplan mit Plattform-Haftung für korrekte Warendeklaration
Fazit: Der scheinbar günstige Warenbezug über Fernost-Plattformen wie Temu kommt uns letztlich teuer zu stehen. Millionen falsch deklarierter Pakete entziehen Städten und Gemeinden wichtige Kommunalsteuereinnahmen – weniger lokale Jobs bedeuten weniger Steueraufkommen. Die Müllflut gefährdet nicht nur unseren Planeten, sondern auch unsere Innenstädte.
„Die von der österreichischen Bundesregierung angekündigten strengeren Kontrollen sind ein wichtiger Schritt. Weitere Maßnahmen sind unbedingt nötig – ein drittes großes Verteilerzentrum für Dumpingpakete in Europa steht in Rumänien kurz vor der Inbetriebnahme. Es ist schon 5 nach 12. Wir können nicht auf die EU-Zollreform 2028 warten, Brüssel muss SOFORT handeln!“, appelliert Handelssprecher Rainer Will an die EU-Kommission.
Der österreichische Handelsverband hat hierzu einen Aktionsplan mit folgenden 5 Kernforderungen für ein Level Playing Field im eCommerce vorgestellt.
Auf nationaler Ebene:
Einführung einer Plattform-Haftung für die korrekte Warendeklaration auf nationaler Ebene. Onlineplattformen wie Temu sollen als fiktive Einführer für die Einhaltung fiskalischer Vorschriften für die von ihnen vermittelten Produkte verantwortlich sind. Diese Plattformhaftung für die korrekte Warendeklaration muss insbesondere die korrekte Berechnung und Entrichtung von Einfuhrabgaben wie Einfuhrumsatzsteuer und Zoll umfassen!
Auf EU-Ebene:
Sofortige EU-weite Abschaffung der 150-Euro-Zollfreigrenze
Sofortige Einführung einer Bearbeitungsgebühr (Handling Fee) von 2 Euro auf alle B2C-Paketlieferungen aus Drittstaaten
Mehr Ressourcen für Zollbehörden und strenge Importkontrollen
Temporäre Sperre als ultima ratio bei wiederholtem Rechtsbruch
Rückfragen & Kontakt
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Pressesprecher
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E-Mail: gerald.kuehberger@handelsverband.at
Mag. Manuel Friedl
Senior Communications Manager
Telefon: +43 (1) 406 22 36 80
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