• 07.07.2025, 14:11:03
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Fakten statt Mythen: Handelsverband entkräftet Vorwürfe der AK Tirol bei Lebensmittelpreisen

Täter-Opfer-Umkehr bei „Österreich-Aufschlag“ gegen heimische Lebensmittelhändler widerspricht allen Fakten. Zahlen der EU-Kommission und BWB-Endbericht sprechen klare Sprache.

Wien (OTS) - 

Die öffentliche Diskussion rund um die Lebensmittelpreise wird zurzeit nicht von Fakten bestimmt, sondern von ideologisch motivierten Mythen. Die jüngste Pressemeldung der AK Tirol hat der Handelsverband zum Anlass genommen, um die gängigsten Vorwürfe zu widerlegen.

Vorwurf 1: „In Österreich gibt es keine Preistransparenz“

Die AK Tirol wirft dem österreichischen Lebensmittelhandel vor, man wolle „davon ablenken, dass es in Österreich keine Preistransparenz gibt“. Dies führe „zu deutlich höheren Preisen als etwa im angrenzenden Bayern.“ Die Tiroler AK fordert nun, „für eine Anti-Teuerungskommission und Preiskontrollen zu sorgen“.

Hier die Fakten:

Der heimische Lebensmittelhandel nimmt sinkende bzw. stagnierende Umsätze (-3,2% inflationsbereinigt in 2022, -1,0% in 2023, +1,7% in 2024) bei einer sehr geringen tatsächlichen Rentabilität von durchschnittlich 0,5% bis 2,5% des Umsatzes hin. Zum Vergleich: Bei globalen Nahrungsmittelproduzenten ist die Rentabilität im Schnitt zehnmal so hoch. Eine Anti-Teuerungskommission oder zusätzliche Preiskontrollen würden nicht mehr Transparenz und günstigere Preise, sondern im Gegenteil mehr Bürokratie, mehr Verwaltungsaufwand, mehr Kosten und damit letztlich Preissteigerungen zur Folge haben.

„Der österreichische Lebensmittelhandel hat auch in Zeiten der Rekordinflation auf eine systematische Erhöhung seiner Gewinnmargen verzichtet, wir haben uns kein Körberlgeld verdient“, sagt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will. „Belastend sind für Handelsbetriebe hingegen vor allem die steigenden Kosten für Energie, Personal, Logistik, Mieten und Fremdkapital, die aus Rücksicht auf die Kund:innen nicht 1:1 auf die Verbraucherpreise umgewälzt werden. Insofern sind die Vorwürfe der AK Tirol eine unglaubliche Zumutung für die gesamte Branche.“

Vorwurf 2: „Der fehlende Wettbewerb in Österreich stellt ein riesiges Problem dar“

Die AK Tirol wirft dem österreichischen Lebensmittelhandel vor, der „mangelnde Wettbewerb“ sei ein „Faktor höherer Preise, zumal in Österreich nur vier Marktteilnehmer [...] über 90% des Marktes besetzen“.

Hier die Fakten:

Der starke heimische Wettbewerb, der häufig über den Preis geführt wird, gewährleistet Konsument:innen bestmögliche Preise und unterstützt insbesondere Einkommensschwache – was auch die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) im Abschlussbericht der Branchenuntersuchung Lebensmittel vom 03.11.2023 bestätigt. Die BWB hat schwarz auf weiß dargestellt, dass der LEH seine Gewinnmargen nicht erhöht und somit nicht von der Teuerung profitiert hat.

Die Teuerung bei Nahrungsmitteln und alkoholfreien Getränken lag in Österreich im Gesamtjahr 2024 mit +2,6% deutlich unter der allgemeinen Inflation von +2,9%, der LEH hat also inflationsdämpfend agiert. Der österreichische Lebensmittelhandel leistet einen wesentlichen Beitrag zur Erhöhung von Lebensqualität, Wohlstand und Nachhaltigkeit in unserem Land. Er sichert mit 8.500 Unternehmen und 9.400 Verkaufsstandorten die wohnortnahe Versorgung der rund neun Millionen Menschen, die in Österreich leben – von den Ballungszentren bis ins letzte Alpental.

Der tatsächliche Preisunterschied bei Lebensmitteln zwischen Österreich und Deutschland ist deutlich geringer als häufig kolportiert: Österreich liegt im EU-27 Lebensmittelpreisvergleich, der auf einem Index von 100 basiert, mit 105,7 sogar hinter Deutschland mit 106,2. Das geht aus Zahlen der europäischen Statistikbehörde Eurostat für 2023 hervor, laut denen es allein in Europa 13 Länder gibt, wo das Preisniveau für Lebensmittel teils deutlich über dem österreichischen liegt.

„Der heimische Lebensmittelhandel steht für Preistransparenz und praktiziert diese Tag für Tag über vielfältige Kanäle. Überdies hat der BWB-Endbericht gezeigt, dass der Wettbewerb im Lebensmittelhandel gut funktioniert. Daher gibt es auch keine sachliche Notwendigkeit für teure regulative Eingriffe oder neue Preistransparenzdatenbanken, welche die Endkunden-Preise nicht senken, aber den bürokratischen Aufwand deutlich erhöhen würden“, erklärt Rainer Will.

Vorwurf 3: „In Bayern wird weniger gearbeitet, aber mehr verdient“ als im österreichischen Lebensmittelhandel

Laut AK Tirol würden Verkäufer:innen in Bayern „um 25% (!) mehr bezahlt“ bekommen als in Österreich. Und dies „bei gleicher Anzahl von Feiertagen und durchschnittlich mehr Urlaub“.

Hier die Fakten:

Die durchschnittlichen Personalkosten pro beschäftigter Person liegen im Lebensmitteleinzelhandel in Österreich laut Eurostat bei 38.050 Euro pro Kopf. Das bedeutet im EU-Vergleich Platz 2. Nur in Belgien sind sie noch höher. Im Lebensmitteleinzelhandel liegen die durchschnittlichen Personalkosten pro Kopf um 31% höher als in Deutschland (28.950 Euro/Kopf) und um 59% über dem EU-Schnitt. In 25 anderen EU-Staaten sind die Personalkosten im Lebensmittelhandel niedriger als in Österreich (Quelle HIER).

Vorwurf 4: Österreich-Aufschlag – „Lebensmittelketten versagen bei Verhandlungen mit internationalen Konzernen“

Die AK Tirol benennt zwar den „Österreich-Aufschlag“ der globalen Lebensmittelindustrie korrekterweise als entscheidenden Faktor für Preisunterschiede zwischen kleinen Ländern wie Österreich und Belgien im Vergleich mit größeren Ländern wie Deutschland und Frankreich. Allerdings schafft sie es, selbst hier dem heimischen Handel die Schuld zu geben. Eine klassische Täter-Opfer-Umkehr! Darüber hinaus sei dieser Österreich-Aufschlag „vom Handel lange negiert“ worden.

Hier die Fakten:

Der Handelsverband und die heimischen Lebensmittelhändler kritisieren die territorialen Lieferbeschränkungen – also den „Österreich-Aufschlag“ der internationalen Nahrungsmittelindustrie – seit vielen Jahren (Nachzulesen u.a. HIER oder HIER oder HIER). Auch im PLAN H, dem Forderungspapier des österreichischen Handels, zählt das EU-weite Verbot dieser territorialen Lieferbeschränkungen zu den Kernforderungen (siehe HIER, ab S. 33). Der Vorwurf der AK Tirol, der österreichische Handel würde diese Form der Diskriminierung negieren, kann daher gar nicht weiter von der Wahrheit entfernt sein.

Selbst in Brüssel ist die langjährige Botschaft des HV im Vorjahr endlich angekommen: Im Mai 2024 hat die EU-Kommission gegenüber Mondelez, einem der größten Konzerne der Welt, wegen derartiger Praktiken eine Geldbuße von satten 337 Millionen Euro verhängt.

„Territoriale Lieferbeschränkungen der internationalen Nahrungsmittelindustrie kosten die Konsument:innen in Europa jährlich rund 14 Milliarden Euro. Die Arbeiterkammer Wien hat inzwischen erkannt, dass der Preisunterschied bei Lebensmitteln zwischen Österreich und Deutschland primär auf diesen Faktor zurückzuführen ist und die heimischen Händler hier ganz klar die Opfer sind. Diese Einsicht wünschen wir uns auch bei den Kolleg:innen der AK Tirol, um die Bevölkerung faktenbasiert zu informieren“, erklärt Handelssprecher Rainer Will.

Der österreichische Lebensmitteleinzelhandel stützt mit über 140.000 Arbeitsplätzen den Wirtschaftsstandort. Die vergleichsweise hohe Filialdichte wiederum liegt bei den Menschen im Land hoch im Kurs, denn nur dadurch wird die Nahversorgung in jeder Region sichergestellt, trotz teilweise hochalpiner Lage.

Rückfragen & Kontakt

Handelsverband
Mag. Gerald Kühberger, MA
Pressesprecher
Telefon: +43 (1) 406 22 36 77
E-Mail: gerald.kuehberger@handelsverband.at

Mag. Manuel Friedl
Senior Communications Manager
Telefon: +43 (1) 406 22 36 80
E-Mail: manuel.friedl@handelsverband.at

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