• 02.07.2025, 18:54:33
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  • OTS0143

Ministerin Schumann: Soziale Dimension Europas darf nicht in den Hintergrund geraten

Austausch über EU-Jahresvorschau und Oppositionsanliegen im Sozialausschuss

Wien (PK) - 

Der Sozialausschuss des Nationalrats diskutierte heute über europäische Sozialsysteme, die Zukunft der Arbeit und Gesundheitsthemen auf EU-Ebene. Anlass war ein Bericht über die EU-Vorhaben in den Zuständigkeitsbereichen von Ministerin Korinna Schumann. Außerdem schickten die Abgeordneten ein Abkommen mit der Mongolei über soziale Sicherheit ins Plenum.

Vertagt wurden zahlreiche Anträge der Oppositionsparteien. Die FPÖ setzte sich für Menschen mit Behinderungen, gegen Scheinfirmen und für einen Warenkorb für Grundnahrungsmittel ein. Die Grünen machten sich ebenfalls für Menschen mit Behinderungen stark und forderten außerdem Änderungen für diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegepersonen sowie eine rasche Umsetzung der EU-Richtlinie zu Plattformarbeit.

Zu Beginn der Sitzung gedachte der Ausschuss mit einer Trauerminute dem kürzlich verstorbenen ehemaligen Abgeordneten Rainer Wimmer (SPÖ).

Vorhaben der EU im Jahr 2025

Die EU-Vorschau für das Jahr 2025 für die Bereiche Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz (III-149 d.B.) nahm der Sozialausschuss ohne die Stimmen der FPÖ zur Kenntnis. Laut Bericht liegen vorerst nur wenige neue Richtlinien- und Verordnungsvorschläge vor. In Ausarbeitung sind aber mehrere Strategie- und Aktionspläne. So sind etwa ein neuer Aktionsplan zur Umsetzung der Europäischen Säule sozialer Rechte (ESSR) und ein Fahrplan für hochwertige Arbeitsplätze geplant. Überarbeiten will die EU-Kommission mehrere Richtlinien zum Schutz von Arbeitnehmer:innen, etwa die geltenden Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz in Arbeitsstätten, zur Bildschirmarbeit, zum Schutz vor karzinogenen Stoffen und zum Bereich Telearbeit bzw. zum Recht auf Nichterreichbarkeit.

Zudem stehen etliche Rechtsakte aus den vergangenen Jahren weiter in Verhandlung. Im Gesundheitsbereich werden etwa die Verhandlungen über das vorgeschlagene Arzneimittelpaket fortgeführt. Außerdem geht es unter anderem um geänderte Regeln für neue gentechnische Verfahren (NGT) und strengere Vorgaben für Tiertransporte.

Arbeits-, Sozial- und Gesundheitsministerin Korinna Schumann begrüßte insbesondere, dass die Kommission Vorschläge zur Stärkung der Sozialunion angekündigt habe. Die soziale Dimension Europas dürfe - bei allem nötigen Fokus auf die Verteidigungsfähigkeit - nicht in den Hintergrund geraten, betonte sie.

Diskussion über europäische Sozialsysteme, Zukunft der Arbeit und Gesundheitsthemen

Michael Hammer (ÖVP) erkundigte sich nach einem Verordnungsvorschlag zur besseren Koordinierung der Sozialsysteme, mit dem unter anderem die grenzüberschreitende Gewährung von Arbeitslosengeld, Familienbeihilfe und Pflegeleistungen geregelt werden soll. Trotz intensiver Verhandlungen sei hier bedauerlicherweise noch keine Einigung erzielt worden, so Schumann. Eine Zurückziehung könnte eine Option sein, sagte sie. Andreas Haitzer (SPÖ) und Marie-Christine Giuliani-Sterrer (FPÖ) interessierten sich für den europäischen Sozialversicherungsausweis sowie die Sicherheit der Daten. Das Projekt "ESSPASS" werde von Österreich vollinhaltlich unterstützt, so Schumann. Es soll Einzelpersonen erleichtern, ihre sozialen Rechte in einem anderen EU-Land wahrzunehmen. Die Daten werden laut Ministerin nach den Vorgaben des Datenschutzes aufbewahrt.

Peter Wurm (FPÖ), der die kritische Einstellung seiner Partei zur EU erneut betonte, fragte Schumann nach ihrer Einschätzung dazu, wann andere Mitgliedstaaten das Sozialniveau Österreichs erreichen würden. Sie sei stolz, dass in Österreich so gute sozialstaatliche Regelungen erreicht worden seien, sagte die Ministerin. Die Zielsetzung müsse immer sein, die Standards in anderen Ländern in dieselbe Richtung zu entwickeln.

Im Arbeitsbereich thematisierte Julia Herr (SPÖ) das Recht auf Nichterreichbarkeit. Erholung sei ein wesentlicher Wert für Arbeitnehmer:innen, insbesondere wenn diese gesund bis zum gesetzlichen Pensionsantrittsalter arbeiten sollen, sagte Schumann. Sie unterstütze das Recht auf Nichterreichbarkeit daher. Von Johannes Gasser (NEOS) auf eine Konferenz zur Zukunft der Arbeit angesprochen, berichtete die Ministerin, dass die Teilnehmenden bei dieser Konferenz unter polnischem Ratsvorsitz das erhebliche Potenzial von älteren Arbeitnehmer:innen hervorgehoben hätten. Barbara Teiber (SPÖ) fragte die Ministerin nach ihrer Einschätzung zu einer Richtlinie betreffend europäische Betriebsräte. Sie begrüße sehr, dass die Richtlinie bald in Umsetzung kommen soll, so Schumann.

Den europäischen Behindertenausweis und Parkausweis thematisierten Heike Eder (ÖVP) und Fiona Fiedler (NEOS). Österreich sei bemüht, die entsprechende Richtlinie fristgerecht und bestmöglich umzusetzen, betonte die Ministerin. Die Umsetzungsfrist ende im Juni 2027, wobei die Mitgliedstaaten ein weiteres Jahr Zeit zur Anwendung haben. Schumann befürwortete eine digitale Variante. Die Ausweise müssten aber jedenfalls auch physisch ausgegeben werden, sagte sie.

Verena Nussbaum (SPÖ) fragte nach dem Stand der Verhandlungen zum EU-Pharmapaket, in dem es insbesondere um die Verfügbarkeit von Arzneimitteln geht. Anfang Juni habe sich der Rat auf eine Verhandlungsposition geeinigt, sagte Schumann. Sie setze sich für einen raschen Abschluss der Verhandlungen ein, so die Ministerin. Im Bereich der Tiertransporte begrüßte Norbert Sieber (ÖVP), dass EU-Recht auf Standards angeglichen werden soll, die in Österreich bereits gelten. Auch Ministerin Schumann befürwortete die geplanten Maßnahmen, die aus ihrer Sicht auch zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Landwirtschaft beitragen.

Mehrheit für Abkommen mit der Mongolei

Mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, NEOS und Grünen sprach sich der Sozialausschuss für die Ratifizierung eines mit der Mongolei abgeschlossenen Abkommens über soziale Sicherheit aus (119 d.B.). Das Abkommen zielt insbesondere auf die gegenseitige Anerkennung von erworbenen Pensionsansprüchen und die Zusammenrechnung von Versicherungszeiten ab. Damit soll eine Gleichbehandlung von Personen gewährleistet werden, die ihr Erwerbsleben zum Teil in Österreich und zum Teil in der Mongolei verbracht haben oder im jeweils anderen Staat wohnen.

Initiativen für Menschen mit Behinderungen

Die FPÖ erneuert die Forderung nach "Lohn statt Taschengeld" für eine bessere sozialrechtliche Absicherung von Menschen, die in Behindertenwerkstätten arbeiten (280/A(E)). Außerdem drängen die Freiheitlichen auf eine volle Sozialversicherung inklusive Pensionsversicherung, um Menschen mit Behinderungen eine sichere Altersversorgung zu gewährleisten. Der Antrag wurde mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und NEOS vertagt.

Auch die Grünen setzen sich mit einem Entschließungsantrag (244/A(E)) für Menschen mit Behinderungen ein. Sie fordern, dass in der vorigen Gesetzgebungsperiode begonnene Pilotprojekte zur Persönlichen Assistenz, inklusiven Arbeit und zur Verbesserung der Lage von gehörlosen Menschen in den Regelbetrieb übernommen werden. Auch diese Initiative wurde vertagt.

Die Koalitionsparteien konnten beiden Anträgen etwas abgewinnen, verwiesen aber bei der Umsetzung von "Lohn statt Taschengeld" auf das fehlende Budget. Bei den Pilotprojekten, insbesondere zur Persönlichen Assistenz, gelte es zuerst, Konzepte zu finden, die für alle Bundesländer passen, meinten etwa Fiona Fiedler (NEOS) und Verena Nussbaum (SPÖ).

Weitere Oppositionsanträge vertagt

In einem weiteren, ebenfalls vertagten Entschließungsantrag setzen sich die Grünen dafür ein, dass diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegepersonen als eigenständige Gesundheitsdienstanbieter:innen im Sinne des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) anerkannt werden (328/A(E)). Gleichzeitig sollen bestimmte pflegerische Leistungen wie Wundmanagement in den Leistungskatalog der Sozialversicherungsträger aufgenommen werden und die Betroffenen in bestehende Versorgungsstrukturen wie ELGA eingebunden werden, erläuterte Ralph Schallmeiner (Grüne).

Aus Sicht der Freiheitlichen braucht es verschärfte Gesetze und einen strengen Vollzug, um gegen Scheinfirmen und den damit verbundenen Sozialbetrug vorzugehen. Sie fordern daher eine Regierungsvorlage ein, mit der einige Voraussetzungen für Wiederholungstäter bzw. Bestimmungs- und Beitragstäter im Bereich des Scheinunternehmertums verschärft werden sollen (356/A(E)). Der Antrag wurde vertagt. Es gebe die entsprechenden gesetzlichen Grundlagen, hieß es von der Koalition. Im Regierungsprogramm seien außerdem Maßnahmen für eine bessere Treffsicherheit der Kontrollen vorgesehen. Außerdem sei ein Betrugsbekämpfungspaket in Arbeit.

Die Mitte März bekannt gewordenen Massenkündigungen beim Lieferdienst Lieferando nahmen die Grünen zum Anlass, um auf eine rasche Umsetzung einer EU-Richtlinie für Plattformarbeit zu drängen (166/A(E)). Die Richtlinie soll die Arbeitsbedingungen von Personen in Plattformarbeit verbessern. Mittels Abänderungsantrag wollten sie im Ausschuss noch den mittlerweile veränderten Zuständigkeiten der angesprochenen Minister:innen Rechnung tragen. Bettina Zopf (ÖVP) begründete die Vertagung damit, dass für die Umsetzung der Richtlinie noch ausreichend Zeit sei. Markus Koza (Grüne) hingegen hielt diese, nicht zuletzt wegen der Kündigungen bei Lieferando, für dringend. Um diesem konkreten Anlassfall zu begegnen, brauche es nicht die Umsetzung der gesamten Richtlinie, sagte Johannes Gasser (NEOS). Es würden Gespräche laufen, versicherte er ebenso wie Ausschussobmann Josef Muchitsch (SPÖ).

Um die Preistransparenz zu erhöhen, spricht sich die FPÖ für die Einführung eines bundesweiten Warenkorbs für Grundnahrungsmittel aus (355/A(E)). Damit sollen Preise von Lebensmitteln des täglichen Bedarfs wie Brot, Milch, Eier, Mehl, Reis, Obst, Gemüse sowie "einfache" Fleisch- und Fischprodukte regelmäßig erfasst und öffentlich zugänglich gemacht werden. Markus Koza (Grüne) und Norbert Sieber (ÖVP) erläuterten, dass Preisveränderungen im angesprochenen Bereich mit dem Mikrowarenkorb der Statistik Austria bereits seit Jahren erfasst werden. Der Antrag wurde vertagt. (Fortsetzung Sozialausschuss) kar


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