• 26.06.2025, 13:41:33
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2. Wiener Landtag (4)

Tätigkeitsbericht des Verwaltungsgerichtes Wien für das Jahr 2024

Wien (OTS) - 

LAbg. Mag. Dietbert Kowarik (FPÖ) hatte beim Studium des Berichts ein Déjà-vu. Jedes Jahr meint Kowarik einen „Hilferuf“ an die verschiedenen Stellen darin zu lesen. Kowarik zitierte einen Apell aus dem Bericht, die Budgetsicherung zu stützen. Kowarik sagte, Wien habe Geld für alle „Spompanadeln“, dort wo man es allerdings brauche, müsse das Gericht um Hilfe schreien. Das, so Kowarik, ist ein „Armutszeugnis erster Klasse“. Kowarik unterstellte der Regierung, die „Kernaufgaben des Staates“ nicht ausreichend zu finanzieren. Auch der Personalstand sei ausbaufähig, Kowarik sah beispielsweise einen Mangel an Amtssachverständigen. Auch, dass das Gericht die Arbeit von Behörden mache, nämlich vor der eigentlichen Verhandlung, kritisierte Kowarik.

LAbg. Mag. Alice Seidl, BA (SPÖ) lobte die Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Deren zentrale rechtsstaatliche Funktion sei wichtig, sie gebe Bürger*innen die Chance, Entscheidungen zu hinterfragen. Die Zahl der abgearbeiteten Erhebungen sei in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Es gebe aber noch Verbesserungsbedarf, etwa bei Säumnisbeschwerden, Seidl nannte als Beispiel die MA 35. Schnellere Entscheidungen wären wünschenswert, die Staatsbürgerschaft sei aber ein komplexer Themenbereich.

Die Vizepräsidentin des Verwaltungsgerichtes Mag. Beatrix Hornschall schilderte, dass man 2024 über 17.000 Verfahren erhalten habe. Insgesamt seien 25.600 Verfahren auf dem Tisch gelegen, ein gewichtiger Teil davon zum Thema Staatsbürgerschaft. Eine weitere Herausforderung sei es gewesen, Strafverfahren nach der neuen E-Scooter-Regelung zu behandeln – 2025 habe man bereits 607 Beschwerden erhalten. Die Arbeitslast der Landesrechtspfleger*innen sei um zwei Drittel gestiegen – ursächlich sei die Neuregelung der Wohnbeihilfe. Daher seien Anträge zur Genehmigung von Ausbildungsposten eingebracht word. 2024 seien 18.000 Verfahren geschlossen worden, ein Plus von 1.300 gegenüber dem Vorjahr. Man habe mehr Verfahren schließen können, als reingekommen waren. Die durchschnittliche Verfahrensdauer habe sechs Monate gedauert, darauf sei Hornschall stolz. 2024 habe es außerdem 7.900 öffentliche Verhandlungen gegeben, davon 1.900 im Sommer. Hornschall forderte eine rasche Klimatisierung der Amtsräume. Wenige Entscheidungen seien angefochten worden, nur in einem Drittel der Fälle sei die Entscheidung aufgehoben worden. Angesichts der geringen Zahl sei offensichtlich gelungen, Rechtsfrieden herzustellen – so Hornschall. 2024 habe man zehn zusätzliche Richter*innen bekommen. Zwei neue Richter*innen würden in den kommenden Wochen angelobt. Im Augenblick gebe es aber nur 85 Dienstposten, Hornschall erneuerte die Bitte nach einer raschen Nachbesetzung freier Posten. Digitalisierungsprojekte würden umgesetzt, 2024 seien weit mehr Dokumente und Schriftstücke elektronisch empfangen worden. Auch sei es nun möglich, personenbezogene Daten aus dem Strafbereich anzufordern, das erleichtere die Einschätzung, ob Personen, die eine Staatsbürgerschaft wollen, eine Gefährdung darstellen. Es mangele laut Hornschall an einem Facharzt, dass sei prekär, da oft Personen von einem solchen eingeschätzt werden müssen.

Abstimmungen: Der Tätigkeitsbericht wurde einstimmig zur Kenntnis genommen. Die vorliegende Stellungnahme dazu wurde mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

Entwurf eines Gesetzes, mit dem das Wiener Mindestsicherungsgesetz (WMG) geändert wird

LAbg. Harald Zierfuß (ÖVP) stellte klar, dass es in Sachen Mindestsicherung Veränderungen geben müsse. 1,3 Milliarden Ausgaben alleine dafür seien „doppelt so viel als vor fünf Jahren“. Die Sozialleistungen seien in Zierfuß Augen eine Einladung nach Wien zu kommen. Als letztes soziales Netz, seien diese nötig, die Höhe allerdings sei zu diskutieren. Die bisher gesetzten Maßnahmen kritisierte Zierfuß als „Makulatur“. Wien bezahle aus der Sicht der ÖVP „rechtswidrig“ mehr Mindestsicherung als nötig. Zierfuß forderte daher die Umsetzung der Regelungen aus dem Bund. Arbeiten, so Zierfuß, müsse sich „mehr auszahlen als Sozialleistungen“. 9.000 Euro netto für eine Familie, die nicht arbeite, sei für Zierfuß „unverständlich und unfair“.

LAbg. Dr. Arabel Bernecker-Thiel (NEOS) erläuterte, dass die Stadtregierung bei der Streichung von Schulungszuschlägen mit dem Bund mitziehe. Das sei nötig, da die Stadt sonst auf den Kosten sitzen bleiben würde, da der Bund die Refundierung einstelle. Nun würde die Mindestsicherung evaluiert werden. Das sei nötig, denn Politik basiere auf Zahlen, Daten und Fakten und nicht auf „wischi-waschi Bauchgefühl“. Das, so Bernecker-Thiel, sei man den Wiener*innen schuldig. Anpassungen würden dann entsprechend der evaluierten Fakten folgen. Die Sozialleistungen müssten dort ankommen, wo sie wirklich gebraucht würden. Leistung müsse sich auszahlen – es dürfe nicht passieren, dass es „profitabler ist nicht zu arbeiten und Mindestsicherung zu beziehen“. Menschen müssten in den Arbeitsmarkt integriert werden. Wien habe viel geleistet, von Summer City Camps für Mindestsicherungsbezieher*innen bis hin zur Unterstützung bei Schulfahrten oder durch die Bereitstellung von School Nurses. Bernecker-Thiel bezeichnete einen anstehenden FPÖ-Antrag zum Thema als „Neiddebatte“. Die FPÖ kritisiere die Sachleistungen, nur um im selben Atemzug vermehrte Sachleistungen zu fordern.

LAbg. David Ellensohn (GRÜNE) war erstaunt, wie schnell Wien die Streichung des Schulungszuschlags umgesetzt habe. Die Kürzungen würden Menschen ein Viertel ihres Einkommens wegnehmen – betroffen sind laut Ellensohn Menschen, die mit einem Kurs die Arbeitslosigkeit hinter sich lassen wollen. Die Mindestsicherung sei das letzte Mittel und Ellensohn meinte „niemand sei gerne in der Mindestsicherung“. Bildung sei für Ellensohn der Schlüssel zu Arbeit. Man solle nicht Menschen Geld wegnehmen, die sie brauchten, sondern ihnen helfen, aus der Mindestsicherung zu kommen. Die Bildungsgelder zu streichen sei „der falsche Weg“ und kontraproduktiv. Wäre die SPÖ in Opposition, so Ellensohn, würde sie „Zeter und Mordio schreien“. Es gebe laut Ellensohn bessere Möglichkeiten, Geld hereinzuholen, etwa mit einer Infrastrukturabgabe oder einer Leerstandsabgabe. Das wäre sinnvoller, als Bildung zu streichen.

LAbg. Maximilian Krauss, MA (FPÖ) war von der Novelle des Mindestsicherungsgesetztes nicht beeindruckt und sah in dieser eine „kosmetische Korrektur“. Das „echte Thema“ so Krauss, sei “Zuwanderung in die Mindestsicherung”. Die Zahl der Menschen, die Mindestsicherung beziehen würde, steige laut Krauss rapide. 2023 hätten nur 39 Prozent der Menschen, die Mindestsicherung beziehen einen österreichischen Pass – so Krauss. Das seien Menschen, die unter dem „Deckmantel von Asyl“ nach Wien kämen und „durchgefüttert“ würden kritisierte Krauss. Sechs von zehn Menschen, die in den Bundesländern als Flüchtlinge anerkannt worden seien, kämen als erste Maßnahme nach Wien, da sie hier „ab Tag eins“ Geld- und Sachmittel erhielten. Das sei eine „Umverteilung, weg von den arbeitenden Menschen“. Die „absurden“ Geldleistungen seien ein „Pullfaktor“, so Krauss. An LAbg. Bernecker-Thiel (NEOS) gerichtet sagte Krauss, dass es der FPÖ darum gehe, dass fleißige Menschen sich nichts mehr leisten könnten, während die Stadtregierung „Geldgeschenke“ an Menschen verteile, die noch nie in das System eingezahlt hätten. Mobilpass, Mietbeihilfe, Rezeptgebühr, Energiekostenbeihilfe, ORF-Befreiung und weiteres würden Mindestsicherungsbezieher*innen von der Stadt finanziert. Krauss kritisierte ein „Doppelkarussell“ von Geldleistungen und diversen Boni, die ausgezahlt würden. Im Mai 2025 seien fast 60.000 Asylberechtigte und rund 10.000 subsidiär Schutzberechtigte in der Mindestsicherung gewesen. Diese Gelder würden in vielen Bereichen „dringend“ fehlen und den Wiener Schuldenstand „explodieren lassen“. Die Mindestsicherungskosten in Niederösterreich würden hingegen unter 100 Millionen Euro betragen, in Wien stehe man bei mehr als 1,3 Milliarden Euro – bei nahezu gleicher Einwohner*innenzahl – laut Krauss. (Forts.) pos

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