Denn Zuverdienst spielt, so arbeit plus Österreich, besonders bei strukturellen Benachteiligungen eine zentrale Rolle für die schrittweise Rückkehr in Beschäftigung.
„Stufenweise Einstiege gehören zur Realität der Arbeitsmarktintegration. Wer diesen Raum verkleinert, schwächt erfolgreiche Beschäftigungspfade“, sagt Manuela Vollmann, Vorstandsvorsitzende von arbeit plus Österreich, zu dem, in dieser Woche im Nationalrat zum Beschluss kommenden Budgetbegleitgesetz.
Regierung beschränkt Zuverdienst in der Arbeitslosigkeit drastisch
Die Gesetzesregelung beschränkt den Zuverdienst für Langzeitbeschäftigungslose künftig auf einen einmaligen und durchgängigen Zeitraum von 26 Wochen. Für viele von ihnen – insbesondere jene mit mehrfachen Vermittlungshemmnissen – bedeutet es zukünftig de facto das Aus für bewährte Brücken zurück in den Arbeitsmarkt. „Das Gesetz“, so Sabine Rehbichler, Geschäftsführerin arbeit plus Österreich, „gefährdet etablierte und erfolgreiche Wege zurück in den Arbeitsmarkt“.
Gleichzeitig betont Rehbichler: „Wir begrüßen die Ausnahmeregelungen, weisen jedoch darauf hin, dass sie mit Blick auf den Gesamtarbeitsmarkt, zu kurz greifen.“ Die im Gesetz vorgesehenen Ausnahmen sehen vor, dass sowohl Langzeitbeschäftigungslose über 50, wie auch mit Behinderung zeitlich unbegrenzt einer geringfügigen Beschäftigung in der Arbeitslosigkeit nachgehen können.
Arbeitsmarktintegration verläuft selten linear
„Viele Menschen schaffen den Wiedereinstieg nicht auf Anhieb. Sie tasten sich schrittweise heran – mal tageweise, mal stundenweise. Dafür braucht es Zeit, Struktur und finanzielle Sicherheit“, so Rehbichler. Soziale Unternehmen begleiten Menschen mit gesundheitlichen Belastungen, psychischen Erkrankungen, Sorgeverpflichtungen oder in instabilen Lebenslagen beim Aufbau neuer Perspektiven – oft über Monate hinweg.
Konkret braucht es weiterführende Anpassungen: Übergangszeiträume, die vulnerable Gruppen realistisch berücksichtigen, Regelungen, die unterschiedliche Lebenslagen stärker einbeziehen, und einen uneingeschränkten Zugang zum Zuverdienst während arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen in Sozialen Unternehmen. Nur so entsteht ein Rahmen, der die nachhaltige Arbeitsmarktintegration tatsächlich ermöglicht.
„Arbeitsmarktintegration ist ein Prozess – nicht ein Ereignis. Das erfordert Rahmenbedingungen, die Orientierung geben und realistische Schritte ermöglichen“, Rehbichler. Vollmann ergänzt: „Arbeitsmarktpolitik ist immer auch Wirtschaftspolitik. Wer an der Absicherung spart, riskiert Folgekosten – sozial wie budgetär. Es braucht gezielte Investitionen, strukturell wie finanziell, die Menschen in ihrer Situation erreichen sie beim Wiedereinstieg realistisch unterstützen.
Empirie und Praxis zeigen: Zuverdienst wirkt stabilisierend
arbeit plus verweist auf Einschätzungen aus Studien – wie vom WIFO – und der Praxis, wonach der geringfügige Zuverdienst langzeitbeschäftigungslosen Menschen den Zugang zur Arbeitsmarktintegration erleichtern kann. Die Erfahrungen in Sozialen Unternehmen zeigen, dass er speziell für Menschen in Situationen struktureller Benachteiligungen eine stabilisierende Wirkung beim schrittweisen Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt bietet.
Zugleich schützt die Möglichkeit des Zuverdiensts vor Armut: Für viele bedeutet sie das Aufrechterhalten eines selbstbestimmten Alltags und die Vermeidung von Ausgrenzung. Laut WIFO wird der Zuverdienst besonders häufig von jenen genutzt, die niedrige Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung erhalten – darunter Frauen, Alleinerziehende, Menschen ohne österreichische Staatsbürgerschaft oder Haushalte mit Kindern. „Solange das Arbeitslosengeld keine existenzsichernde Leistung darstellt, bleibt der Zuverdienst gerade für viele Frauen ein notwendiger Bestandteil ihres Auskommens“, betont Vollmann.
Langzeitbeschäftigungslosigkeit nimmt zu – strukturelle Antworten bleiben aus
Die wirtschaftliche Lage bleibt angespannt – und mit ihr verfestigt sich auch die Langzeitbeschäftigungslosigkeit. Als langzeitbeschäftigungslos gelten Personen, die seit über einem Jahr ohne nennenswerte Unterbrechungen beim AMS gemeldet sind. Im Mai 2025 gab es in Österreich 90.951 langzeitbeschäftigungslose Arbeitslose – ein Anstieg um 11,7 % im Jahresvergleich. Damit betrifft Langzeitbeschäftigungslosigkeit rund ein Drittel aller arbeitslosen Personen.
In dieser Situation braucht es Rahmenbedingungen, die Stabilität geben und schrittweise Rückkehr ermöglichen. „Wer jetzt die Zuverdienstmöglichkeit einschränkt, ohne Alternativen zur Absicherung zu schaffen, verschärft bestehende Risiken“, weist Vollmann auf die Konsequenzen hin.
Laufende Evaluierung notwendig
arbeit plus appelliert an eine sorgfältige Evaluierung der Auswirkungen der neuen Zuverdienstregelung – insbesondere im Hinblick auf ihre tatsächliche budgetäre Entlastungswirkung. „Gerade in Zeiten struktureller Arbeitsmarktverwerfungen braucht es Maßnahmen, die wirken – nicht solche, die sich nur am Papier rechnen“, betont Vollmann. Und Rehbichler: „Wenn Zuverdienstmöglichkeiten wegfallen, steigen Risiken von Rückzug, Armut und sozialer Ausgrenzung – mit potenziell höheren Folgekosten. Es ist essenziell zu prüfen, ob die gesetzten Einschnitte tatsächlich jene budgetären Entlastungen bringen, die erwartet werden – und zu welchem gesellschaftlichen Preis.“
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