- 26.05.2025, 19:32:02
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EU-Ausschuss des Bundesrats: Skepsis gegenüber Verordnungsvorschlag zum Europäischen Sozialfonds
Österreich will an bereits geplanter Mittelverteilung festhalten
Der Europäische Sozialfonds Plus (ESF+) ist ein Finanzinstrument der Europäischen Union (EU), um die Beschäftigungs- und Bildungschancen sowie den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt in der Europäischen Union zu verbessern. Die EU-Kommission schlägt nun Anpassungen vor, um dieses Instrument verstärkt auf aktuelle geopolitische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Herausforderungen auszurichten. Dazu veröffentlichte die Kommission am 1. April einen Verordnungsvorschlag. Der EU-Ausschuss des Bundesrats diskutierte heute den Vorschlag, wobei die Skepsis deutlich überwog. Seitens des Sozialministeriums hieß es dazu, dass die Neuausrichtung der Ziele des Fonds vor allem im Interesse der östlichen EU-Mitgliedstaaten sei. Österreich sehe keinen Anlass, seine bereits festgelegten Schwerpunkte zu ändern.
ESF+ soll stärker an Interessen östlicher Mitgliedstaaten ausgerichtet werden
In einem ersten Statement führte die Expertin des Sozialministeriums aus, dass der Verordnungsvorschlag darauf abziele, den Sozialfonds um zwei neue Schwerpunkte zu ergänzen. Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds Plus (ESF+) sollen dazu innerhalb der laufenden Programme 2021-2027 auf neue Prioritäten umgeschichtet werden. Zum einen gehe es um die zielgerichtete Unterstützung der Verteidigungsindustrie und Unterstützung der strategischen Autonomie, zum anderen um Maßnahmen, um die Dekarbonisierung und Qualifizierungsmaßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel zu fördern. Für eine solche Neuausrichtung der Programme der Mitgliedstaaten sind Anreize in Form erhöhter Kofinanzierungen und Vorfinanzierungen geplant. Ein besonderer Fokus solle dabei auf der Unterstützung östlicher EU-Mitgliedstaaten liegen.
Der niederösterreichische FPÖ-Bundesrat Michael Bernard fragte, was der Verordnungsvorschlag für die Mittel des Fonds bedeuten würde, und welche Änderungen sich finanziell für Österreich sowie für die östlichen EU-Mitgliedsstaaten ergeben würden.
Stefan Schennach (SPÖ/W) zeigte sich kritisch gegenüber einer Neuausrichtung des Sozialfonds, der ein "Herzstück" der EU-Kohäsionspolitik sei, und dabei aus gutem Grund den Schwerpunkt auf Soziales gelegt habe. Eine Umschichtung der Mittel, die Abstriche bei der Sozialpolitik bedeuten würde, lehne er grundsätzlich. Das wäre aus seiner Sicht ein enormer Rückschritt in der europäischen Kohäsionspolitik. Er sehe auch einen gewaltigen Verwaltungsaufwand auf die Mitgliedstaaten zukommen.
Dieser Kritik schloss sich der Wiener Bundesrat der Grünen, Marco Schreuder, an. Auch er sah in der "Überfrachtung" des Fonds mit Aufgaben, die nicht seinem ursprünglichen Ziel entsprechen, die Gefahr, dass der ursprüngliche Zweck verloren gehe. Er verstehe, dass man seitens der Kommission den Fonds heranziehen wolle, um den Vorwurf, die EU reagiere zu langsam auf neue Herausforderungen, zu entkräften. Grundsätzlich sei er aber der Ansicht, dass es sinnvoller wäre, wenn die EU neue Finanzinstrumente einrichten würde, um neue Schwerpunkte umzusetzen.
Die Wiener NEOS-Bundesrätin Manuela-Anna Sumah-Vospernik meinte ebenfalls, es sei wichtig, dass Umschichtungen des Fonds nicht auf Kosten des Bereiches Soziales gehen. Sie wollte wissen, wie Österreich den neuen EU-Vorschlag nützen könne, um etwa Dekarbonisierung und grüne Wirtschaft zu fördern.
Ferdinand Tiefnig (ÖVP/OÖ) erkundigte sich nach der Sicht der anderen Mitgliedstaaten auf den Vorschlag. Er verstehe, dass die östlichen EU-Mitglieder sich bisher bei der Zuteilung von Mittel aus dem ESF eher im Nachteil gesehen hätten. Allerdings sehe auch er es durchaus kritisch, wenn der Fonds nun für neue Zwecke herangezogen werden solle.
Sozialministerium: Österreich will seine Programme wie geplant umsetzen
Die Expertin des Sozialministeriums teilte Bundesrat Bernard mit, dass keine zusätzlichen Mittel bereitgestellt werden sollen. Vielmehr sei an eine Umschichtung der bestehenden ESF+-Zuteilungen gedacht. Die vorgeschlagene Neuausrichtung berücksichtige vor allem die Interessen der östlichen EU-Mitgliedstaaten mit Grenzregionen zu Belarus, Russland und der Ukraine. Für sie solle es seitens der EU auch spezielle Anreize für eine Neuausrichtung geben, etwa höhere Vorfinanzierungen bzw. volle EU-Finanzierungen von Projekten. Der Vorschlag spiegle daher stark die Interessen dieser EU-Länder wieder, meinte die Expertin gegenüber Bundesrat Tiefnig.
Die von den Bundesräten Schennach und Schreuder geäußerte Skepsis und die Kritik an einer Überfrachtung des Fonds könne sie aus Sicht des Ressorts durchaus nachvollziehen, so die Expertin. Man habe sich den Verordnungsvorschlag genau angesehen und stehe auf dem Standpunkt, dass Österreich bereits einen sehr gut überlegten Weg für den Einsatz der Mittel eingeschlagen habe. Eine Unterstützung der gemeinsamen Verteidigungsanstrengungen sei dabei nicht im Visier gewesen, sondern die Mittel des EU-Sozialfonds sollen für Bereiche wie Armutsbekämpfung und Qualifizierung eingesetzt werden.
Eine Neuausrichtung der vereinbarten Programme würde zudem umfassende innerstaatliche Verhandlungen mit Ministerien und Bundesländern erfordern, deren zugeteilte ESF-Mittel bereits verplant und in Umsetzung seien. Man wolle die Programme daher so weiterführen, wie mit den Bundesländern vereinbart worden sei. Man sei auch zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Neuausrichtung einen hohen Verwaltungsaufwand für die Behörden nach sich ziehen und die Umsetzung insgesamt verlangsamen würde, sagte die Expertin des Ministeriums. Allerdings seien an Österreich bisher keine Erwartungen herangetragen worden, etwas an seinen Programmen zu ändern. Die Unterstützung von Qualifizierungsmaßnahmen im Bereich der Dekarbonisierung und grünen Transformation sei in der österreichischen Programmumsetzung bereits vorgesehen, sagte die Expertin in Richtung von Bundesrätin Sumah-Vospernik. (Fortsetzung EU-Ausschuss des Bundesrats) sox
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