Die Grundrechts-NGO Epicenter.works veröffentlicht eine erste netzpolitische Analyse zum Leak des Verhandlungsprotokolls aus den Koalitionsvorgesprächen zwischen FPÖ und ÖVP.
Ein geleaktes Verhandlungsprotokoll aus den Koalitionsvorgesprächen zwischen FPÖ und ÖVP offenbart besorgniserregende Pläne für die rechtsstaatliche und digitale Zukunft Österreichs.
Epicenter.works hat das Dokument erhalten und eine erste Analyse veröffentlicht - die Ergebnisse sind alarmierend.
Das Verhandlungsprotokoll zeigt einen besorgniserregenden Abbau von Grundrechten in Österreich. Wenn diese Pläne Realität werden, drohen massive Eingriffe in digitale Sicherheit, Meinungsfreiheit, Datenschutz, zivilgesellschaftliche Kontrolle und einen funktionierenden Rechtsstaat.
Ausweitung staatlicher Überwachung
Besonders gravierend sind die Pläne zur Ausweitung der staatlichen Überwachung. Die ÖVP fordert erneut die Einführung des „Bundestrojaners“, obwohl alle bisherigen Versuche stets an ihrer vom Verfassungsgerichtshof festgestellten Grundrechtswidrigkeit gescheitert sind.
Auch bei bei der EU-weit umstrittenen Chatkontrolle zeichnet sich eine Kehrtwende ab: Entgegen der bisher klaren Ablehnung Österreichs will die ÖVP dem Vorstoß der EU-Kommission zur Überwachung aller Chatnachrichten nun doch zustimmen.
Eine Einigung gibt es zudem bei der erweiterten Überwachung des Internetverkehrs: mit der Ausweitung von „Quick Freeze“ und einer geforderten Klarnamenpflicht im Internet. Die Verhandlungsparteien planen außerdem eine umfassende Ausweitung der Gesichtserkennung im öffentlichen Raum und eine Einschränkung des Versammlungsrechts.
Weniger Kontrolle für Polizei und Geheimdienst
Die erst kürzlich eingeführte Meldestelle für Polizeigewalt will die FPÖ wieder abschaffen und Maßnahmen die zur Verschlechterung der Situation für benachteiligte Gruppen sowie Opfer von Gewalt und Drohungen im digitalen Raum beitragen, werden diskutiert.
Angesichts mehrerer Skandale im österreichischen Inlandsgeheimdienst wäre eine striktere Trennung von Polizei und Nachrichtendienst dringend nötig, doch stattdessen wird deren Vermischung diskutiert. Zuletzt werden auch neue Überwachungswerkzeuge für den Staatsschutz, sowie eine Präventivhaft und Fußfessel für Gefährder und „Risiko-Asylanten“ gefordert.
Handydurchsuchung & Kriminalisierung von zivilgesellschaftlichem Engagement
Ebenso besorgniserregend ist der geplante Umgang mit Geflüchteten. Einigung besteht darüber, dass Schutzsuchende zur Bearbeitung ihres Asylantrags der Durchsuchung ihrer Mobiltelefone zustimmen müssen - ein schwerwiegender Eingriff, vorgeschlagen von zwei Parteien, die bei den Mobiltelefonen ihrer eigenen Leute eher sensibel waren. Zudem wurde dieser Eingriff in Deutschland bereits für grundrechtswidrig erklärt. Zusätzlich sollen Grenzkontrollen durch Drohnen und Videoüberwachung ausgeweitet werden.
Angesichts all dieser Maßnahmen wäre eine starke Zivilgesellschaft als Immunsystem des Rechtsstaats umso nötiger. Dass diese erheblich eingeschränkt werden soll - z.B. durch das verschärfen des Demonstrationsrechts - ist vor diesem Hintergrund umso besorgniserregender.
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