• 05.08.2024, 08:01:25
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Mehr Leistung darf (in der Luftfahrt) nicht mehr kosten

Sozialministerium stößt sich an der Verrechnung von Zusatzleistungen durch die Airlines

Wien (OTS) - 

Mit einer Klage gegen Ryanair und einer Abmahnung gegen Austrian Airlines geht das österreichische Sozialministerium gegen mehrere Arten der Gebühren für Zusatzleistungen (kostenpflichtiger Check-In, Ticketservice und Kleinkindergebühr) vor. Der Ticketpreis solle "alle üblichen Services" abdecken, so Sozialminister Johannes Rauch (Grüne).

Wie so oft in der Luftfahrtbranche, treffen hier Dinge auf Widerstand, die in anderen Branchen eine Selbstverständlichkeit sind. "In der Luftfahrtbranche gelten grundsätzlich andere Spielregeln", hält Martin Klemm, Branchenanwalt und Partner bei Brenner & Klemm Rechtsanwälte fest, "auch wenn es selbstverständlich im Sinne des Verbraucherschutzes ist, dass Gebühren transparent und verständlich aufgeführt sein müssen, ist es nicht nachvollziehbar, warum ein erhöhter Aufwand, nicht auch mit Zusatzgebühren abgefangen werden darf."

Auch die Ticket-Service-Gebühr, welche vom Sozialministerium gerügt wird, lässt sich leicht erklären, wenn man die Hintergründe entsprechend in Betracht zieht: Die Minimalgebühr wird dann verrechnet, wenn das Ticket online gebucht wird und ist entsprechend höher, wenn mit der Buchung für das Luftfahrtunternehmen ein höherer Aufwand verbunden ist, also beispielsweise ein Papierticket benötigt wird, über ein Reisebüro oder das Call-Center der Fluglinie gebucht wird, etc. Diese gesonderte Anführung der Service-Gebühr dient damit letztlich auch der Vergleichbarkeit mit anderen Ticketkosten.

"Niemand käme auf die Idee, sich aufzuregen, wenn er eine Extra-Gebühr bezahlen muss, wenn er sein Konzertticket nicht online erhalten möchte, sondern ausgedruckt per Post. Dass im Theater die 'besseren' Plätze mehr kosten, als jene in der hintersten Reihe wird wohl auch niemand in Frage stellen. Dass ein erhöhter Aufwand sich üblicherweise auch im Preis niederschlägt, ist in der heutigen Custom Made Economy absoluter Standard. Offenbar aber nicht im Bereich der Luftfahrt", wundert sich Klemm.

Letztlich stellt sich die Frage, welches längerfristige Ziel mit der Bekämpfung von Zusatzgebühren verfolgt wird. Viele können sich noch an die Zeiten erinnern, als ein Flugticket ein Vielfaches von den heutigen Preisen gekostet hat, dafür jedoch noch alles enthalten war: Aufzugebendes Gepäck, Sitzplatzreservierung, bei mehrstündigen Flügen in der Regel eine vollständige Mahlzeit, usw.

Klarer Wunsch der Passagiere war es jedoch - spätestens seit dem Aufkommen der Low Cost-Fluglinien - dass die Preise entsprechend fragmentiert werden und nur noch Leistungen bezahlt werden sollen, die auch tatsächlich in Anspruch genommen werden. Warum soll ich für eine Sitzplatzreservierung zahlen, wenn mir egal ist, wo ich sitze? Warum muss ich für mein Ticket denselben Preis zahlen, wie jemand, der einen Koffer aufgibt, wenn ich nie Gepäck einchecke? Diese und ähnliche Beschwerden führten dazu, dass letztlich das Basisticket nur noch das absolute Minimum umfasst (nämlich die reine Personenbeförderung). Damit kosten Flugtickets heutzutage nur noch einen Bruchteil von damals, dafür muss jedoch für jedes Extra mit entsprechenden Aufschlägen gerechnet werden. Vom gewählten Sitzplatz, Zusatzgepäck, early checkin bis hin zu Board-Getränken, Essen und sonstigen Zusatzservices.

Ein Risiko für den Verbraucher besteht zudem ohnedies nicht. "Durch die strengen Auflagen der Preisauszeichnung, die nicht zuletzt durch den Europäischen Gesetzgeber und den Europäischen Gerichtshof immer mehr verschärft wurden, sind die Airlines ohnedies verpflichtet, den gesamten Flugpreis entsprechend detailliert aufzuschlüsseln", streicht Klemm heraus. "Man sieht also sofort, was und wofür man zahlt."

Die massive Reduktion der Flugpreise erfordert es aus ökonomischer Sicht freilich, dass die Airlines zusätzlichen Aufwand auch dem betreffenden Passagier in Rechnung stellen. Ebenso verhält es sich letztlich mit der vom Sozialministerium kritisierten "Kleinkindergebühr": Es mag sein, dass das Kleinkind keinen eigenen Sitzplatz hat, nichtsdestotrotz muss die Identität des Kindes wie bei jedem anderen Passagier festgestellt, geprüft, ein Ticket ausgestellt und die entsprechenden regulatorischen Abläufe eingehalten werden.

Wenn Fluglinien diesen zusätzlichen Verwaltungsaufwand nicht dem Verursacher verrechnen dürfen, wird diesen wirtschaftlich keine andere Möglichkeit verbleiben, diese Kosten auf die übrigen Tickets aufzuschlagen. Und damit beginnt der Reigen von Neuem, wenn sich Passagier wieder fragen werden, warum sie denselben Ticketpreis zahlen müssen, wie jemand der Gepäck aufgibt und diverse Zusatzleistungen in Anspruch nimmt, während er selbst, nur die Beförderung möchte.

Rückfragen & Kontakt

Brenner & Klemm Rechtsanwälte
Dr. Martin Klemm, LL.M.
Rechtsanwalt/Partner
+43 660 72 55 3 66
klemm@brenner-klemm.at
http://www.brenner-klemm.at

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