83 Fälle abgeschlossen, 78 Konten geöffnet, 50 TB Daten beschlagnahmt
Utl.: 83 Fälle abgeschlossen, 78 Konten geöffnet, 50 TB Daten
beschlagnahmt =
Wien (OTS) - Im ersten Halbjahr 2024 schlossen die 12 Fahndungsteams
der Steuerfahndung im Amt für Betrugsbekämpfung 83 Fälle erfolgreich
ab und erzielten damit Steuernachzahlungen von 17,7 Mio. Euro. Den
Steuerhinterziehern drohen zusätzlich Strafen bis zum doppelten
Betrag, der hinterzogen wurde. Dies ergibt ein Gesamtvolumen von mehr
als 35 Mio. Euro und mitunter auch Haftstrafen. Durch das
Umsatzsteuer-Betrugsbekämpfungs-Competence-Center (USt-BBCC)
erfolgten in 135 Fällen Risikoanalysen und Bewertungen zu
Umsatzsteuerkarussell-Betrugsszenarien.
Finanzminister Magnus Brunner äußert sich zur Leistung der
Steuerfahndung: „Die erzielten Ergebnisse unserer Fahndungsteams im
ersten Halbjahr 2024 sind ein klares Zeichen für die Effektivität
unserer Strategien im Kampf gegen die Steuerhinterziehung. Die
Steigerung der eingetriebenen Steuern auf 17,7 Mio. Euro zeigt
deutlich, wie entscheidend die Arbeit unserer Fahnder für die
Sicherung öffentlicher Mittel und den Schutz ehrlicher Unternehmen
ist. Ich bedanke mich bei den Kolleginnen und Kollegen für ihre
äußerst professionelle und engagierte Arbeit.“
Von Jänner bis Juni 2024 führten die 159 Fahnderinnen und Fahnder 56
Hausdurchsuchungen mit insgesamt 329 Einsatzkräften sowie 78
Kontoöffnungen durch. Bei den Hausdurchsuchungen wurden mehr als 50
TB an IT-Daten sichergestellt, was eine Verdoppelung im Vergleich zum
selben Zeitraum des Vorjahres darstellt.
ABB Vorstand Alfred Hacker: „Im Kampf gegen Betrug spielt die gesamte
Steuerfahndung eine entscheidende Rolle. Gemeinsam mit den anderen
Abteilungen des Amts für Betrugsbekämpfung gelingt es regelmäßig,
sowohl nationale als auch internationale Steuerhinterzieher und
Steuerhinterzieherinnen zu identifizieren und zur Verantwortung zu
ziehen. Dadurch wird gewährleistet, dass ehrliche Unternehmerinnen
und Unternehmer in einem fairen Wettbewerbsumfeld arbeiten können.“
„Wir gehen gezielt gegen systematischen und organisierten Steuer- und
Abgabenbetrug vor. Steuerhinterziehung beeinträchtigt den
Wirtschaftsstandort, indem sie die Gleichbehandlung aller
Steuerpflichtigen untergräbt. Um die systematische
Steuerhinterziehung effizient und gezielt zu verhindern treiben wir
unsere Entwicklung und Spezialisierung mit einem besonderen Fokus auf
digitale Bereiche laufend voran. “ so Christian Ackerler, Leiter der
Steuerfahndung.
Schwarzerlöse im Rotlichtmilieu
Nach einer Verdachtsmeldung der Polizei, die bei Kontrollen im
Rotlichtmilieu eine sechsstellige Bargeldsumme sicherstellte, leitete
die Steuerfahndung entsprechende Prüfungs- und Ermittlungsschritte
ein. Die Ermittlungen ergaben einerseits, dass laut den Steuerakten
seit über zwanzig Jahren größtenteils weder Einkünfte offen gelegt
noch Umsätze erklärt wurden. Andererseits wurde ermittelt, dass der
Großteil dieses Geldes vermutlich aus der Betreibung von nicht
gemeldeter Prostitution sowie aus der Vermietung von Zimmern stammt.
Die Anbahnung und Abwicklung lief sowohl in einem Nachtlokal als auch
in den untervermieteten Zimmern ab.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Nachtlokals waren zudem über
eine Online-Plattform buchbar. Da die Beschuldigten unglaubwürdige
Angaben machten und verpflichtende Aufzeichnungen zurückhielten,
waren Hausdurchsuchungen erforderlich, um die wahren Umsätze zu
ermitteln. Diese Durchsuchungen führten zur Sicherstellung
zahlreicher Beweismittel, die derzeit ausgewertet werden.
Grenzüberschreitender Umsatzsteuerbetrug
In einem spezifischen Fall mithilfe eines grenzüberschreitenden
Umsatzsteuerbetrugssystems nutzte ein Netzwerk, das hauptsächlich mit
Mobiltelefonen handelte, die Nichtabführung von Umsatzsteuer, um die
Kosten der Waren künstlich zu senken. Um die Herkunft der dadurch
erzielten Gelder zu verschleiern, verabredete der Hauptbeschuldigte
mit mehreren Komplizen, ihm seinen Anteil in bar über mehrere
Tranchen mittels Paketsendungen zuzustellen.
Im Jahr 2023 wurden gemäß dieser Absprache mindestens 28 Pakete mit
jeweils über 230.000 Euro bar an den Beschuldigten versendet. Die
Komplizen waren sich dabei bewusst, dass das Geld aus illegalen
Aktivitäten stammte, und zielten darauf ab, dessen Herkunft zu
verbergen und sich eine dauerhafte und lukrative Einnahmequelle zu
sichern. Die Pakete wurden im Osten Österreichs aufgegeben, wobei
eines im Sommer 2023 von den österreichischen Finanzbehörden
beschlagnahmt wurde. In die EU-weiten Ermittlungen sind 19
Mitgliedsstaaten involviert, und der ermittelte Gesamtschaden beläuft
sich auf über 50 Mio. Euro.
Schwarzrechnungen und Kickbackzahlungen im Immobilienbereich
Im Immobiliensektor Ostösterreichs deckte die Steuerfahndung ein
System auf, bei dem alte Wohnhäuser umgebaut und als einzelne
Wohnungen verkauft wurden. Für jedes einzelne Objekt wurde eine
eigene Errichtungsgesellschaft in Form einer GmbH gegründet. Nach
jedem Verkauf wurden die zugehörigen GmbHs liquidiert und aus dem
Firmenbuch gelöscht. Bei Prüfungen dieser Gesellschaften entdeckten
die Ermittler Eingangsrechnungen von bescheidmäßig festgestellten
Scheinunternehmen in Höhe von insgesamt mehr als 6 Mio. Euro.
Kontrollmitteilungen bezüglich Kapitalabflüssen auf den Konten der
Hauptverdächtigen deuteten darauf hin, dass nach Überweisungen von
Rechnungsbeträgen, die von Scheinfirmen an die
Errichtungsgesellschaften gestellt wurden, sogenannte
„Kickback“-Zahlungen erfolgten, die anschließend bar abgehoben
wurden. Für einen der Beschuldigten wurden in diesem Zusammenhang von
2015 bis 2022 Überweisungen in Höhe von 1.225.344 Euro sowie
Barabhebungen von 461.000 Euro registriert.
Steuerhinterziehung im Baugewerbe
Ein auf Bauprojekte spezialisiertes Unternehmen steht im Verdacht, in
Verbindung mit Auftraggebern erhebliche „Schwarzerlöse“ aus der
Errichtung verschiedener Bauprojekte generiert zu haben. Das
festgestellte Steuerhinterziehungsschema umfasste mehrere Aspekte:
Zahlungen für geleistete Bauarbeiten wurden teilweise nicht
fakturiert und die eingegangenen Gelder nicht vollständig in der
Buchhaltung erfasst. Zudem wurden Teile der Lohnzahlungen nicht in
den Lohnkonten der Beschäftigten oder in der Unternehmensbuchhaltung
verbucht, was zu falschen monatlichen Beitragsgrundlagenmeldungen und
dementsprechend fehlenden Abführungen der Sozialversicherungsbeiträge
führte.
Der daraus resultierende Gesamtschaden beläuft sich auf nahezu 3,5
Mio. Euro. Im Rahmen der Ermittlungen führte die Steuerfahndung acht
Hausdurchsuchungen und sieben Kontoeröffnungen bei vier verschiedenen
Banken durch und nahm insgesamt 109 Befragungen vor, davon etwa 100
an aufeinanderfolgenden Tagen. Die Fahndungsmaßnahmen wurden durch
Prüfungen gemäß § 99 Abs. 2 FinStrG ergänzt, wobei die Ermittler
Unterstützung vom Finanzamt für Großbetriebe sowie vom Prüfdienst für
Lohnabgaben und Beiträge erhielten. Die Beschuldigten erwarten
Gerichtsverfahren.
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