- 24.07.2024, 10:30:08
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Die Umsetzung der permanenten Kontextualisierung des Lueger-Denkmals in Wien ist im Gange
An der komplexen Realisierung des Projekts „Schieflage (Karl Lueger 3,5°)“ von Klemens Wihlidal und der weiteren Vermittlungsstrategie wird gearbeitet.
Im Mai 2023 wurde das Projekt „Schieflage (Karl Lueger 3,5°)“ von Klemens Wihlidal als Siegerentwurf des Wettbewerbs für eine permanente Kontextualisierung des Lueger-Denkmals in Wien gekürt. Seither wird an der komplexen Umsetzung und der weiteren Vermittlungsstrategie gearbeitet.
In einer prekären Lage, dem Moment zwischen Stehen und Fallen, wird sich die Figur Karl Luegers künftig wiederfinden – so sieht es der Entwurf des Wettbewerbssiegers für die permanente Kontextualisierung des Lueger-Denkmals vor: 3,5 Grad wird sich die Figur Luegers, nach den Plänen von Klemens Wihlidal, künftig nach rechts neigen. Die »Schieflage« wird die Perspektiven auf Vergangenheit und Gegenwart verändern.
Die Planungsphase
Mit der Entscheidung für den Siegerentwurf und der Präsentation aller eingereichten Projekte im Rahmen einer Ausstellung startete im Juni 2023 die erste Phase der Umsetzung.
Mehrere Abstimmungstreffen zwischen dem Künstler, KÖR Kunst im öffentlichen Raum Wien, der Kulturabteilung der Stadt Wien (MA 7), dem Bundesdenkmalamt (BDA) sowie der Umweltschutzabteilung der Stadt Wien (MA 22) waren zur sorgfältigen Planung notwendig. Die Neigung des Denkmals um 3,5 Grad stellt hohe Anforderungen an Statik und Stabilität, da zu jeder Zeit die Stand- und Verkehrssicherheit gewährleistet sein muss. Voruntersuchungen wie Georadaruntersuchungen zum Wurzelwerk der Platane, endoskopische Befundungen von Statue und Sockel sowie ein 3-D Scan des Denkmals wurden als Maßnahmen definiert und durchgeführt. Fachrestaurator*innen für Stein und Metall beschäftigten sich eingehend mit der Beschaffenheit des Denkmals (Figur, Sockel und Postament) und den Ergebnissen der Untersuchungen. Die umfassende Expertise fließt nun in die weitere Vorgangsweise ein, wobei genaue Aussagen zum Zustand der Statue erst nach deren Abnahme getroffen werden können. Diese Herausforderung gilt es zu meistern, ebenso wie die Auflage des BDA einen genauen Wiederaufbauplan vor Demontage des Denkmals abzuliefern. Ein Jurist ist aktuell mit dem Vergabeprozedere und dem Zeitplan der Ausschreibungen für Architektur und die folgenden Restaurierungsarbeiten befasst. Neben diesen Vergaben müssen auch ein Ansuchen auf Abänderung beim BDA, eine baupolizeiliche Einreichung bei der MA 37 sowie ein naturschutzrechtliches Ansuchen bei der MA 22 eingereicht und bewilligt werden.
Für die Umsetzung gibt es ein Gesamtbudget von 500.000 Euro.
Next Steps
Als Nächstes werden die Ausschreibungen für Architektur und Restaurierungsarbeiten sowie die Ansuchen für die Bewilligungen durchgeführt.
Es folgt der Abbau und Abtransport des Denkmals begleitet von Vermittlungsmaßnahmen.
Anschließend werden die Restaurierungsarbeiten durchgeführt.
Der Rücktransport und somit die Umsetzung sind nach aktuellem Stand für Herbst 2025 realistisch.
Vermittlung – Erinnern als aktiver Prozess
Die erfolgreich gestartete Vermittlungsstrategie „Lueger und sein Antisemitismus“ mit Vorträgen und Gesprächen sowie die Zusammenarbeit mit Schulen und jungen Menschen in Kooperation mit Expert*innen wird fortgesetzt und zum Zeitpunkt des Abtransports des Denkmals nochmals verstärkt.
Für 2025 ist eine wissenschaftlich begleitete Publikation geplant, die den gesamten Prozess dokumentiert – von der Errichtung des Denkmals, über die aufkeimende Kritik am Denkmal, die damit einhergehende öffentliche Debatte, bis zur Entscheidung für eine Kontextualisierung nach einem wissenschaftlich fundierten Wettbewerb und der Umsetzung des Siegerentwurfs von Klemens Wihlidal.
Vorgeschichte
Vor vierzehn Jahren stieß die Universität für angewandte Kunst Wien mit einem Symposium und einem offenen Wettbewerb die Hinterfragung des Lueger-Denkmals am Stubentor an. In diesem Wettbewerb wusste der Vorschlag von Klemens Wihlidal zu überzeugen. Seither gab es immer wieder rege Diskussionen in Zivilgesellschaft und Politik über das Lueger-Denkmal. 2021 stellte sich die Stadt Wien der Frage nach dem zeitgemäßen Umgang mit dem Denkmal und der Person Luegers – zunächst mit einer großen Gesprächsrunde im Rathaus, der 2022 der Beschluss, einen künstlerischen Wettbewerb für die permanente künstlerische Kontextualisierung des Denkmals auszuloben, folgte. Im Mai 2023 wurde der Entwurf von Klemens Wihlidal zum Siegerentwurf des Wettbewerbs, der von KÖR Kunst im öffentlichen Raum Wien in Kooperation mit der Kulturabteilung der Stadt Wien (MA 7) durchgeführt wurde, gekürt.
Das Denkmal und sein Kontext
Die 1926 errichte Denkmalanlage zur Erinnerung an den von 1897 bis 1910 amtierenden Wiener Bürgermeister Karl Lueger (1844 – 1910) ist heute in der Öffentlichkeit heftig umstritten. Und das nicht ohne Grund: Karl Lueger verstand es schon zu Lebzeiten geschickt, einen beispiellosen Kult um seine Person aufzubauen und die Menschen als "Modernisierer“ und „Anwalt der kleinen Leute" in seinen Bann zu ziehen. Mit rassistischer Rhetorik und gnadenlosem Populismus machte er Antisemitismus zu (s)einem politischen Programm.
Künstlerische Kontextualisierungen von Denkmälern sind Interventionen in Bezug auf deren Narrative und die damit verbundenen Ideologien. Sie haben den Anspruch, mittels formaler Distanzierung, Widersprüche zu formulieren, objektive Wahrheiten zum Ausdruck zu bringen und damit zu gesellschaftlichen Lernorten zu werden. Mit der Kontextualisierung des Denkmals soll ein solcher Lernort geschaffen werden, ein Raum für reflektierte Auseinandersetzung mit der Person Luegers und dessen geschichtlicher Bedeutung. Es gilt heute, Luegers Antisemitismus klar zu benennen und ein deutliches Zeichen gegen Antisemitismus in der Gegenwart zu setzen.
KÖR Kunst im öffentlichen Raum Wien
Die Aufgabe von KÖR Kunst im öffentlichen Raum Wien ist die Aktivierung des öffentlichen Raums der Stadt mit permanenten und temporären künstlerischen Projekten.
Die Idee ist, die Identität der Stadt und einzelner Stadtteile mit zeitgenössischer Kunst herauszubilden sowie den öffentlichen Raum in seiner Funktion als Agora – als Ort der gesellschaftspolitischen und kulturellen Debatte – zu stärken. Die Stadt Wien Kunst GmbH ist der gesellschaftsrechtliche Träger und das organisatorische Dach für KÖR Kunst im öffentlichen Raum Wien sowie für die Institutionen Kunsthalle Wien, Foto Arsenal Wien mitsamt dem hier eingebundenen biennal stattfindenden Festival Foto Wien und das Atelierhaus Wien.
Kunst im öffentlichen Raum kann dabei unterschiedliche Funktionen und Inhalte übernehmen: z.B. die Auseinandersetzung mit Kunst im Allgemeinen fördern, Aufmerksamkeit auf aktuelle Themen und Fragestellungen des öffentlichen Interesses lenken, Denkanstöße geben und zu Diskussionen und Dialogen anregen, genauso wie strategisch stadtplanerisch mitwirken. Kunst im öffentlichen Raum kann im Rahmen von ausgewählten Erinnerungskultur-Projekten auch eine „Denkmal“-Funktion übernehmen.
KÖR Wien wickelt hierfür künstlerische Projekte ab, erteilt Aufträge an Künstler*innen, lobt künstlerische Wettbewerbe für Projekte im öffentlichen Raum aus, vergibt Förderungen an Künstler*innen bzw. Projektträger*innen und setzt damit verbundene Tätigkeiten (Symposien, Publikationen, Vermittlungsprogramme, u.a.) um. Weitere Informationen: www.koer.or.at
Pressematerial:
koer.or.at/presse oder presse.wien.gv.at/presse/bilder
Credits Modell-/Projektfotos: Klemens Wihlidal
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