- 19.07.2024, 13:16:31
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„kulturMontag“ am 22. Juli: Der neue „Jedermann“, 70. Geburtstag von Erwin Wurm und Stimmungsbild der USA im Wahljahr
Anschließend: Doku „Zimmer frei – Übernachten in besonderer Architektur: Provence“ – ab 22.30 Uhr in ORF 2 und auf ORF ON
Utl.: Anschließend: Doku „Zimmer frei – Übernachten in besonderer
Architektur: Provence“ – ab 22.30 Uhr in ORF 2 und auf ORF ON =
Wien (OTS) - Der von Clarissa Stadler präsentierte „kulturMontag“ am
22. Juli 2024 um 22.30 Uhr in ORF 2 und auf ORF ON wirft einen ersten
Blick auf die Neuinszenierung des „Jedermann“ mit Philipp Hochmair in
der Titelrolle bei den diesjährigen Salzburger Festspielen, trifft
Erwin Wurm anlässlich dessen 70. Geburtstags an dessen
Lebensmittelpunkt und Arbeitsstätte, dem niederösterreichischen
Schloss Limberg, und liefert vor den im November dieses Jahres
stattfindenden Präsidentschaftswahlen ein aktuelles Stimmungsbild der
USA. Danach besucht die Dokumentation „Zimmer frei – Übernachten in
besonderer Architektur“ die „Provence“ (23.15 Uhr): Die Reihe widmet
sich der Geschichte und Entwicklung von Architektur im
Tourismusumfeld und zeigt ausgewählte Projekte, die Tradition und
Moderne kombinieren und Architektur und Kunst in einen Dialog
stellen.
Ein Kassenschlager wird reloaded – Der neue „Jedermann“
Mit seiner One-Man-Show „Jedermann Reloaded“ hat Philipp Hochmair
2013 in Personalunion insgesamt 20 Rollen übernommen und gemeinsam
mit seiner Band „Die Elektrohand Gottes“ das mehr als 100 Jahre alte
Mysterienspiel in ein rockig-apokalyptisches Sprechkonzert-Spektakel
verwandelt. Fünf Jahre später übernahm er auf dem Domplatz die
Hauptrolle vom erkrankten Tobias Moretti, zum ersten Mal in der
Geschichte der Salzburger Festspiele nach 1945 musste ein „Jedermann“
einspringen. Hochmair landete einen fulminanten Erfolg bei Publikum
wie Kritik. Notnagel sein war gestern, denn in diesem Jahr gibt der
50-jährige Wiener den neuen „Jedermann“. Für die Leitung der
Salzburger Festspiele war es an der Zeit, dass das mittelalterliche
„Morality Play“, das Hugo von Hofmannsthal weitergedichtet hat, neu
gesampelt und neu gedacht wird. Auserkoren für diese Aufgabe wurde
der kanadische Regisseur Robert Carsen. Er sieht die Figur als
geldbesessen, gierig und gefühlskalt und will mit seiner
Interpretation eine messerscharfe Analyse der materialistischen
Gesellschaft samt dem damit einhergehenden Verfall geistiger Werte
liefern. Für ihn ist der „Jedermann“ ein Neureicher, der plötzlich
scheitert. Die „unübertroffene Gier“ in Hofmannsthals „Spiel vom
Sterben des reichen Manns“ mündet in den Tod. Für Robert Carsen soll
die Auseinandersetzung mit dem Unausweichlichen zu einem Nachdenken
darüber führen, wie wir unser Leben leben sollten. Neben einem
komplett neu besetzten Ensemble, allen voran die Schweizer
Schauspielerin Deleila Piasko als „Buhlschaft“, Andrea Jonasson als
„Jedermanns Mutter“ und Christoph Luser als „Teufel und guter
Gesell“, spielt auch der Dom in Carsens Inszenierung eine besondere
Rolle. Im Gegensatz zu früheren Inszenierungen werden keine Bauten
die Domfassade verstecken. Das Bauwerk selbst wird zur Bühne, eine
niveaugleiche Piazza, auf der bis zu 90 Personen Platz finden, ist
der mondäne Ort für „Jedermanns“ Tischgesellschaft. Der Dom ist
Kirche und „Jedermanns“ Haus zugleich. Die mit Spannung erwartete
Neuinszenierung überträgt ORF 2 am Samstag, dem 27. Juli, um 20.15
Uhr. Zuvor bietet der „kulturMontag“ erste Einblicke und umfassende
Interviews.
Ein Gurkerl im XXL-Format – Erwin Wurm zum 70. Geburtstag
Mitten in der idyllischen Landschaft des Weinviertels parkt ein
überdimensionales „Fat Car“ auf der Wiese, ein kopfloser Kapuzenmann
taucht plötzlich bei einem Teich auf und neben einem
mittelalterlichen Schloss reiht sich ein merkwürdig
zusammengequetschtes, schmales Häuschen ein – willkommen in der
schrägen Wunderwelt des Erwin Wurm! Schloss Limberg in der
niederösterreichischen Gemeinde Maissau ist nicht nur der
Lebensmittelpunkt des Kunststars, sondern auch Arbeits-, Produktions-
und Lagerstätte. Auf dem fünf Hektar großen Anwesen findet der
gebürtige Steirer reichlich Platz für seine oft riesenhaften Werke.
Surreal muten seine sich küssenden Knack-Würsterln oder Wärmeflaschen
auf zwei Beinen an, humorig seine Gurkerln im XXL-Format, skurril
seine monströs aufgeblasenen Menschen. Das Heitere, Nonchalante
zeichnet seine Skulpturen aus. Der Kunst eine gewisse Leichtigkeit zu
geben, ist Erwin Wurm gelungen, und dennoch hat sie ob ihrer
Konsumkritik einen ernsten Kern. Eine abgehobene Kunst, die schwer
mit Pathos behaftet ist, sei nicht seine. Längst sind seine Objekte
zur künstlerischen Marke avanciert, Erwin Wurm tanzt gekonnt auf dem
Kunstparkett rund um den Globus. Allein in diesem Jahr stellt der
Wahlniederösterreicher zwischen London und Shanghai, zwischen Berlin
und Venedig aus, bevor er hierzulande anlässlich seines 70ers in der
Albertina Modern mit einer umfassenden Retrospektive gewürdigt wird.
Seinen Durchbruch schaffte er Ende der 1990er Jahre mit seinen „One
Minutes Sculptures“, in denen Menschen mit Alltagsgegenständen selbst
zum Kunstobjekt mutieren. Entstanden ist diese Idee aus einer
Lebenskrise heraus, als sich seine erste Frau scheiden ließ und seine
Eltern kurz nacheinander verstarben. Mittlerweile ist Erwin Wurm mit
dem Großen Österreichischen Staatspreis ausgezeichnet worden, hat
sein Land auf der renommierten Biennale von Venedig gemeinsam mit
Brigitte Kowanz vertreten, und eine kürzlich erschienene Biografie
von Rainer Metzger würdigt seinen Aufstieg im weltweiten
Kunstbetrieb. Bevor Erwin Wurm auf der griechischen Insel Hydra,
einem Hotspot im Kunst-Jetset, seinen 70. Geburtstag feiert, gewährt
er dem „kulturMontag“ Einblicke in sein Kunstuniversum auf Schloss
Limberg.
Das amerikanische Versprechen – Kerstin Kohlenbergs Stimmungsbild im
US-Wahljahr
Seit seinem Auftritt beim TV-Duell gegen Donald Trump Ende Juni ist
eine heftige Debatte darüber entfacht, ob der 81-jährige Joe Biden
fit genug für eine weitere Amtszeit sei. Bidens Kontrahent Donald
Trump kandierte 2016 zum ersten Mal mit dem Slogan „Make America
great again“, weil er der berühmteste Mann der Welt sein wollte. Am
5. November 2024 wählen die US-Amerikanerinnen und -Amerikaner ihren
neuen Präsidenten. Laut einer jüngsten Umfrage hat das Attentat auf
Donald Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung im US-Bundesstaat
Pennsylvania zu keinem Stimmungsumschwung bei den Wählerinnen und
Wählern geführt. Allerdings stimmten 80 Prozent der Befragten der
Aussage zu, dass „das Land außer Kontrolle gerät“. 84 Prozent gaben
an, sie seien besorgt, dass Extremisten nach der Wahl Gewalttaten
begehen würden. Wie ist die Stimmung im Land und wer wird das Match
gewinnen? Wie sehen die Zukunftspläne der Kandidaten aus? In ihrem
Buch „Das amerikanische Versprechen“ sieht die preisgekrönte deutsche
Journalistin Kerstin Kohlenberg die Demokratie in den USA am Abgrund.
Von 2014 bis 2021 war sie für das deutsche Wochenblatt „Die Zeit“ als
Korrespondentin tätig. Als sie 2021 Amerika wieder verließ, sei es
ein Land geworden, in dem ein großer Teil der Menschen nicht mehr an
die zentrale Institution der Volkssouveränität glaubte, an freie und
faire Wahlen. Wie es zu der Wut und dem Vertrauensverlust gekommen
ist, will sie nicht etwa in den Auswirkungen der Globalisierung, den
ökonomischen Entscheidungen, den Migrationsströmen, der
Arbeitslosigkeit oder in der Qualität der Bildungsabschlüsse
erkennen, sondern in den emotionalen Veränderungen der Menschen: im
Stolz auf das eigene Land und in den Kränkungen, die es einem zufügt,
in der Hoffnung auf ein glückliches Leben und den Zweifeln, ob man es
je erreichen wird – in jenen Gefühlen und Wertevorstellungen, die das
Verhältnis eines Menschen zu seinem Land prägen. Via Schaltung nach
Berlin erkundet Clarissa Stadler im Gespräch mit Kerstin Kohlenberg
die Gründe für die Erosion der bürgerlichen Mitte.
Dokumentation: „Zimmer frei – Übernachten in besonderer Architektur:
Provence“ (23.15 Uhr)
Wie wichtig ist die Art der Unterkunft im Urlaub, wenn die Landschaft
perfekt ist? Die ORF-Kultur-Sendereihe „Zimmer frei“ widmet sich der
Geschichte und Entwicklung von Architektur im Tourismusumfeld und
zeigt ausgewählte Projekte, die Tradition und Moderne kombinieren und
Architektur und Kunst in einen Dialog stellen. Feriendomizile, die
die Baustile der Regionen aufgreifen, weiterentwickeln und prägen,
das jeweilige Landschaftsbild unterstreichen und einen Brückenschlag
zwischen historischer Baumaterie und zeitgenössischem Design wagen.
Diesmal besucht Martin Traxl in der mittlerweile sechsten Ausgabe der
Reihe „Zimmer frei“ sehr unterschiedliche Bauten und Projekte im
Südosten Frankreichs, in der Provence. Zu Wort kommen neben
Architekt:innen, Bauherr:innen und Hoteliers auch Fachleute, die über
die Bedeutung und Geschichte der Architektur in der Provence, den
Wandel in der baulichen Gestaltung, sowie auch die gesellschaftlichen
Aspekte von Kunst und Architektur sprechen. Genauso abwechslungsreich
und vielfältig wie die Topografie und Landschaft der Provence sind
auch die Objekte, die rund um Marseille, Arles, Cassis und Saint
Tropez – zwischen Urbanität, mediterranem Flair und ländlichem Idyll
– zu finden sind: Von der ehemaligen Dorfschule, die nun als Pension
fungiert, dem aufgelassenen Karmelitinnenkloster, das heutzutage den
Fokus auf Wellness und Genuss statt Kontemplation setzt, dem
einstigen Spital im Zentrum von Marseille, das sich zum
5-Sterne-Refugium gewandelt hat, bis hin zum aus dem
Dornröschenschlaf erweckten Art-Deco-Hotel, in dem Anfang des 20.
Jahrhunderts schon die Crème de la Crème geurlaubt hat. All diesen
Objekten gemein ist das Feingefühl für die Revitalisierung
historischer Bausubstanz, Geschick und Können in der Handwerkskunst
und ein Verständnis dafür, dass das Alte und das Neue eine Symbiose
eingehen können. Temporäres Wohnen im Architekturdenkmal von Le
Corbusier ist in der Provence genauso möglich wie Erholung und
Entspannung im jahrhundertealten Château – eingebettet zwischen
Weingärten und Kunstinstallationen von Frank Gehry und Bob Dylan –
oder ein Wochenendtrip, der einer architektonischen Zeitreise in die
Sixties gleicht. Doch auch neu geschaffene Objekte zeigen, wie die
Grenzen von Architektur und Natur verschwimmen, wie schlichtes Design
mit opulenter Flora in Einklang gebracht wird.
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