- 04.07.2024, 10:10:38
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AK/ÖGB zur Kalten Progression: Selbstständige zahlen fast keine Steuern mehr
Ungleichbehandlung von Selbstständigen und Arbeitnehmer:innen nicht akzeptabel
AK und ÖGB begrüßen Teile der beschlossenen Entlastungsmaßnahmen, die mit dem „dritten Drittel“ der kalten Progression finanziert werden. Erfreulich ist, dass das Kilometergeld endlich angehoben wurde – eine langjährige Forderung von ÖGB und AK. Auch der Zuschuss für Familien mit geringem Einkommen und die stärkere Anhebung der Tarifstufen und Absetzbeträge wird positiv gesehen.
Dass wichtige Freibeträge, wie das Werbungskostenpauschale (132 Euro seit 1988) oder der Veranlagungsfreibetrag für steuerfreie Zuverdienste (730 Euro) nicht angehoben wurden, sehen AK und ÖGB als vertane Chance: Hier hätten sich Steuerpflichtige nicht nur Geld gespart, sondern auch das mühsame Sammeln von Belegen. Auch die Finanzämter hätte man damit entlastet.
Sehr kritisch sehen AK und ÖGB die Anhebung der Kleinunternehmergrenze in der Umsatzsteuer auf 55.000 Euro. Was viele nicht wissen: Damit wird auch die Grenze für die Kleinunternehmerpauschalierung in der Einkommensteuer automatisch mitangehoben. Vereinfacht gesagt können damit Selbstständige mit Einkünften von bis zu 55.000 Euro automatisch Betriebsausgaben in Höhe von 45 Prozent geltend machen. Und das, ohne einen einzigen Beleg vorzuweisen. Dazu kommt noch der Gewinnfreibetrag in Höhe von 15 Prozent. Insgesamt, so rechnen AK und ÖGB vor, zahlt eine Selbstständige mit 55.000 Euro Betriebseinnahmen künftig weniger als 1.000 Euro Einkommensteuer. Arbeitnehmer:innen mit demselben Bruttogehalt zahlen hingegen fast 6.500 Euro Lohnsteuer.
Tobias Schweitzer, Bereichsleiter Wirtschaft der AK Wien dazu: „Diese Ungleichbehandlung zwischen Selbstständigen und Arbeitnehmer:innen ist nicht einzusehen. Grundsätzlich sind Pauschalierungen und Vereinfachungen sinnvoll – wir fordern solche ja auch selbst. Doch das nimmt Ausmaße an, die sachlich nicht mehr zu rechtfertigen sind. Der Finanzminister ist dringend gefordert, hier nachzubessern."
Weiters kritisieren ÖGB und AK, dass der Selbstbehalt bei außergewöhnlichen Belastungen wie z.B. hohen Zahnarztkosten nicht reduziert wird. Der einkommensabhängige Selbstbehalt ist so hoch, dass nur die Wenigsten diese außergewöhnlichen Belastungen von der Steuer absetzen können.
ÖGB-Wirtschaftsexpertin Miriam Fuhrmann: „Dass die Regierung auf ÖGB und AK hört und endlich das Kilometergeld anhebt, ist erfreulich.“ Zwar wurde nicht auf das geforderte Niveau von 60 Cent angehoben, doch wird vielen Beschäftigten nun zumindest ein Teil der für sie gestiegenen Kosten für eine berufliche Nutzung des Privat-Autos abgegolten. „Warum aber Selbstständige und freie Dienstnehmer:innen – letztere sind steuerlich gesehen ebenfalls selbstständig – teilweise gar keine Steuer mehr zahlen sollen, ist unverständlich. Was haben sich ÖVP und Grüne dabei gedacht?“
so die ÖGB-Expertin.
Künftig sollen auch Öffi-Tickets vom Kilometergeld umfasst werden – und zwar in einer degressiven Form. Hier fehlen allerdings noch Details. AK und ÖGB geben aber zu bedenken, dass es dem Steuersystem insgesamt schadet, wenn Regelungen zu kompliziert werden. Die besten Maßnahmen bringen nichts, wenn die Arbeitnehmer:innenveranlagung so komplex ist, dass viele sie schlicht nicht machen können. Eine Vereinfachung ist daher dringend notwendig. Die Expert:innen von ÖGB und AK haben 25 konkrete Vorschläge zum Steuerausgleich gemacht, die sicherstellen, dass das Geld tatsächlich bei den Arbeitnehmer:innen ankommt. Diese Maßnahmen sollten rasch umgesetzt werden.
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