• 06.05.2024, 12:14:21
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  • OTS0129

Brunner: Steuerfahndung sicherte 2023 Steuernachzahlungen von rund 48,5 Millionen Euro

Zusätzlich drohen Strafen bis zum Doppelten des hinterzogenen Betrags

Utl.: Zusätzlich drohen Strafen bis zum Doppelten des hinterzogenen
Betrags =

Wien (OTS) - Im Kampf gegen organisierte und systematische Steuer-
und Abgabenhinterziehung schlossen die 186 Beamtinnen und Beamten der
Steuerfahndung, einer Spezialeinheit im Amt für Betrugsbekämpfung,
2023 insgesamt 210 Fälle erfolgreich ab und sicherten
Steuernachzahlungen in Höhe von 48,46 Millionen Euro. Zusätzlich
drohen den Täterinnen und Tätern in Summe Strafen von bis zu 100 Mio.
Euro. Die Schwerpunkte bei den Kontrollen lagen im Baugewerbe mit
Schwarzrechnungen und nicht erfassten Arbeitsstunden, in nationalen
und internationalen Umsatzsteuer-Betrugsszenarien und im
Transportgewerbe.

Finanzminister Magnus Brunner betont anlässlich der Präsentation der
Jahresbilanz der Steuerfahndung: "Die Ergebnisse der Steuerfahndung
für das Jahr 2023 unterstreichen einmal mehr die Bedeutung und
Effektivität unserer Spezialeinheit im Kampf gegen systematischen und
organisierten Abgabenbetrug. Der Schutz der ehrlichen
Steuerzahlerinnen und Steuerzahler sowie das Sichern fairer
Wettbewerbsbedingungen stehen im Vordergrund der Arbeit der
Steuerfahndung. Mein Dank gilt allen Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern der Steuerfahndung für ihren engagierten und
erfolgreichen Einsatz. Mit ihrer Arbeit sorgt die Steuerfahndung im
Amt für Betrugsbekämpfung dafür, dass jene Unternehmerinnen und
Unternehmer, die sich an die Gesetze halten, nicht die Dummen sind. "

157 Hausdurchsuchungen und 255 Kontoöffnungen
In 56 Fällen setzten die Steuerfahnderinnen und Steuerfahnder
Zwangsmaßnahmen ein: So erfolgten 157 Hausdurchsuchungen mit 861
Einsatzkräften, 255 Kontoöffnungen und 4 Festnahmen. Außerdem führten
45 abgabenrechtliche Prüfungsmaßnahmen –
Betriebsprüfungen und Umsatzsteuersonderprüfungen – zu einem
Mehrergebnis von rund 14,72 Millionen Euro. Die IT-Fahndung sicherte
im Zuge der Maßnahmen ein Datenvolumen von 65,66 Terrabyte zur
Auswertung.

Das erfolgreiche Entdecken und Aufklären komplexer Betrugsmuster, wie
Umsatzsteuerkarusselle und illegale Geldtransfersysteme, zeugt von
der hohen Expertise und technischen Ausstattung der Steuerfahndung,
die auch im digitalen Bereich zunehmend gefordert ist. So ist die
Menge der sichergestellte IT-Daten 2023 mit 66.000 GB doppelt so hoch
wie die Menge aus dem Jahr 2018 mit 34.000 GB.

Alfred Hacker, Vorstand des Amts für Betrugsbekämpfung,
unterstreicht: "Die fortschreitende Digitalisierung und
Internationalisierung des Wirtschaftslebens eröffnen Betrügern neue
Möglichkeiten. Unsere Antwort darauf ist eine stetige Anpassung
unserer Ermittlungsmethoden und eine verstärkte internationale
Kooperation. Die Ergebnisse des Jahres 2023 sind ein Beleg für die
Wirksamkeit dieser Strategie und motivieren uns, den eingeschlagenen
Weg konsequent weiterzuverfolgen."

Christian Ackerler, Leiter der Steuerfahndung, ergänzt: „Die im
vergangenen Jahr aufgedeckten Betrugsfälle und Steuerhinterziehungen
sind komplex und umfassen ein breites Spektrum von Branchen und
Methoden. Neben unserer akribischen Ermittlungsarbeit erwies sich
auch die intensive Zusammenarbeit mit Justizbehörden und anderen
staatlichen Einrichtungen, sowohl national als auch international,
erneut als Schlüssel zum Erfolg.“

Einige ausgewählte Fälle illustrieren das facettenreiche
Ermittlungsgebiet der Steuerfahndung:

Missbrauch informeller Finanztransfersysteme für Schlepperwesen
Das islamisch-arabische Hawala-Finanzsystem geriet bereits im Juni
2022 ins Visier der Ermittlungsbehörden: Bei einer stichprobenartigen
Grenzkontrolle durch Schweizer Zollorgane wurden 200.000 Euro in
einem in Wien zugelassenen Fahrzeug sichergestellt. Das System ist
ein informelles Bargeldtransportsystem, mit Ursprüngen im
frühmittelalterlichen Vorderen und Mittleren Orient. Der Fahrer, der
angab, das Geld in der Schweiz einem Unbekannten zu übergeben, wurde
sofort als Geldkurier identifiziert. In Tschechien wurde später
demselben Drahtzieher in Tschechien eine weitere Beschlagnahme von
700.000 Euro zugeordnet. Diese Vorfälle führten zu Ermittlungen gegen
eine Person, die in Verbindung mit einem Wiener Hawala-Büro stand,
aus dem hohe Zahlungen für kriminelle Aktivitäten im Bereich
Schlepperwesen und illegale Migration geflossen sein sollen. Die
Untersuchungen deckten auf, dass durch das System außerdem
Provisionseinkünfte erzielt wurden, die jedoch nicht versteuert
wurden, was den Verdacht der vorsätzlichen Abgabenhinterziehung nach
sich zog. Handy-Chats deuteten auf weitere Transaktionen in
Millionenhöhe hin, die über Österreich abgewickelt wurden und nun als
steuerpflichtige Einkünfte betrachtet werden.

Umsatzsteuerbetrug mit Kebap-Fleisch
Ein herausstechendes Beispiel für Umsatzsteuerbetrug ist der Fall
eines Gastronomieunternehmers in Oberösterreich, der im Zeitraum
zwischen 2017 bis 2021 Fleisch im Wert von etwa 2,7 Millionen Euro
steuerfrei erwarb, ohne diese Einkäufe ordnungsgemäß in den
Steuererklärungen anzugeben. Der Unternehmer belieferte mit dem
Fleisch Gastronomieunternehmen und hier in erster Linie Kebap-Lokale
bzw. –Stände. Hinterzogen wurde überwiegend die Umsatzsteuer sowie
diverse Ertragssteuern. Eine Hausdurchsuchung und eine Kontoöffnung
führten zur Aufdeckung einer Schadenssumme von mehr als 440.000 Euro,
woraufhin der Unternehmer zur Nachzahlung des hinterzogenen Betrags
und zusätzlich zu einer Geldstrafe von 120.000 Euro bzw. einer
Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Monaten verurteilt wurde.

Steuerhinterziehung mit Europaletten
Innerhalb von nur sieben Monaten, von Januar bis Juli 2022, kaufte
und verkaufte ein in Wien ansässiger Betrieb Europaletten für
insgesamt rund 1,8 Mio. Euro von verschiedenen Zulieferern, ohne dass
dafür Lieferscheine vorgelegt werden konnten. Eine Überprüfung ergab,
dass die Lieferanten entweder als Scheinunternehmen identifiziert
oder kurz nach Erbringung ihrer Leistung insolvent wurden.
Untersuchungen bei Masseverwaltern zeigten, dass die vorgelegten
Eingangsrechnungen, basierend auf Unterschieden im Briefpapier,
Firmenstempeln und Kontaktdaten, nicht von den behaupteten Firmen
stammten. Dieser Betrug führte zur Verkürzung von ca. 600.000 Euro an
Umsatzsteuer, wobei die genaue Höhe der verkürzten
Kapitalertragsteuer und der Strafe noch festgestellt wird.

Nichtexistente, grenzüberschreitende Geschäfte vorgetäuscht
Ein Unternehmen, das offiziell als Leasinggeber für bewegliche
Wirtschaftsgüter sowie als Importeur und Exporteur agierte, fiel als
sogenannte Conduit Company auf, die aktiv in Umsatzsteuerkarusselle
verwickelt war. Diese Betrugsschemata nutzen die Besonderheit des
EU-Handels, bei dem grenzüberschreitende Transaktionen
umsatzsteuerfrei sind, indem sie nach einem ersten steuerfreien
Verkauf eine unrechtmäßige Umsatzsteuererstattung vom Staat
erschleichen. Durch die Vortäuschung nichtexistierender Geschäfte mit
Kraftfahrzeugen und LKW-Reifen und den Einsatz gefälschter Rechnungen
zur Verschleierung verdeckter Gewinnausschüttungen entstanden
erhebliche Steuerverkürzungen. Über die Jahre 2017 bis 2019 wurden
Körperschaftssteuer in Höhe von 187.500 Euro sowie
Kapitalertragsteuer in Höhe von 330.167 Euro hinterzogen, wobei
fiktive Transaktionen im Wert von rund 13,5 Millionen Euro getätigt
wurden, was die hohe kriminelle Energie und das sorgfältige Vorgehen
der Täter unterstreicht. Zusätzlich zu den Finanzvergehen kommen bei
den rund 15 Beschuldigten zahlreiche strafrechtliche Delikte. Den
Tätern drohen massive Geldstrafen und Ersatzfreiheitsstrafen von bis
zu 10 Jahren Haft.

„Missing Trader“ bei Handel mit Luxusfahrzeugen
Im Jänner 2023 leitete eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung die
Aufmerksamkeit der Steuerfahndung auf eine österreichische GmbH in
der Steiermark, die im Handel mit hochpreisigen Fahrzeugen wie
Lamborghini, Ferrari und McLaren tätig war. Die Schlüsselfiguren in
dem Fall, ein Vater-Sohn-Duo, waren beide ausländische Staatsbürger
aus Skandinavien, die bereits in der Vergangenheit durch den Handel
mit Fahrzeugen in Verbindung mit "Missing Tradern" und fingierten
differenzbesteuerten Lieferungen aufgefallen waren. Weitere
Untersuchungen deckten auf, dass die GmbH eine unauffällige
Nachfolgefirma besaß, die weder im Firmenbuch registriert war noch
Steuern abführte. Diese Nachfolgefirma, die ebenfalls mit
Luxusfahrzeugen handelte, unterhielt intensive Geschäftsbeziehungen
zu einem Unternehmen in Skandinavien, über das Fahrzeuge transferiert
und mit Scheinrechnungen abgerechnet wurden. Diese Praktiken
ermöglichten es der Tätergruppe, die Fahrzeuge in Österreich ohne
vollständige Entrichtung von Umsatzsteuer und NOVA weiterzuverkaufen.
Als Ergebnis der Ermittlungen führte die Staatsanwaltschaft 10
Hausdurchsuchungen in Österreich und Skandinavien durch, nahm die
Beschuldigten fest und sicherte Beweismittel, die auf einen Schaden
im Millionenbereich hindeuten.

Scheinrechnungen und Schwarzarbeit am Bau
Ein Bauunternehmen im Bereich der Eisenbiegerei in Oberösterreich
nutzte Scheinrechnungen, um Leistungen zu verbuchen, die tatsächlich
mangels Personal nicht erbracht werden konnten. Diese Praxis führte
zu Steuerhinterziehungen von rund 1 Million Euro. Besonders auffällig
war, dass ein Großteil der Fremdleister ihren Firmensitz in Wien
hatten, ihr Personal dort bei der Sozialversicherung angemeldet war.
Das in Oberösterreich ansässige Unternehmen aber angab an, für
Tätigkeiten wie Schneeräumen auf Personal aus Wien zurückzugreifen.
Nachdem durch Prüfungen festgestellt wurde, dass das Unternehmen bei
einem durchschnittlichen Umsatz von 550.000 Euro pro Jahr
Fremdleistungen in Höhe von bis zu 440.000 Euro jährlich als Aufwand
verbucht hatte, bestand der Verdacht, dass es sich bei den verbuchten
Fremdleistungen zumindest teilweise um Scheinrechnungen handelt und
von den überwiesenen Beträgen ein Teil wieder als Kick-Back-Zahlungen
in bar zurückgeflossen ist. Diese Barmittel sollen für
Schwarzlohnzahlungen verwendet worden sein.

USB-Stick verriet Bargeldbewegungen
Im Baugewerbe wurden bei einem Betrieb in Tirol Fälle von
Schwarzarbeit aufgedeckt, bei denen ein Unternehmen Überstunden
seiner Mitarbeiter nicht ordnungsgemäß erfasste und stattdessen
"schwarz" auszahlte. Bei einer Hausdurchsuchung beim Geschäftsführer
des Bauunternehmens entdeckten die Fahnderinnen und Fahnder einen
USB-Stick, in denen der Firmenchef „Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen“
mit Bargeldbewegungen aufgezeichnet hatte, die im betrieblichen
Rechnungswesen des Bauunternehmens weder erfasst waren, noch in den
eingereichten Steuererklärungen umfassend offengelegt wurden. Die
gründlichen Untersuchungen brachten weitere Unregelmäßigkeiten ans
Licht und zeigten, dass in Summe mehr als 3,4 Millionen Euro
hinterzogen wurden.

Fotos: https://bit.ly/3JMkkkX

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