• 08.04.2024, 14:05:33
  • /
  • OTS0112

"Dignitas infinita": Katholische Kirche baut ihre Morallehre aus

Vatikanische Glaubensbehörde gibt in Erklärung Orientierung zu altbekannten und neuen Themen, darunter Leihmutterschaft und Geschlechtsumwandlungen - Weiter striktes Nein zu Abtreibung und Sterbehilfe - Fokus auf Armut, Ausbeutung, Kriege und Benachteiligung von Frauen - Schönborn: Kirche verteidigt "bedingungslose Würde jedes Menschen"

Utl.: Vatikanische Glaubensbehörde gibt in Erklärung Orientierung zu
altbekannten und neuen Themen, darunter Leihmutterschaft und
Geschlechtsumwandlungen - Weiter striktes Nein zu Abtreibung
und Sterbehilfe - Fokus auf Armut, Ausbeutung, Kriege und
Benachteiligung von Frauen - Schönborn: Kirche verteidigt
"bedingungslose Würde jedes Menschen" =

Vatikanstadt (KAP) - Die katholische Kirche hat zur Verteidigung der
Menschenwürde gegen aktuelle Bedrohungen aufgerufen und dabei
Leihmutterschaft grundlegend abgelehnt. Zudem bleibt sie bei ihrem
strikten Nein zu Abtreibung und Sterbehilfe. Ein Nein gibt es auch
zur Geschlechtsumwandlung, außer zur medizinischen Behebung von
Anomalien. Ihre Position begründet sie in dem am Montag im Vatikan
veröffentlichten Dokument "Dignitas infinita" (Unendliche Würde) mit
der Pflicht zur Verteidigung der von Gott gegebenen Menschenwürde.

Der 25-seitigen, umfassenden Erklärung waren fünf Jahre Vorarbeit
vorausgegangen. Autor ist die zentrale Institution für die Bewahrung
und Weiterentwicklung katholischer Dogmen, das Dikasterium für die
Glaubenslehre im Vatikan unter Kardinal Victor Fernandez, mit dem
Hinweis der ausdrücklichen Genehmigung von Papst Franziskus. Das
Dokument stützt sich auf die biblische Lehre von der
Gottesebenbildlichkeit des Menschen, auf allgemein verbindliche
ethische Prinzipien und auf die Allgemeine Erklärung der
Menschenrechte von 1948.

In dem neuen Text ruft der Vatikan Staaten und Regierungen dazu auf,
die ursprüngliche Idee der Menschenwürde zu verteidigen. Es sei "die
Pflicht der Staaten, sie nicht nur zu schützen, sondern auch jene
Bedingungen zu gewährleisten, die notwendig sind, damit die
Menschenwürde sich in der ganzheitlichen Förderung der menschlichen
Person entfalten kann". Die Achtung der Menschenwürde sei die
"unverzichtbare Grundlage für die Existenz jeder Gesellschaft, die
den Anspruch erhebt, sich auf ein gerechtes Recht und nicht auf Macht
zu gründen". "Die Kirche verkündet, fördert und macht sich zum
Garanten der Menschenwürde", heißt es in dem Schreiben.

Schönborn: Kirche verteidigt "bedingungslose Würde jedes Menschen"

Mit dem neuen Dokument "Dignitas infinita" (Unendliche Würde)
verteidigen und stärken Papst Franziskus bzw. die Katholische Kirche
"die bedingungslose Würde jedes Menschen jenseits aller Umstände und
damit die bedingungslose Forderung nach Achtung der Menschenwürde,
unter welchen Umständen auch immer". Das hat Kardinal Christoph
Schönborn gegenüber Kathpress in einer ersten Stellungnahme zum
Dokument betont, das Montagmittag vom Vatikan veröffentlicht wurde.

Die bedingungslose Achtung der menschlichen Person und Würde sei
umstritten. Umso notwendiger sei diese kirchliche Festlegung bzw.
Klarstellung, so Schönborn. Er nannte etwa Menschen mit mentalen
Beeinträchtigungen, ungeborene und kleine Kinder, bewusstlose
Menschen oder Menschen im Alter, deren Bewusstsein eingeschränkt ist.
Für sie alle gelte genauso die unabdingbare Menschenwürde. Und dieser
Grundsatz habe natürlich "große Konsequenzen im Umgang mit
behinderten Menschen, mit ungeborenen Menschen, mit alten Menschen".

Papst Franziskus sei intensiv in die Arbeit an dem Dokument
eingebunden gewesen, betonte auch Kardinal Schönborn, der Mitglied
des Glaubensdikasteriums ist. Ganz im Sinne des Papstes sei auch im
Blick auf die Ausfaltung des Themas eine gewisse Akzentuierung auf
Fragen der Armut. Es gehe um die sozialen und gesellschaftlichen
Bedingungen der Menschenwürde. Wenn Menschen ihr Leben nicht in
angemessener Weise verbringen können, stelle dies eine Verletzung der
grundlegenden Würde des Menschen das, betonte der Kardinal.

Todesstrafe, Umweltzerstörung und Missbrauch

Das neue Dokument enthält eine umfassende Darstellung von Verstößen
gegen die Menschenwürde aus Sicht der katholischen Kirche. Genannt
werden dabei zunächst die "gesellschaftlichen Übel" wie Ausbeutung,
Todesstrafe, Krieg und Umweltzerstörung in ihrer ganzen Bandbreite
und Dramatik. Armut und ungerechte Güterverteilung, jedoch auch die
Leiden der Migranten und der Menschenhandel werden dabei als Themen
besonderer Aktualität hervorgehoben. Auch der sexuelle Missbrauch
wird, nicht zuletzt als Problematik der Kirche selbst, angesprochen.

Besondere Aufmerksamkeit widmet das Dokument unter der Überschrift
"Gewalt gegen Frauen" außer physischer und sexueller Gewalt gegen
Frauen auch der mangelnden Rechtsgleichheit für Frauen, ungleicher
Entlohnung und Berufsaussichten, sexueller Ausbeutung und dem Zwang
zur Abtreibung. Auch Probleme wie Polygamie sowie die Verbrechen der
Frauenmorde werden angesprochen.

Kriege seien immer eine "Niederlage der Menschlichkeit", heißt es in
dem Vatikan-Schreiben, und weiter: "Kein Krieg ist die Tränen einer
Mutter wert, die ihr Kind verstümmelt oder tot gesehen hat; kein
Krieg ist den Verlust des Lebens auch nur eines einzigen menschlichen
Wesens wert, eines heiligen Wesens, das nach dem Bild und Gleichnis
des Schöpfers geschaffen wurde". Dennoch gebe es ein
"unveräußerliches Recht auf Selbstverteidigung" wie auch die
"Verantwortung, diejenigen zu schützen, deren Existenz bedroht ist".

Fortpflanzungsmedizin und Transgender

Als Bedrohungen der Menschenwürde werden jedoch weiters auch einige
neuere Entwicklungen auf dem Gebiet der Sexual- und
Fortpflanzungsmedizin genannt. Dies betrifft insbesondere die
Leihmutterschaft und die immer häufiger nachgefragte anatomische
Veränderung von Geschlechtsmerkmalen mit dem Ziel einer
Geschlechtsangleichung.

Zum Thema Transgender heißt es in der Erklärung, dass "jeder
geschlechtsverändernde Eingriff in der Regel die Gefahr birgt, die
einzigartige Würde zu bedrohen, die ein Mensch vom Moment der
Empfängnis an besitzt". Als einzige mögliche Ausnahme nennt die
Erklärung Fälle, in denen "eine Person mit bereits bei der Geburt
vorhandenen oder sich später entwickelnden genitalen Anomalien sich
für eine medizinische Behandlung zur Behebung dieser Anomalien
entscheiden kann".

In Sachen Leihmutterschaft unterstreicht der Text erneut die
ablehnende Haltung der katholischen Kirche. Diese Praxis verletze
sowohl die Würde des Kindes als auch die der Frau, die ein Kind im
Auftrag anderer austrage. Das Kind werde "zu einem bloßen Objekt",
die austragende Mutter werde "von dem Kind, das in ihr heranwächst,
losgelöst und zu einem bloßen Mittel, das dem Profit oder dem
willkürlichen Wunsch anderer unterworfen ist". Dies widerspreche "der
grundlegenden Würde eines jeden Menschen und seinem Recht, immer als
er selbst anerkannt" und niemals als Instrument für etwas anderes
benutzt zu werden.

Kritik an Gender-Theorie

Kritisch äußert sich die Kirche gegenüber einem Bestreben der
Gender-Theorie, die Existenz der biologischen Geschlechter zu
leugnen. Es handle sich dabei um einen "fundamentalen Unterschied",
zu dem festgehalten wird: "Er bewirkt im Paar von Mann und Frau die
bewundernswerteste Gegenseitigkeit und ist somit die Quelle jenes
Wunders, das uns immer wieder in Erstaunen versetzt, nämlich die
Ankunft neuer menschlicher Wesen in der Welt."

Immer sei eine Person eine "unteilbare Substanz", deren Würde
unveräußerlich sei, so das Dokument. Dies betreffe auch ein
ungeborenes Kind, einen bewusstlosen Menschen, einen unselbständig
gewordenen alten Menschen, einen Menschen im Todeskampf oder einen
Menschen mit geistiger Behinderung. Die Würde eines Menschen bleibe
"jenseits aller Umstände" und könne niemals von der Beurteilung der
Fähigkeit zu Erkenntnis oder zu freiem Handeln abhängen.

Kathpress-Themenschwerpunkt zur "Erklärung Dignitas infinita über die
menschliche Würde" unter: https://www.kathpress.at/dignitasinfinita

((ende)) PER/PWU
Copyright 2024, Kathpress (www.kathpress.at). Alle Rechte vorbehalten

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | KAT

Bei Facebook teilen.
Bei X teilen.
Bei LinkedIn teilen.
Bei Xing teilen.
Bei Bluesky teilen

Stichworte

Channel