• 14.03.2024, 13:24:05
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  • OTS0124

Empfehlungen des ORF-Publikumsrats

Wien (OTS) - Der ORF-Publikumsrat hat in seiner Plenarsitzung am
Donnerstag, dem 14. März 2024, unter dem Vorsitz von Mag. Walter
Marschitz folgende Empfehlungen beschlossen:

Empfehlung des Publikumsrats zum Thema Gesundheit

Der Programmauftrag zur Information über Themen der Gesundheit wird
nach den Ergebnissen der ORF-Publikumsratsstudien vom Publikum als
einer der wichtigsten angesehen. Der ORF trägt dem derzeit in
vielfältiger Weise und in unterschiedlichsten Formaten auf allen
Ausspielkanälen Rechnung.
Das Verständnis von Gesundheit unterliegt einem Wandel. Ein modernes
Verständnis von Gesundheit geht weit über das Fehlen von Krankheit
hinaus. Es begreift Gesundheitsförderung als Prozess, stellt unter
dem Begriff „health in all policies“ eine Verbindung zu anderen
Politikbereichen her und bezieht die sozialen Determinanten der
Gesundheit bis hin zur „planetary health“ mit ein. Die Konvergenz von
Biotechnologie und Informationstechnologie sowie die Nutzung
künstlicher Intelligenz verändern derzeit mit großer Geschwindigkeit
Gesundheitsdienstleistungen und Medizin.

Mit Blick auf die Gesundheit in Österreich gibt es noch großen
Handlungsbedarf, wie unter anderem die Tatsache belegt, dass die
Anzahl an gesunden Lebensjahren hierzulande unter dem europäischen
Durchschnitt liegt. Weitere Unterschiede zeigen sich nach Geschlecht,
Einkommensposition und Herkunft. Zurückzuführen sind diese
Entwicklungen auf Faktoren sozioökonomischer Belastung, zur Verfügung
stehender Resilienzen, dem Zugang zur Gesundheitsversorgung und dem
individuellen Gesundheitshandeln wie beispielsweise bei den Themen
Ernährung, Alkoholkonsum, Rauchen oder Bewegung.

Ein Gegenwirken kann nur im Zusammenwirken aller Akteure im
Gesundheitsbereich und darüber hinaus erreicht werden. Dem ORF kommt
für die Information der Bevölkerung wegen des in ihn gesetzten
Vertrauens und seiner Reichweite eine spezifische Rolle zu. Im selben
Maße wird der öffentlich-rechtliche Auftrag des ORF im
journalistischen Beitrag über gesundheitsschädliche bzw.
gesundheitsfördernde Bedingungen in Arbeit, Wirtschaft und
Gesellschaft wirksam.

Zentrale Herausforderung ist es insbesondere, auch jene Zielgruppen
zu erreichen, die am stärksten von Krankheitsrisken bedroht sind und
Gesundheitsinfos im Alltag am meisten brauchen könnten, sowie jene,
die über die traditionellen Kanäle des ORF schwer zu erreichen sind
(z. B. junge Menschen). Hier ist der ORF in seinem Bemühen, ein „ORF
für alle“ zu sein, besonders gefordert. Wichtiges Ziel ist es, die
Gesundheitskompetenz („health literacy“) der Bevölkerung – bei der
Österreich im europäischen Vergleich Aufholbedarf hat – zu steigern.
Weitere Ziele wären Barrieren für benachteiligte Gruppen zu
thematisieren, den Zugang in der Gesundheitsversorgung für alle zu
behandeln und über Beispiele gesundheitsfördernder Umwelten im Alltag
der Bevölkerung zu informieren. Damit würden in einem „ORF für alle“
Prävention und Eigenverantwortung umfassend gestärkt.

Auf Basis der Sitzung zum Programmauftrag Gesundheit am 21. September
2023 empfiehlt der ORF-Publikumsrat daher folgende Punkte in die
Weiterentwicklung miteinzubeziehen:

- Orientierung an den von maßgeblichen Gesundheitsinstitutionen
erarbeiteten 15 Qualitätskriterien für gute Gesundheitskommunikation
in Österreich
- strenge Orientierung an einschlägiger aktueller wissenschaftlicher
Evidenz (durchaus aber mit dem Hinweis, dass auch diese einer
gewissen Entwicklung unterliegt)
- Orientierung an einem umfassenden Gesundheitsbegriff, der die
vielfältigen Einflussfaktoren für Gesundheit (Determinanten der
Gesundheit) in den Mittelpunkt stellt, wie es beispielsweise die
österreichischen Gesundheitsziele vorgeben
(https://gesundheitsziele-oesterreich.at/)
- stärkere Verzahnung und Abstimmung der Gesundheitsthemen in den
einzelnen Ausspielkanälen des ORF
- gezielte zeitliche Fokussierung auf bestimmte Schwerpunktthemen im
Rahmen von ausgeschilderten Initiativen (Bsp. „Fit mach mit“)
- bessere Abstimmung der gesundheitsbezogenen Schwerpunktthemen mit
den anderen Akteuren im Gesundheitswesen
- stärkere Einbeziehung partizipativer Elemente bei der Priorisierung
und Gestaltung von Gesundheitsthemen 
- Ausbau der Angebote für junge Menschen in Formaten und
Ausspielkanälen, wo diese tatsächlich erreicht werden können, und zu
Themen, die Jugendliche aktuell bewegen
- geeignete Verankerung und Darstellung des Themas „Gesundheit“ in
den Kinderprogrammen des ORF 
- Förderung eigener sportlicher Betätigung durch „Mitmach“-Sendungen
und verstärkte Berichterstattung über (Trend-)Sportarten, die zu
eigener sportlicher Betätigung anregen
- Thematisierung von Gesundheit nicht nur auf der „Vernunftschiene“,
sondern auch über die „Lust- und Lifestyleschiene“
- Nutzung von Ko-Benefits durch Kooperation mit Bereichen wie Sport,
Umwelt, Wirtschaft oder Soziales
- sensibler und verantwortungsvoller Umgang mit Werbung im
gesundheitlichen Kontext, insbesondere auch Herstellung von
Transparenz, wo bestimmte Interessenslagen bestehen
- erhöhte Sensibilität in der Darstellung und im Umgang mit dem Thema
„Alkohol“, insbesondere in Formaten, die sich an junge Menschen
richten
- Entwicklung eines eigenen ORF-Gesundheits-Tools im Rahmen der neuen
regulatorischen Möglichkeiten

Empfehlung des Publikumsrats zum Programmauftrag „Angemessene
Berücksichtigung und Förderung sozialer und humanitärer Aktivitäten,
einschließlich der Bewusstseinsbildung zur Inklusion von Menschen mit
Behinderungen in der Gesellschaft und am Arbeitsmarkt“

Humanitäre Aktivitäten

Der ORF ist seit mittlerweile mehr als 50 Jahren im Bereich
humanitärer Aktivitäten sehr aktiv. Mit den Marken LICHT INS DUNKEL
für das Thema Inklusion, NACHBAR IN NOT für das Thema
Auslandskatastrophenhilfe und ÖSTERREICH HILFT ÖSTERREICH für
Inlandsaktivitäten etwa im Zusammenhang mit Hochwasserkatastrophen
hat der ORF allein im Jahr 2022 148 Millionen Euro an Spenden
gesammelt. Über den Verein „Licht ins Dunkel“ wurden zuletzt 480
Projekte unterstützt, die von 150 Organisationen umgesetzt wurden.
Zusätzlich konnten in 5.800 Fällen Menschen in einer individuellen
Problemlage unterstützt werden, insbesondere dort, wo es derzeit
keine oder keine ausreichende öffentliche Unterstützung gibt.

Die mit diesen Aktivitäten gesammelten Mittel ermöglichen einerseits
die Möglichkeit sehr rascher Hilfe, andererseits auch die
Unterstützung langfristigerer Projekte, Innovationen und
Veränderungen hin zu einer inklusiven Gesellschaft.

In diesen 50 Jahre hat es keinerlei Skandal oder negative
Vorkommnisse gegeben, was auch damit zusammenhängt, dass starke
Sozialorganisationen mit ihrem Namen dafürstehen, dass die
Mittelverwendung eine korrekte ist. Sie ermöglichen auch eine
effiziente Abwicklung, weil diese Organisationen bereits über eine
entsprechende Infrastruktur und die notwendige Erfahrung verfügen.
Die Aktivitäten im Bereich Humanitarian Broadcasting und die starken
„sozialen“ Marken sind auch für die Legitimierung des öffentlichen
Auftrages sehr wertvoll und bringen dem ORF eine enge Verbindung zur
Zivilgesellschaft. Sie sind damit Ausdruck eines „ORF für alle“.

Der Publikumsrat würdigt und unterstützt diese Aktivitäten und
bedankt sich ausdrücklich bei jenen, die bei deren Verwirklichung
mitgewirkt haben und mitwirken.

Der Publikumsrat hat dazu folgende Anregungen bzw. Empfehlungen:

- Das Humanitarian Broadcasting soll als wichtige Säule gestärkt,
ausgebaut, strategisch entwickelt und mit den nötigen Ressourcen
versehen werden, um eine Weiterentwicklung zu ermöglichen. Dabei geht
es beispielsweise um Sendeformate, die jeweils auf der Höhe der Zeit
sind, und um den Umgang mit Spannungsfeldern, die sich zwischen
Anforderungen beim Spendensammeln und bei der Darstellung von
Erfolgsgeschichten im Zusammenhang mit Inklusion ergeben können.
- Trotz einer hohen Spendenbereitschaft, die bei den ORF-Aktionen
manifest wird, hat Österreich bei Spenden international noch
Nachholbedarf. Die Aktivitäten des ORF sollten daher – über den
eigenen Bereich hinaus – einen Beitrag leisten, um die Bereitschaft
in Österreich zu fördern, Menschen in Not zu unterstützen.
- Der ORF war und ist bei all diesen Aktivitäten nicht nur
Medienpartner der Trägervereine, sondern auch wichtiger Entwickler
der Marken. Dies sollte sich auch bei der Gestaltung der
Zusammenarbeit widerspiegeln.
- Die herausragenden Aktivitäten des ORF beim Humanitarian
Broadcasting sollen bei der Diskussion um und die Bewerbung des
ORF-Beitrages sowie bei Debatten um die Bedeutung der Rolle des ORF
als öffentlich-rechtliche Institution offensiv ins Treffen geführt
werden.

Inklusion

Die begleitende Berichterstattung im Bereich humanitärer Aktivitäten
– aber nicht nur dort – leistet einen wichtigen Beitrag zur
Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung zu den Themen Inklusion und
Barrierefreiheit.

Der Publikumsrat begrüßt ausdrücklich das Bemühen, nicht nur über
Menschen zu berichten, sondern die Betroffenen auch selbst zu Wort
kommen und gestalten zu lassen, und ermuntert die Verantwortlichen,
diesen Weg konsequent weiterzugehen.

Daher empfiehlt der Publikumsrat:

- Die neuen Chancen durch den Einsatz der künstlichen Intelligenz
sollen zum verstärkten Ausbau barrierefreier Angebote (Untertitelung,
einfache Sprache, Übersetzungen) genützt werden.
- Journalistinnen und Journalisten mit einer Behinderung sollen
verstärkt in den ORF- Redaktionen arbeiten und gestalten können.
Erfahrungen anderer Sender zeigen, dass sich der auf den spezifischen
Lebenserfahrungen basierende Blick auf die Welt wesentlich auf die
Gestaltung auswirkt und neue Medienbilder erzeugt. Außerdem verändert
sich die Einstellung der nicht behinderten Kolleginnen und Kollegen
zum Thema Behinderung in inklusiv geführten Redaktionen. Daher wird
empfohlen, für die kommenden Jahren eine Strategie zur verstärkten
Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen zu entwickeln.

Bei einer Änderung des ORF-Gesetzes sollte eine Umformulierung des
Programmauftrages überlegt werden, die derzeitige Formulierung ist
deswegen etwas unglücklich, weil Inklusion als Unterpunkt zum
humanitären Engagement verankert ist.

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS - WWW.OTS.AT | GOK

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