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Hundertwassers Wiedergeburt im KunstHausWien
Die Hundertwasser Gemeinnützige Privatstiftung zur Wiedereröffnung des KunstHausWien am 28. Februar 2024
Am 9. April 1991 wurde das KunstHausWien in Anwesenheit Hundertwassers feierlich eröffnet. 33 Jahre danach steht es im Zeichen seiner Wiedergeburt.
Allen, die sich in hervorragender Weise für das KunstHausWien engagieren, dankt die Hundertwasser Stiftung mit den Worten Hundertwassers, die er bereits im Jahr 1993 an die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des KunstHausWien gerichtet hatte:
„Ich sende viele herzliche Grüße aus Neuseeland, wo es gerade Winter ist und ich schöne Bilder male. … An wenigen Stellen dieser Erde hat die Beschäftigung einen Sinn. In unserer desorientierten chaotischen Welt, die immer mehr dem Bösen, dem Unsinn und dem Hässlichen zustrebt, tut es gut, den Menschen einen Weg weisen zu können zu einer besseren, schöneren Ebene, einer höheren Ebene, nach der sich alle sehnen, aber nirgendwo finden. Das KunstHausWien zeigt diesen Weg. Das KunstHausWien ist ein lebendiger Ort, wo diese schöne, bessere Zukunft aufgebaut wird. Jeder Besucher trägt diese Bausteine im Herzen mit nach Hause und baut zu Hause weiter an dieser wunderbaren gigantischen Sache, die man vielleicht als individuelles Paradies bezeichnen kann. Paradiese kann man nicht kaufen, nicht stehlen, sich nicht von anderen machen oder vorschreiben lassen. Man muss sie selbst schaffen“.
Hundertwasser berührte in diesem Grußwort die grundlegenden Belange unserer chaotischen Zeit. Bewusst nahm er die kulturellen und ethischen Kontradiktionen unserer postindustriellen Gesellschaft wahr und hauchte dem KunstHausWien den Geist eines neuen Humanismus ein.
Die Gründung des KunstHausWien erfolgte aus dem Wunsch, Hundertwassers Kunst eine Heimstatt zu geben. 12 Jahre lang war die Weltwanderausstellung „Österreich zeigt den Kontinenten Hundertwasser“ in Museen in 28 Ländern gezeigt worden. Der Erfolg dieser Ausstellung, die unter dem Ehrenschutz des damaligen Bundeskanzlers Bruno Kreisky stand, hatte deutlich gemacht, dass Hundertwasser alle Menschen anspricht, gleich welchen Alters, welcher Herkunft oder Bildung.
Die Errichtung des KunstHausWien bedeutete eine Heimkehr Hundertwassers nach Wien, aus dem er sich als Mensch und Künstler vertrieben gefühlt hatte. Das KunstHausWien wurde von Joram Harel, dem Freund und Manager Hundertwassers, gegründet und 16 Jahre lang als erstes Museum in Österreich privatwirtschaftlich ohne öffentliche Gelder geführt. Es profilierte sich als ein autarkes, unabhängiges, selbstständiges Museum und erwarb sich eine unverwechselbare Identität und einen internationalen Ruf als Heimat der Kunst Hundertwassers und als ein Ort international bedeutender Museumsausstellungen.
Die Hundertwasser Gemeinnützige Privatstiftung gedenkt in Dankbarkeit dem Generaldirektor der BAWAG (Bank für Arbeit und Wirtschaft) Wolfgang Flöttl, ohne dessen Unterstützung der Umbau der ehemaligen Thonet-Fabrik zum KunstHausWien nicht möglich gewesen wäre.
Der Dank der Hundertwasser Stiftung gilt nach der Übernahme des KunstHausWien durch die Stadt Wien insbesondere dem Geschäftsführer der Wien Holding, Kurt Gollowitzer, der das KunstHausWien in seiner Aufgabe zur Bewahrung des Vermächtnisses von Hundertwasser konsequent bestärkt.
Die Hundertwasser Stiftung dankt der Direktorin des KunstHausWien, Gerlinde Riedl, die mit unermüdlichem Einsatz die umfassende und nachhaltige Sanierung des Hauses bewerkstelligt hat, und Andreas J. Hirsch für sein Konzept der Neuaufstellung der Hundertwasser Dauerausstellung.
Die Hundertwasser Stiftung fühlt sich mit Dank und Anerkennung allen Gastgebern und Gastgeberinnen im KunstHausWien verbunden, den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, deren einige seit der Gründung des KunstHausWien bereits Millionen von Gästen aus aller Welt mit ihrem Lächeln begrüßten.
Hundertwasser war ein Visionär
Von Anfang an erweiterte Hundertwasser seine künstlerische Tätigkeit weit über die Malerei hinaus. Hundertwassers öffentliche Demonstrationen fanden zu einer Zeit statt, als es die Begriffe Happening, Hippies, Ökologie und Nacktdemonstrationen, Studentenrevolte, grüne Architektur und Umweltwissen noch nicht gab. Es handelte sich um Demonstrationen, die auf den ersten Blick unglaubwürdig erschienen, denen jedoch präzise ökologische Überlegungen zugrunde lagen:
- Für seine erste Ausstellung im Wiener Art-Club 1952 schrieb Hundertwasser das Manifest „Mein Bestreben mich vom allgemeinen Bluff unserer Zivilisation zu befreien“.
- Hundertwassers selbstgenähte Kleidung, seine Vorstellung von einem unabhängigen Leben, sein Eremiten-ähnliches Auftreten bildeten ab 1952 so etwas wie eine „permanente Aktion“ in der internationalen Kunstszene. (Robert Fleck)
- 1958 verlas Hundertwasser auf einem internationalen Kunst- und Architekturkongress in Seckau sein „Verschimmelungsmanifest gegen den Rationalismus in der Architektur“. Darin brachte er seine Ablehnung des Rationalismus, der funktionellen Architektur und der geometrisch-geraden Linie zum Ausdruck und propagierte zum ersten Mal das „Fensterrecht“, das später in allen seinen Architekturen inklusive des Hundertwasser-Hauses der Stadtgemeinde Wien zu einem Teil des Mietvertrages wurde:
„Ein Bewohner muss das Recht haben, sich aus seinem Fenster zu lehnen und außen an der Außenwand alles umzugestalten, so wie es ihm entspricht, soweit sein Arm reicht, damit man von weitem, von der Straße sehen kann: Dort wohnt ein Mensch.“
- 1959 zog Hundertwasser als Gastdozent an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg Lerchenfeld gemeinsam mit dem Kunst-Theoretiker Bazon Brock eine „endlose Linie“, ausgehend von einem Raum in der Akademie mit einem geplanten Verlauf über die Akademie hinaus in den öffentlichen Raum. Die Tag und Nacht ununterbrochene Linienziehung wurde vom Rektor aus Furcht vor einem Skandal am 3. Tag beendet. Hundertwasser protestierte gegen die Verletzung der Freiheit seines Amtes und trat von seinem Gastlektorat zurück.
„Die Linie von Hamburg – Die Endlose Linie“ kann als Geburtsstunde des Happenings in Europa gesehen werden. Der Kunsthistoriker Robert Fleck stellte fest, dass sie mit den naturbezogenen späteren Aktionen verglichen werden könne, die Yves Klein 1961 anlässlich seiner ersten Museumsausstellung in Krefeld durchführte oder mit Christos ersten landschaftsbezogenen Projekten in New York 1968.
- 1959 gründete Hundertwasser mit den österreichischen Künstlern Ernst Fuchs und Arnulf Rainer das „Pintorarium“ als eine „Universalakademie aller kreativen Richtungen“. Im gleichnamigen Manifest wandte er sich gegen „die planmäßige Abtötung des gestaltenden Wollens“ durch die „verbrecherische Methodik des Unterrichtssystems“.
- 1960 nahm Hundertwasser an dem von Jean-Jacques Lebel und Alain Jouffroy organisierten „Antiprocès“ in Paris teil, einem der ersten Happenings der europäischen Kunst. In der Galerie des Quatre Saisons führte Hundertwasser seine „Brennnesselaktion – Wie man unabhängig leben kann“ durch.
- 1967 hielt Hundertwasser seine erste „Nacktrede für das Anrecht auf die Dritte Haut“ in der Galerie Hartmann in München, in der er die Versklavung des Menschen durch das sterile Rastersystem der konventionellen Architektur und durch die Serienproduktion der mechanisierten Industrie anprangerte.
- 1968 löste Hundertwasser mit einer zweiten Nacktdemonstration gegen den Rationalismus in der Architektur im Internationalen Studentenheim in Wien einen Skandal aus. Kurz darauf verlas er im Wiener Presseklub „Concordia“ sein Manifest „Los von Loos – Gesetz für individuelle Bauveränderungen oder Architektur-Boykott-Manifest“ und formulierte darin zum ersten Mal die Notwendigkeit der Begrünung und Bewaldung der Dächer:
„Das Erdstück, das beim Hausbau zugedeckt und umgebracht wird, muss auf das Dach verlegt werden. Eine dicke Erdschicht, dass auf den Dächern 100-jährige Bäume, riesige Bäume, wachsen können. Es ist unverständlich, wieso die Dächer Wiens nicht als Parkanlagen genutzt werden.“
- In den 1970-er Jahren verlagerten sich Hundertwassers Kampagnen auf ökologische Themen wie Baumpatenschaften und Begrünungsaktionen, die er auch in den 1980-er Jahren fortsetzte.
- Die Aktion mit der größten Reichweite war seine Baummieter Aktion in Mailand/Italien, 1973. Eingeladen von Giulio Macchi zur Teilnahme an „Arte Città“ im Rahmen der Mailänder Triennale reichte Hundertwasser sein Manifest „Inquilino Albero“ (Baummieter) ein und ließ 15 Bäume in Wohnungen der Via Manzoni pflanzen.
Hundertwasser war ein Vorläufer der Ökologie-Bewegung
Hundertwasser entwickelte eine nachhaltige Lebens- und Arbeitsweise als Gesamtkunstwerk – seine Vita formt sich aus seiner Kunst, seinem Engagement für den Umweltschutz, seiner eigenen Praxis eines Lebens im Einklang mit der Natur und den damit verbundenen lebensreformerischen Impulsen.
Hundertwasser war ein „Vordenker des ökologischen Zeitalters“. Bäume hatten für ihn eine kosmologische Dimension als universale Sinnbilder für die Schöpfung, für Wachstum und Leben. Der Baum erfüllte eine zentrale Rolle in seinen Bildern. Öffentliche Baumpflanzungen und Begrünungsaktionen dienten der Popularisierung von Umweltschutz als globale Aufgabe.
Ab 1975 waren natürliche Kreisläufe und Recycling ins Zentrum von Hundertwassers ökologischem Glaubensbekenntnis gerückt.
Durch die Verklammerung von Ökologie, Kunst und Leben wurde Hundertwasser zum Vorbild der Öko-Bewegung, die ihm entscheidende Impulse verdankt (nach Robert Hodonyi).
Hundertwasser im Einsatz für eine natur- und menschengerechtere Architektur
Auch mit seiner Architektur, in denen die Bewaldung der Dächer und die vertikale Begrünung („Baummieter“) eine maßgebliche Rolle spielen, diente Hundertwasser ökologischen Ideen. Seine wesentlichen Anliegen waren Vielfalt und Schönheit. Der Schönheit schrieb er magische Kraft zu, vom Schönen gehe heilende Wirkung aus.
Hundertwassers Architektur ist eine Haltung. In einer Zeit der Vermassung, der Anonymität, der Reizüberflutung durch eine Vielzahl von Medien, die uns in einer „verkabelten“ Welt durch immer neue Kanäle erreichen, führt sie den Menschen wieder zu sich selbst zurück, zur Besinnung auf die eigene Identität und Individualität, zum menschlichen Maß.
Hundertwasser selbst jedoch ist in kein Maß einzuordnen. Er sprengt jedes Maß.
Die Hundertwasser Gemeinnützige Privatstiftung wünscht dem KunstHausWien eine erfolgreiche Zukunft in der Wahrung des Vermächtnisses seines Gründers, Friedensreich Hundertwasser.
Joram Harel, Vorsitzender des Stiftungsvorstands
Rückfragen & Kontakt
Die Hundertwasser Gemeinnützige Privatstiftung
Dr. Andrea Christa Fürst
Colloredogasse 32, A-1180 Wien
archiv@harel.at
Tel: +43/1/470 12 12
www.hundertwasser.com
www.hundertwasserfoundation.org
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