TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel: "Putins PR-Front", von Floo Weißmann, Ausgabe vom Sonntag, 11. Februar 2024

US-Moderator Carlson ermöglichte dem Kremlherrscher, sich direkt an die amerikanische Rechte zu wenden.

  Gemessen an der internationalen Aufregung war die Propaganda-Show von Tucker Carlson und Wladimir Putin ein Höhepunkt der vergangenen Woche. Gute zwei Stunden lang lieferte der rechte US-Moderator und Verschwörungstheoretiker die Stichworte für den Kremlchef. Dieser durfte ungefiltert über sein Geschichts- und Weltbild schwadronieren und seine Lügen über den Ukrainekrieg wiederholen.
Gemessen am Erkenntnisgewinn war das, was unter dem Begriff Interview verbreitet wurde, nahezu ein Totalausfall. Wie Putin seine imperialistische Politik und seine Menschenverachtung rechtfertigt, ist hinlänglich bekannt. Seine Versicherung, kein NATO-Land anzugreifen? – Nichts wert nach dem Angriff auf die Ukraine, die ebenfalls Sicherheitsgarantien aus Moskau hatte. Seine Andeutung einer Verhandlungslösung? – Eine bewusste Irreführung. Putin und seine Clique haben unter Frieden immer nur die Selbstaufgabe der Ukraine verstanden. Es gab bisher keine Bereitschaft in Moskau, von Kriegszielen abzurücken.
   Gemessen an den möglichen Folgen war der bizarre Auftritt von Carlson und Putin ein Beitrag zur russischen Kriegsführung. Er wendet sich propagandistisch an die kriegsmüden Russen ebenso wie an die amerikanische Rechte. Diese blockiert unter Anleitung des Putin-Freundes Donald Trump schon länger jede weitere Hilfe für die Ukraine, was angeblich schon konkrete Auswirkungen auf die Situation an der Front hat.
   Knapp zwei Jahre nach Putins Angriff tobt in der Ukraine ein Abnützungskrieg. Dabei geht es nicht zuletzt um die mentalen und politischen Ressourcen in Russland, der Ukraine und dem Westen. Putin geht davon aus, dass er den längeren Atem hat. Zumindest das kann man aus seiner Propaganda-Show mit Carlson herauslesen.