Manche Mütter erleben ein jahrelanges Martyrium, bevor sie sich aus einer Gewaltbeziehung befreien können. Viele von ihnen durchleben vor Gericht abermals Gewalt: ihnen wird nicht geglaubt. Sie werden mit ihrem gewalttätigen Ex-Partner in die Elternberatung gezwungen. Stellen sich die Mütter schützend vor ihre Kinder und dauert das Pflegschaftsverfahren lange, so wird die Trennung als „hochstrittig“ tituliert. Das ist häufig ein Euphemismus für institutionelle Gewalt.
Die meisten Schwangerschaften gehen mit der Hoffnung auf ein harmonisches Familienleben einher. Doch was, wenn ein Partner sich als toxisch entpuppt? Mütter in Gewaltbeziehungen können sich aufgrund ihrer finanziellen Abhängigkeit durch die Mutterschaft nur schwer trennen: Sie können sich ein teures Scheidungsverfahren nicht leisten. Wenn sie sich nach jahrelanger psychischer oder sogar physischer Gewalt zur Trennung durchringen, so erfahren viele Mütter an Familiengerichten institutionelle Gewalt.
Toxische Väter, die den Kontrollverlust über ihre Ex-Partnerin und die gemeinsamen Kinder nicht akzeptieren wollen, üben zum Machterhalt mit Hilfe der Justiz Nachtrennungsgewalt aus. Sie bedienen sich dazu rechtlicher Mittel, die sie missbräuchlich einsetzen und bringen zahlreiche, unverhältnismäßige Klagen ein. In Pflegschaftsverfahren stellen sie zum Beispiel nicht erfüllbare Ansprüche, sind zu keinem Kompromiss bereit und machen immer neue Eingaben bei Gericht. Sie bringen jedes Verfahren, das nicht zu ihrer Zufriedenheit entschieden wurde, in die nächste Instanz oder beginnen weitere Verfahren, zum Beispiel Unterhaltsherabsetzungsanträge, Kontaktrechtsverfahren, Verleumdungsklagen etc.
Der Begriff „hochstrittig“ ist meist eine Täter-Opfer-Umkehr: Die Klagenflut ist Gewalt!
Müttern hingegen bläst an vielen Familiengerichten der eisige Wind des Patriarchats entgegen: Die Gewalt der Kindesväter wird von vielen Richter*innen in Abrede gestellt oder verharmlost. Frauen, die mit allen Mitteln ihre Kinder schützen wollen, werden als Querulantinnen, Manipulatorinnen oder Lügnerinnen eingestuft und dazu angehalten, „nach vorne zu blicken“. Immerhin läge die Gewalt bereits in der Vergangenheit, auch wenn diese erst kürzlich passiert ist. Trennungen mit langen Verfahren werden von Gerichten als „hochstrittig“ klassifiziert. Offiziell ist Hochstrittigkeit als „der gescheiterte Versuch von Eltern, kindbezogene Konflikte nach der Trennung oder Scheidung mit außergerichtlichen und gerichtlichen Interventionen zu lösen“ definiert. Dabei werden ein mögliches Machtungleichgewicht, (finanzielle) Abhängigkeiten und psychiatrische Probleme eines Elternteils völlig außer Acht gelassen.
Statt Unterstützung und Gerechtigkeit erfahren gewaltbetroffene Mütter in Pflegschaftsverfahren oftmals institutionelle Gewalt. Nicht nur, dass ihnen nicht geglaubt wird, sie werden vom Gericht häufig zu Elternberatung mit dem Ex-Partner gezwungen. Die Elternberatung stellt für toxische Väter eine neuerliche Bühne dar, auf der sie weiter (psychische) Gewalt auf die Mutter ausüben können. Anti-Gewalttrainings für Männer werden hingegen selten verordnet. Außerdem müssen die Mütter die teuren Kosten für Elternberatung, rechtliche Vertretung und familiengerichtliche Gutachten meist zur Hälfte tragen. Toxische Kindesväter wenden diese Rechtsmittel mit Kalkül an: Finanzstarke Väter mit narzisstischen Zügen versuchen so, die Ex-Partnerin finanziell in den Ruin zu treiben, bis sie keine weiteren Mittel für eine rechtliche Vertretung aufbringen kann.
Andrea Czak vom Verein Feministische Alleinerzieherinnen – FEM.A berichtet:
„Wenn Mütter bei Gericht Gerechtigkeit und Schutz vor dem gewalttätigen Ex-Partner suchen, bekommen sie oftmals keine Hilfe, sondern erfahren Victim-Blaming und eine Täter-Opfer-Umkehr. Das zerstört nicht nur ihren Glauben in die Justiz, sondern löst bei ihnen auch ein tiefgreifendes Gefühl der Verzweiflung und Hilflosigkeit aus. Die Vorgehensweise vieler Familiengerichte ist nicht nur für die Mütter vernichtend, sie sind für unsere Gesellschaft als Ganzes gefährlich, weil sie misogyne Mythen einzementieren!“
Mütter mit toxischen Ex-Partnern müssen besser vor Einschüchterungsklagen geschützt werden
Dass es sich beim missbräuchlichen Einsatz von Rechtsmittel um eine Form der Einschüchterung und Gewalt handelt, hat auch der Europäische Rat erkannt: Gegen Klagen, mit denen die Journalist*innen und Menschenrechtsverteidiger*innen eingeschüchtert und zum Schweigen gebracht werden sollen („SLAPP“ Klagen) gibt es ein Maßnahmenpaket. Frauen hingegen, die Opfer von Partnergewalt wurden, müssen diesen Einschüchterungsklagen allein entgegentreten. Für sie gilt der Schutz des Europäischen Rates nicht.
Es bedarf dringend eines Paradigmenwechsels in der österreichischen Gesellschaft, in den Medien und an Familiengerichten. Die Wahrnehmung, dass „hochstrittige“ Trennungen auf der Streitlust der Ex-Partner*innen beruhen, geht auf misogyne und patriarchale Mythen zurück. Niemand würde heute Mobbing als „Streit“ bezeichnen. Es wird Zeit, dass auch Mütter, die jahrelang von toxischen Kindesvätern mit Klagen eindeckt werden, nicht als „Streithansln“, sondern als Opfer von Nachtrennungsgewalt und institutioneller Gewalt anerkannt werden. Die Täter-Opfer-Umkehr muss beendet werden. Es braucht dringend einen datengestützten, seriösen Diskurs über die Ursachen jahrelanger Verfahren!
FEM.A fordert:
- Die offizielle Definition von Strittigkeit und Hochstrittigkeit muss die Machtpositionen und Abhängigkeiten der Ex-Parnter*innen zueinander miteinbezieht. Bei einem Machtungleichgewicht und (finanzieller) Abhängigkeit der Mutter vom Vater kann es keine Hochstrittigkeit geben – das ist Gewalt!
- Bei gehäuften Klagen der Kindesväter muss ein fachärztliches, psychiatrisches Gutachten vom Gericht veranlasst werden. Vor einer Klassifizierung als „hochstrittig“ müssen psychiatrische Erkrankungen ausgeschlossen werden!
- Ist Gewalt, auch psychische Gewalt vorgefallen, oder gibt es ein Machtungleichgewicht zwischen Vater und Mutter, darf keine verpflichtende Elternberatung vorgeschrieben werde. Eine Einigung per Zwang ist institutionelle Gewalt!
- Familiengerichtliche Gutachten, die von Richter*innen beauftragt werde, müssen für die Betroffenen kostenfrei sein! Eltern werden derzeit gezwungen, die Kosten von mehreren tausend Euro zu gleichen Teilen zu tragen. Das ist institutionelle, finanzielle Gewalt!
- Familiengerichtliche Gutachten dürfen nur von Gutachter*innen durchgeführt werden, die nachweislich auf Partnergewalt und Gewalt gegen Kinder spezialisiert sind!
- Einschüchterungsklagen, unverhältnismäßige Klagen und der missbräuchliche Einsatz von rechtlichen Mitteln muss verhindert werden! (Ähnlich wie das Verbot von SLAPP Klagen gegen Journalist*innen). Mütter müssen geschützt werden, wenn sie ihre Kinder schützen!
- Richter*innen und allen Professionen, die mit Pflegschaftsverfahren im weitesten Sinne betraut sind, müssen inhaltlich verpflichtende Schulungen über Gewaltschutz, Opferschutz und Täter-Opfer-Dynamiken nachweisen!
- Statistiken, die die Ursache für jahrelange Verfahren erheben, müssen von Gerichten erhoben und im Rahmen einer Studie ausgewertet werden.
Zur Organisation:
Der Verein Feministische Alleinerzieherinnen - FEM.A ist in Österreich einzigartig mit seinem Beratungs- und Serviceangebot rund um die Themen Unterhalt, Obsorge und Kontaktrecht. Es reicht von kostenlosen Webinaren mit Rechtsanwältinnen und Psychologinnen, Entlastungsgesprächen am kostenlosen FEM.A Telefon, bis zu Informationen auf der Website, in einem regelmäßigen Newsletter, sowie auf diversen Social-Media-Kanälen, Vernetzung, Erfahrungsaustausch und Lobbying.
Rückfragen & Kontakt
Verein Feministische Alleinerzieherinnen - FEM.A
Andrea Czak, MA
Geschäftsführende Obfrau
+43 6991 97 10 306
andrea.czak@verein-fema.at
https://www.verein-fema.at
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