Ausgabe vom Samstag, 3. Februar 2024
So gern die ÖVP sonst das Bargeld hat, in Verbindung mit dem Thema Asylwerber wäre ihr eine Bezahlkarte lieber. Denn mit Kontrolle über Sachleistungen lässt es sich im Wahljahr gut punkten, das ist zumindest die Hoffnung.
Das Superwahljahr 2024 ist erst einen guten Monat alt und schon hat es ein Generalthema hervorgebracht, an dem sich die Politik wiederholt abarbeiten wird: Migration bzw. die grundsätzliche Frage, wie Österreich mit den Menschen umgeht, die in unser Land kommen.
Die ÖVP, die gerne auch den nächsten Bundeskanzler stellen will, hat nun das Unterkapitel Bezahlkarte für Asylwerber in der Grundversorgung entdeckt. Wohl auch mitinspiriert von der deutschen Ampelkoalition. Damit nimmt sie, nicht ungeschickt, Kritikern von links schon von vornherein ein wenig den Wind aus den Segeln: Was für das Bündnis bei den Nachbarn machbar ist, kann so absurd bei uns nicht sein. Spoiler: Ist es auch nicht.
Gleichzeitig ist die angedachte Bezahlkarte als Signal an jene Wähler zu verstehen, die versucht sind, ihr Kreuz bei der FPÖ zu machen. „Schaut her, wir tun eh etwas bei den Ausländern!“, schreit es einem förmlich entgegen. Nun kann niemand ernsthaft etwas dagegen haben, dass die Auszahlung der Grundversorgung besser administrierbar wird und eine Vereinfachung in der Verwaltung mit sich bringt.
Darum geht es aber nicht, sondern um Kontrolle bis hin zu Bagatellbeträgen. Wer Menschen gar kein Bargeld geben will – die Taschengeldsummen sind in allen Bundesländern absolut überschaubar –, will ihnen das Leben so unbequem wie möglich machen. Der Anteil an Sachleistungen in der Grundversorgung ist ohnehin schon hoch und daran soll sich nichts ändern. Außerdem gibt es bereits funktionierende Kartensysteme, man hätte nur in Tirol nachfragen müssen.
Werden weniger Menschen in Österreich um Asyl ansuchen, wenn flächendeckend ein Bezahlkartensystem kommt? Das kann kaum jemand seriös beantworten. Aus Modellregionen in Deutschland ist allerdings bekannt, dass auch Menschen nach Einführung der Karte wieder ausgereist sind. Ein Ziel hat die ÖVP jedenfalls schon jetzt erreicht: Über das Thema wird breit diskutiert und Aufmerksamkeit ist in Wahljahren die wichtigste Währung.
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