• 02.02.2024, 11:40:20
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Appeasement-Politik: Zum 100. Jahrestag des Freundschaftsvertrages zwischen der Türkei und Österreich

Eine Analyse von Birol Kilic aus Wien zum 100. Jahrestag des Freundschaftsvertrages zwischen der Türkei und Österreich

Der britische Premierminister Neville Chamberlain
zeigt unmittelbar nach seiner Rückkehr aus München auf dem Flughafen
Heston bei London die mit NS-Deutschland getroffene Vereinbarung.
(30. September 1938)
Wien (OTS) - 

Die Regierung in Ankara hat am 30.01.2024 im türkischen Parlament (TBMM) die verbindliche Verfassung der türkischen Republik außer Kraft gesetzt. Und in Wien und Ankara soll bzw. wird der 100. Freundschaftsvertrag zwischen der türkischen und der österreichischen Republik vom 28.01.1924 mit dem heuchlerischen Gedenken an den Gründer der modernen Türkei Atatürk gefeiert, obwohl jeder weiß, dass Atatürk sich im Grabe umdreht.

EU und EU-Länder schweigen - Appeasement-Politik

Dem zu Unrecht inhaftierten türkischen Menschenrechtsanwalt Can Atalay wurde am 30. Januar 2024 im türkischen Parlament von der AKP und der Koalitionsmehrheit das Abgeordnetenmandat entzogen, obwohl die türkische Republik in einem Verfassungsbeschluss die sofortige Freilassung des Inhaftierten gefordert hatte. Die Regierung in Ankara tritt im türkischen Parlament TBMM die türkische Verfassung eigentlich damit mit Füßen. Zum Fremdschämen!

Atalay, bisher Abgeordneter der Provinz Hatay, verlor sein Mandat am Dienstag aufgrund eines rechtskräftigen Urteils, das in Abwesenheit Atalays im Parlament in Ankara verlesen wurde. Oppositionsabgeordnete unterbrachen gestern die Verlesung des Urteils immer wieder mit Buhrufen und hielten Plakate mit der Aufschrift “Freiheit für Can Atalay” hoch. Laut Experten wird die erstmalige Nichtumsetzung der Urteile des Verfassungsgerichtshofes der Republik Türkei, durch eine Entscheidung des Kassationsgerichtes, kann dazu führen, dass das Verfassungsgericht vom EGMR nicht mehr als wirksamer, innerstaatlicher Rechtsbehelf angesehen wird.

 "Grenzen der Gesetzlosigkeit in der Türkei"

Rıza Türmen (*1941 in Istanbul), türkischer Diplomat und ehemaliger Richter am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, hat in der bekannten türkischen Internetzeitung T24 am 08.01.2024 eine warnende Analyse mit dem Titel, "Grenzen der Gesetzlosigkeit in der Türkei" mit folgenden Worten in türkischer Sprache eine lange Analyse verfasst, wo ich mit Verlaub den kurzen Teil kommentarlos ins Deutsche übersetzen darf:  “Ich schäme mich, diesen Artikel schreiben zu müssen. Der Punkt, an dem wir in der Gesetzlosigkeit angelangt sind, löst Scham und Trauer aus. Aber es macht mir auch Angst. In einem Land, in dem eine solche Gesetzlosigkeit herrscht, kann alles passieren. Wenn man diesen Zustand mit dem Ein-Mann-Regime in der Türkei kombiniert, wird die Tatsache, dass das Recht in diesem Regime das Urteil eines Mannes ist, noch deutlicher. Artikel 153 der türkischen Verfassung ist sehr deutlich. Demnach sind die Entscheidungen des Verfassungsgerichtshof für die Organe der Legislative, der Exekutive und der Judikative bindend und müssen umgesetzt werden. Diese Bestimmung gilt für alle Entscheidungen des Verfassungsgerichts der Republik Türkei.

Eine weitere Konsequenz der Nichtumsetzung des Urteils des Verfassungsgerichts findet sich in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen. Die Präambel der Erklärung lautet:    “Um zu verhindern, dass Menschen als letztes Mittel gegen Herrschaft und Unterdrückung zur Rebellion greifen, ist es wichtig, dass die Menschenrechte durch Rechtsstaatlichkeit geschützt werden.”  Mit anderen Worten: Wenn die Menschenrechte nicht durch den Rechtsstaat geschützt werden, ist es legitim, dass sich Menschen gegen Herrschaft und Unterdrückung auflehnen. Dieser Widerstand ist berechtigt. Denn mit dem Verschwinden des Rechtsstaates, werden die Grund- und Freiheitsrechte des Einzelnen ihrer rechtlichen Garantie beraubt. Mit der Willkür des Souveräns, kann die Polizei in der Türkei morgens an der Tür jedes Andersdenkenden klopfen. Wer dazu schweigt, akzeptiert Unterdrückung und Herrschaft.

Es ist eine moralische Verpflichtung, sich gegen Unterdrückung, Herrschaft und Willkür zu wehren.

Wenn keine Stimme gegen Rechtlosigkeit erhoben wird, wird Rechtlosigkeit grenzenlos. Wo sie beginnt und wo sie endet, bleibt dem Willen des Souveräns überlassen. Wenn der Einspruch gegen die Rechtlosigkeit zur gesellschaftlichen Opposition wird, dann werden zumindest die Grenzen der Rechtlosigkeit klar und berechenbar." ( Hier der vollständige Artikel)

Wir verlieren die moderne Türkei!

Wir verlieren die moderne Türkei und haben vor den Toren der EU ein Land mit 100 Millionen Einwohnern, in dem die Justiz (Adalet), die Gewaltenteilung, die Pressefreiheit, die Menschenrechte, die freiheitliche säkulare demokratische Grundordnung und die türkische Verfassung und damit der Rechtsstaat außer Kraft gesetzt wurden und alles, was in der Türkei in den letzten 185 Jahren an demokratischen Rechten erkämpft wurde, täglich mit Füßen getreten wird und das Volk in den letzten 20 Jahren von der Regierung in Ankara und reaktionären Faschisten in den Wahnsinn getrieben wurde. 

Unter dem Deckmantel der Religion-Morallosigkeit

Niemand sollte hier offen oder heimlich Schadenfreude empfinden. Die Regierung in Ankara und ihre reaktionären und sektiererischen faschistischen Verbündeten haben die Türkei unter dem Deckmantel der Religion in ein unglaublich verkommenes "moralfreies" "de facto Zentrum der Weltmafia, wo alles käuflich ist" verwandelt, das seinesgleichen sucht, und es ist der Sumpf der EU, in den dieses Land mit seinen 100 Millionen Einwohnern immer wieder in einem Wahnsinn ("Cinnet") hineingezogen wird.

Warum exportiert die EU Instabilität in die Türkei?

Die EU als Friedensprojekt, wo ich sehr konstruktiv und positiv bin, die eigentlich Stabilität in die Nachbarregionen bzw. in die Vollmitglieder der EU exportieren sollte, macht im Falle der Türkei das Gegenteil. Die EU exportiert Instabilität in die Türkei. Deshalb diese Appeasement-Politik. Wir müssen warnen. Das kann nicht gut gehen.  Was man sät, erntet man heute, morgen, wenn nicht morgen, dann übermorgen. Die Türkei darf nicht länger als "Mülleimer" der EU für illegale Flüchtlinge gesehen werden und das korrupte Geld pro Kopf für jeden illegalen Flüchtling, wie es der italienische Ministerpräsident Meloni letzte Woche in der Türkei versucht hat und die BürgerInnen in der Türkei protestiert haben.

Wir wissen, das offizielle Geschäft läuft durch EU-Gelder "illegale Flüchtlinge in die Türkei" pro Kopf Zahlungen durch korrupte und gierige PolitikerInnen in der Türkei geht unter dem Deckmantel "wir schieben es nach Südeuropa" gut, aber gegen die Interessen der türkischen BürgerInnen in der Türkei.  Vielleicht deshalb diese Appeasement-Politik der EU? 

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