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TIROLER TAGESZEITUNG: "Am Scheideweg – wieder einmal", von Manfred Mitterwachauer
Ausgabe vom Freitag, 12. Jänner 2024
Eine Südtiroler Landesregierung ante portas, welche die Reihen der Lkw-Befürworter stärkt, und eine neue Wirtschaftskammer-präsidentin, die sich im Verkehrs-Spagat zwischen EU-Parlament und Lobbyismus übt: Tirol startet holprig ins Transitjahr 2024.
Wer glaubt, dass sich durch die Beteiligung der Fratelli d’Italia sowie der Lega an einer Südtiroler Landesregierung der Transit-Kurs dieser beiden italienischen Regierungsparteien in Rom gegenüber Tirol und Österreich um 180 Grad ändern wird, der ist entweder grenzenloser Optimist oder ÖVPler. Vertreter der Tiroler Landeshauptmannpartei sind der Überzeugung, dass ausgerechnet die regionalen Adlaten der „Freie Fahrt“-Fraktion von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni und Verkehrsminister Matteo Salvini selbige zum Um- und somit Einlenken bringen könnten. Oder wollten. Das Gegenteil wird der Fall sein. So, wie hierzulande die Hoffnung auf einen Kurswechsel in der Wirtschaftskammer wie eine Seifenblase zerplatzt ist.
Barbara Thaler hat sich wie noch keine Tiroler EU-Abgeordnete (EVP) zuvor auf dem Brüsseler Parkett einen Namen als taffe und versierte Verhandlerin in Sachen Verkehr gemacht. Stets mit Blick auf die Tiroler Transitproblematik, die Reduktion des Lkw-Verkehrs auf der Straße und die Attraktivierung des Schienenangebots. Mit der Übernahme des PräsidentInnen-Amtes in der Tiroler Wirtschaftskammer fährt Thaler nun einen anderen Kurs. Und kritisiert – im Namen der Kammer – die Tiroler Einzelmaßnahmen. Wie zuletzt das vorgezogene Lkw-Wochenendfahrverbot. Das ist nachvollziehbar. Als Präsidentin hat Thaler die Interessen der Wirtschafts(bund)mitglieder zu wahren. Bis zur EU-Wahl im Juni will Thaler aber das EU-Mandat behalten. Ein schwieriger Spagat: in Brüssel für die Tiroler Transit-Anliegen kämpfen und in Innsbruck dagegen lobbyieren. Das kann sich kaum ausgehen. Jedenfalls nicht ohne einen Glaubwürdigkeitsverlust.
Die schwarz-rote Landesregierung wird sich 2024 nicht nur der Transit-Klage Italiens auf EU-Ebene zu stellen haben. Tirol muss parallel auch das Slot-System (digitales, grenzüberschreitendes Verkehrsmanagement) vorantreiben. Ob hier Südtirol weiter an der Seite Tirols stehen wird? Innertiroler Fahrverbots-Querschüsse aus der Kammer sind zwar nicht neu, in der aktuellen Gemengelage aber doppelt bitter. Die Transitpolitik steht 2024 am Scheideweg. Wieder einmal.
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